Название: Bern ... und seine Machenschaften
Автор: Peter Baumgartner
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754184967
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Bernard wäre fast vom Stuhl gefallen, verschluckte sich an einem Pommes frites und konnte sich erst wieder langsam fassen, als ihm Isabelle liebevoll auf den Rücken klopfte. «Aber du kennst mich ja noch gar nicht richtig. Du weisst auch nicht wo und was ich arbeite», stammelte Bernard unbeholfen. «Doch», erwidert Isabelle. «Ich denke sehr wohl, dass ich dich kenne, so wie du bist, und dass ich dich richtig einschätzen kann. Ich liebe dich, und der Rest ist mir egal.» Zärtlich legte sie die Hand auf die seine, und der weitere Verlauf des Tages und des Abends soll ihr Geheimnis bleiben.
So kam es, wie es kommen musste. Wenige Wochen später wurde aus Mademoiselle Bertrand Madame Picard. Isabelle und Bernard heiraten in Arles, natürlich im Restaurant ihrer Mutter. Es war ein wunderschönes Fest, und wie auf wundersame Art und Weise verstanden sich die beiden Familien, Picard und Bertrand, auf Anhieb bestens.
Das Ehepaar Bernard und Isabelle musste schon bald wieder weiterziehen: Bernard wurde in die Aquitaine in der Nähe von Bordeaux versetzt. Dort sollte das Ehepaar auch eine Weile bleiben. Schon im Verlauf des ersten Jahres kam zusätzliches Leben in den Ehealltag: Michelle, die ältere Tochter der beiden erblickte das Licht der Welt. Zwei Jahre später gesellte sich Danielle dazu. – Von nun weg war klar, wer das Sagen hatte. Die beiden Mädchen verstanden es von Kindsbeinen an, ihre Eltern um den Finger zu wickeln und sich in der Familie durchzusetzen. Heute sind beide, Michelle und Danielle, erwachsen und wunderschön anzusehen: die eine gross und blond, die andere etwas kleiner und brünett, beide mit vollem langem Haar, ihrer Mutter Isabelle wie aus dem Gesicht geschnitten.
Aber nicht nur die äussere Erscheinung der beiden lässt keinen Zweifel offen, wer die Mutter ist. Auch im Charakter sind sie ihrer Mutter sehr ähnlich: offen, natürlich, spontan und äusserst herzlich. Bernard könnte sich keine liebevollere Familie wünschen.
Menschenhandel, Drogenhandel …
«Sie haben recht, Herr Baumann, ich muss offen mit Ihnen reden. Unseren Informationen zufolge geht es in diesem Fall um grossangelegten Menschenschmuggel, ja gar um Menschenhandel. Aber nicht nur das, auch Drogenschmuggel und Drogenhandel spielen hier mit, letztlich steht aber der Handel mit Organen im Vordergrund. Das Ganze spielt sich nach unseren Informationen über die Balkanroute ab, und wie sie sicher wissen, ist in Albanien alles machbar, was Gott verboten hat, wenn man nur genügend dafür bezahlt. Das Geschäft ist äusserst lukrativ und hat deshalb schon so manchen in seinen Bann gezogen. Doch jetzt scheint das Ganze eine neue Dimension anzunehmen, von der nur zu erahnen ist, welchen Umfang sie noch annehmen könnte. Wir haben nämlich konkrete Hinweise, dass nicht nur Polizeifunktionäre in die Sache verwickelt sind, sondern auch deren politische Vorgesetzte.»
Jetzt wurde Philippe doch etwas hellhöriger. «Und wie sehen denn diese Hinweise aus?», wollte Philippe wissen. – «Ich muss sie darauf aufmerksam machen, Herr Baumann, dass das Ganze streng vertraulich ist und ich nicht – oder vielleicht noch nicht – befugt bin, Ihnen nähere Angaben anzuvertrauen.»
«Also gut, liebe Frau Sütterli, dann ist für mich das Gespräch hiermit beendet. Eigentlich interessiert es mich auch gar nicht richtig, was Politiker und Funktionäre so alles treiben. Ich will mein Rentendasein geniessen und meinen Frieden haben.»
Mit diesen Worten erhob sich Philippe, legte 5 Franken auf den Tisch und verabschiedete sich von Frau Sütterli mit einem kühlen «à Dieu». – Zurück blieb die EDA-Mitarbeiterin, abermals die Welt oder zumindest Philippe nicht richtig verstehend, zumal diesem so schnell nichts vorzumachen war.
