Название: Der Preis für ein Leben ohne Grenzen - Teil I
Автор: Adalbert Dombrowski
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754938386
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Am Sonntag, gleich nach dem Gottesdienst (wir alle waren Ministranten), schlichen wir aus der Sakristei und rannten zu unserem Adlernest. Es war ein warmer Vormittag. Aus den offenen Fenstern kamen die Gerüche des sonntäglichen Mittagessens. Bei uns gab es meist Nudelsuppe und Brathähnchen. Einen Tag zuvor hatte Opa Kazimierz auf Omas Bitten unseren Hühnerstall verkleinert und abends sah ich, wie Mama das Hühnchen rupfte.
Meine Gedanken an das Brathähnchen wurden durch eine Bewegung auf Feindesgebiet unterbrochen. Aus dem Versteck sahen wir, wie die Enkel des Gärtners über den Zaun sprangen. Mit „Munition" in den Hosentaschen schlichen sie in unsere Richtung und kamen ganz nah heran. „Feuer!!!", befahl ich und wir begannen sie zu bombardieren. Dicht gedrängt flogen Steine aus beiden Richtungen und nach kurzer Zeit erschöpfte sich unsere Munition. Zum Glück erging es den Angreifern auch so. „Waffenstillstand", rief ich und der Rückzug begann. Es öffnete sich hoch unter dem Dach unser Küchenfenster: „Dychu (mein Spitzenname), zum Mittagessen", rief Mama. Ich verspürte Hunger also war es höchste Zeit zu gehen. Wir gingen über den Hof als ich plötzlich einen gewaltigen Schlag gegen meinen Hinterkopf spürte. Einer der Feinde hatte sich im Gebüsch versteckt und feige einen Stein nach mir geworfen. Ich schrie und berührte mit der Hand meinen Kopf und sah meine blutrote Hand. Ich sah noch den Schrecken auf den Gesichtern meiner Kumpel. Als ich wieder zu mir kam, war der Hof ganz leer. Mit blutendem Kopf kletterte ich die Stufen hinauf nach Hause. Dort erblickten mich Mamas entsetzte und besorgte Augen. Sie bandagierte meinen Kopf. Ordentlich hab ich es abbekommen, an dieser Stelle wuchs mein Schädel schief zusammen, was bis heute zu spüren und zu sehen ist.
Nach diesem Vorfall verbot Opa Kazimierz uns auf dem Baustofflager aufzuhalten. Unser „Adlernest“ mussten wir aufgeben. Es gab keine andere Möglichkeit, wir mussten uns mit den Nachbarsjungen vertragen.
Kleiner Fallschirmspringer
Wann und in welchem Moment entstand meine Liebe zur Fliegerei? Das kann ich nicht genau sagen, aber ich war ungefähr acht Jahre alt. Ich kann mich an einen älteren Bekannten erinnern, der im Speicher unseres Hauses in Tuchola in der Świecka-Str. Flugzeugmodelle mit Gummiband-Antrieb und Segelflugzeugmodelle konstruierte.
Von Anfang an interessierte ich mich für seine Modellarbeiten. Eines Tages – während eines Luftangriffes der Deutschen - beobachtete ich mit riesiger Ergriffenheit einen Luftkampf zweier Jagdflugzeuge. Die Erwachsenen saßen bereits im Keller. Als ich das Brummen der Maschinen hörte, konnte mich nichts mehr aufhalten. Ich musste raus, um die Flugzeuge zu sehen. Ich beobachtete sie vom Dach unseres Speichers. Sie führten unglaubliche, himmelhohe akrobatische Figuren aus. Zu hören war das Rattern der Schüsse - wie zwei sich streitende Vögel im Himmel. Es war schön und bedrohlich zugleich. Plötzlich sah ich, wie sich ein Flugzeug in einen Feuerball verwandelte. Einen Augenblick später, tauchte am blauen Himmel ein weisser Fallschirm auf, der aussah wie Uropas weißer Porzellankelch für seine Medikamente - nur umgedreht. Der Pilot hing wie ein schwarzes Pünktchen im Himmel. Mein Blick verfolgte sein ruhiges Herabgleiten, bis er hinter den Bäumen, welche den Horizont verdeckten, verschwand.
Unsere Spiele waren durchtränkt von der allgegenwärtigen Kriegsrealität. Den Luftkampf der Flugzeuge und den Piloten konnte ich nicht vergessen. Und wenn man versuchen würde auch so leise wie dieser Pilot auf die Erde herabzugleiten? Dieser Gedanke gab mir keine Ruhe und verfolgte mich auf Schritt und Tritt.