Zuhause angekommen erzählte Philippe die Geschichte seiner Frau Deborah. Diese beglückwünschte ihn zu seinem Verhalten, gab dann allerdings doch zu bedenken, dass sollten die Informationen stimmen, ernsthaft dagegen angetreten werden müsste. Selbstverständlich hatte Deborah recht, aber dann musste man auch offen und ehrlich mit einem reden und nicht mit wesentlichen Informationen zurückhalten. Schliesslich hatte Philippe überhaupt keine Lust, sich mit der Sache näher zu befassen. Zum einen glaubte er, dafür nicht die richtige Person zu sein, zum andern hatte er auch den Glauben daran verloren, die Welt oder zumindest einen kleinen Teil davon verändern zu können. In all seinen Jahren als Kriminalpolizist war es ihm vielleicht ein- oder zweimal gelungen, nachhaltig zu wirken, um Schlimmeres zu verhindern. Natürlich brauchte es die Polizei, und natürlich sollen Straftäter ins Recht gefasst werden, aber hier wie dort sollte mit Augenmass gearbeitet und den Umständen entsprechend geurteilt werden. Diese Einstellung vermisste Philippe zuweilen in seinem Berufsleben und so machte Ernüchterung oftmals der Realität Platz.
Auch in diesem Fall konnte Philippe sich nicht vorstellen, wie er in der Sache weiterhelfen könnte. Auf sein ursprüngliches Beziehungsnetz konnte er nicht mehr zurückgreifen, da all seine ehemaligen Kollegen dem Amts- oder Berufsgeheimnis unterstanden. Auch hatte er keinen Zugriff mehr auf Datenbanken, die Recherchen doch einiges erleichtern würden. Schliesslich, und das war der Hauptpunkt, fehlte ihm auch die Erfahrung in nachrichtendienstlicher Tätigkeit. Quellen zu führen und mit diesen zusammenzuarbeiten war nie sein Metier, und Ermittlungen im Ausland fielen zumeist ebenfalls nicht in seinen Zuständigkeitsbereich.
In diesem Fall wäre es aber höchstwahrscheinlich und unabdingbar, der Sache vor Ort auf den Grund zu gehen. Namentlich wäre von Interesse zu erfahren, um welchen Polizeichef es sich hier handelte und was ihm konkret vorgeworfen wird.
Philippe wendete sich lieber wieder seinem Hund zu, zumal dieser ihm mit freundlichem Blickkontakt den anstehenden Abendspaziergang signalisierte. Viel lieber kam er dieser Einladung nach, als noch länger der anderen Sache gedanklich nachzuhängen.
Es war dunkel geworden, und Philippe und Enrico machten sich für den Spaziergang bereit. Bei Enrico bestand dies darin, dass er sich nochmals kräftig streckte und einen tollen Schluck Wasser nahm, bei Philippe, indem er sich möglichst warm anzog und Enrico das Leuchtband über den Kopf zog. Jedes Mal in dieser kalten Jahreszeit bewunderte er seinen Hund, wie dieser mit dem gleichen «Kleid» locker 20 Grad Temperaturunterschied aushalten konnte; mehr noch, dass es ihm gefiel, wenn es draussen stürmte und regnete oder gar schneite, und die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt lagen. – Aber eben, Tiere sind keine Weicheier, und er selber wollte auch keines sein, womit er sich zusammenriss und der Kälte trotzte.
Auf dem Weg zum nahen gelegenen Wald hielt plötzlich ein Fahrzeug neben ihnen still. Dies war an und für sich nichts Ungewöhnliches, da es oftmals vorkam, dass Ortsunkundige sich bei ihm nach dem Weg erkundigten. Diesmal war es allerdings anders. Die Scheibe wurde elektronisch geöffnet und im Innern des Wagens sassen drei Personen. Auf dem Beifahrersitz erkannte Philippe Frau Sütterli. Der Mann am Steuer stellte sich als Michael Pulvermacher vor und er sprach in Hochdeutscher Sprache. Selbstverständlich entging Philippe nicht, dass er unter dem rechten Oberarm eine Waffe trug, vermutlich eine Walther P99. Die Walther P99 verfügt über keinen sogenannten Anti-Stress-Abzug, womit die Waffe im geladenen Zustand jederzeit schussbereit ist. Die Tragart liess darauf schliessen, dass Pulvermacher Linkshänder war. Im Fond des Wagens sass ein gewisser Tom Smith.
Frau Sütterli entschuldigte sich für den «Überfall» und sie bat Philippe, kurz im Wagen Platz zu nehmen. Dieser verneinte selbstverständlich, wollte er seinen Hund schliesslich nicht allein auf der Strasse zurücklassen. Folglich bat Frau Sütterli Philippe, er möge doch bitte morgen um 1000 Uhr ins Bundeshaus West kommen, dort werde er von der Generalsekretärin des Bundesrates erwartet. Zähneknirschend, und um nicht noch länger in der Kälte stehen zu müssen, nahm Philippe die Einladung an und setzte seinen Spaziergang mit Enrico fort.
Also wussten sie, wo er und Deborah wohnten. Das war zwar nicht allzu schwierig ausfindig zu machen und trotzdem kam ihm der Besuch СКАЧАТЬ