Im Speicher fand ich einen Kartoffelsack. Er war riesig und flehte mich an, aus ihm einen echten Fallschirm zu machen. Bis ins kleinste Detail plante ich den Fallschirm. Zunächst holte ich aus Uropas Schrank einen Ledergürtel. In Omas tiefer Schublade fand ich eine Wäscheleine. Alles hatte ich gut versteckt und wartete nun auf den richtigen Moment. Meine besten Kumpel ernannte ich zu meinen Assistenten und ich hatte sie vorgewarnt, dass sie mir bei den Vorbereitungen zu einem echten Fallschirmsprung helfen würden.
Der Tag war gekommen. Langsam bewegten sich die Wolken über den Himmel. Auf der Straße war es leer. Die Hosentasche meiner kurzen Hose beschwerte ein kostbarer Schatz - mein Taschenmesser und vier ordentlich große Kartoffeln. Ich brachte meine Schätze in den Hof hinter den Schuppen, wo ich begann meinen ersten, besten, erträumten Fallschirm zu basteln. Jeden Augenblick sollten die Freunde auftauchen, so dass ich mich mit Elan an die Arbeit machte. Doppelt band ich mir den Gürtel um die Hüfte. In die vier Ecken des Sacks legte ich je eine Kartoffel und band jede Ecke mit je einem von vier Schnüren zu. Die Kartoffeln sollten verhindern, dass die Ecken des Sackes herausschlüpfen. Die losen Enden der Schnüre band ich in gleichen Abständen an den Ledergürtel. Ich war bereit für den Sprung. Endlich kamen Edek und Karol herbei und blickten mich mit Bewunderung an. Ein ungewöhnlicher Fallschirm lag ausgebreitet hinter mir auf dem Boden. Ich platzte fast vor Stolz. Ich fühlte mich wichtig, ach was, am wichtigsten. „Jungs! Nehmt vorsichtig den Fallschirm und tragt ihn hinter mir her, so dass er nicht den Boden berührt", forderte ich sie auf.
Ich ging voran und sie mir hinterher, vom Ernst des Augenblicks erfüllt. Wir gingen an Edeks Haus vorbei und zur evangelischen Kirche. Der neogotische, hohe, spitze Kirchturm mit doppelten, stark gekrönten Fenstern und einer großen Uhr schaute in alle vier Himmelsrichtungen. Er war sehr hoch und überragte die umliegenden Gebäude wie ein in den Himmel drohender Finger. Wir näherten uns langsam der Kirche und gingen durch die Seitentür. Das Echo verriet unsere Schritte. Langsam näherten wir uns der Tür zum Choraufgang und zum Turm, zu den Glocken. Wir kletterten die engen, gewundenen und unheimlich knarrenden Holztreppen hinauf. Von oben war nur das dumpfe Gurren der Tauben zu vernehmen. Wir waren schon weit oben, doch es waren noch viele Stufen zu bewältigen. Edek wollte sich ausruhen. „Auf keinen Fall! Ihr seid mir Weicheier", sagte ich ernst, obwohl meine Assistenten vor Erschöpfung schnauften. Schließlich waren wir am Gipfel angekommen. Über uns hing die riesige Kirchenglocke. Die gotischen Erker des Turms waren mit horizontalen Rohren abgesichert, die sich auf Hüfthöhe eines erwachsenen Menschen befanden.
„Uff, endlich", sagte ich erschöpft. „Und jetzt vorsichtig! Hier ist es sehr gefährlich. Ihr müsst zurücktreten".
Selbst stellte ich mich direkt an die Kante eines Erkers. Auf Höhe meiner Stirn war die Barriere. Ich muss mich nur etwas bücken, um mir keine Beule zu schlagen und dann springen, dachte ich.
Ich befahl Edek den Fallschrim hinter mir gerade auseinander zu legen. Meine Kumpel beobachteten mich mit Bewunderung. Ich war überzeugt, dass mein Fallschirm, dem, den ich am Tag des Luftkampfes der Jagdflugzeuge gesehen hatte, in nichts nachstand. Auch dass mein Sprung und Flug in Richtung Erde ebenso majestätisch langsam, sanft verlaufen würde und wunderbar und gleichermaßen eine Heldentat werden würde.
Vom bevorstehenden Sprung eingenommen hörten wir nicht das Knarren der Treppen und die lauten Schritte des Küsters, der die Treppen heraufkam. Erst die unerwartete, durchdringende, einer geladenen Waffe gleichende Stimme ließ unsere Bewegungen erstarren und die Aufregung des Sprunges wurde aus unseren Kindsköpfen hinfortgeweht. „Meine Güte! Was macht ihr hier?! Weg hier! Sofort! Wenn ich euch hier noch einmal sehe, dann versohle ich euch dermaßen den Hintern, dass ihr mich bis an Euer Lebensende nicht vergesst", schrie СКАЧАТЬ