Название: Bern ... und seine Machenschaften
Автор: Peter Baumgartner
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754184967
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Insgesamt stehen der Schweiz rund 20'000 Polizisten oder Grenzwächter zur Verfügung, welche für Sicherheit und Ordnung sorgen sollen. – Im Vergleich zu Frankreich mit seinen rund 220'000 Polizisten mutet die Zahl bescheiden an. Jedoch gilt es nicht zu vergessen, dass Frankreich flächenmässig rund 15-mal grösser ist als die Schweiz und über rund 8-mal mehr Einwohner verfügt. – Trotzdem und vielleicht auch deshalb lassen einige Parallelen ziehen.
Umgerechnet verfügen nämlich beide Länder in etwa über gleichviele Polizeikräfte, berücksichtigt man die Einwohnerzahl und die geographische Fläche.
Und trotzdem gibt es markante Unterschiede: in Frankreich wird zwischen der Police nationale, der Gendarmerie nationale und der Police municipale unterschieden. Die Nationalpolizei, welche dem Innenministerium untersteht, verfügt über umfassende Kompetenzen. Sie unterteilt sich in die Police administrative mit eingeschränkten Vollzugsrechten und die Police judiciaire, die eigentliche Kriminalpolizei, mit umfassenden Kompetenzen.
Auch die militärisch organisierte Gendarmerie nationale, für die sowohl das Verteidigungs- als auch das Innenministerium verantwortlich sind, verfügt über umfangreiche Kompetenzen. Sie umfasst personell rund die Hälfe des Polizeibestandes und ist für ländliche Gebiete und Kleinstädte bis zu einer Größe von ca. 20’000 Einwohnern zuständig. – Trotz dieser Kompetenzabgrenzung kommt es immer wieder zu Zuständigkeitsgerangel, wovon Bernard ein Lied singen könnte.
Bernard ist nämlich ebenfalls pensionierter Polizist. Während über 35 Jahren hat der für die Gendarmerie national gearbeitet und sich von der Pike auf hochgearbeitet. Aufgewachsen und zur Schule gegangen ist Bernard in der Bretagne in der Nähe von Quimper. Als Sohn eines Fischers wusste er um die Mühen dieses Berufes. Und so war für ihn klar, dass er den gleichen Weg wie sein Vater nicht einschlagen wollte. Für seine Eltern war dies kein Problem. Sie liessen Bernard alle Optionen offen.
Grossgewachsen und von stattlicher Statur, gepaart mit gesundem Menschenverstand und einer ansprechenden Grundausbildung bewarb er sich bei der Gendarmerie. Die Ausbildung wollte er etwas entfernt vom Elternhaus leisten, womit ihm das Centre de Recrutement in der Normandie nahe bei Rouen, der Hauptstadt der nordfranzösischen Region, richtig erschien. Seinerzeit und zum Teil noch heute wird die Ausbildung zum ‘Agent de Police’ bei der Gendarmerie sehr militärnah ausgeübt, was dazu führt, dass der Grossteil der Ausbildung kaserniert und umzäunt stattfindet. Dies führte dazu, dass Bernard seine Eltern und seine beiden Geschwister, Sophie und Jean-Luc, nur noch selten zu sehen bekam. Sie alle waren für ihn mit ihren warmen Begegnungen in weite Ferne gerückt. – Aber Bernard hatte dies ja so gewollt.
Ab und zu nahm Bernard die beschwerliche Reise nach Quimper unter die Füsse. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln musste er über Paris kehrt machen, um danach via Le Mans und Rennes nach Hause zu gelangen. Die Reise war eine Tagesreise und so nutze Bernard zuweilen die Gelegenheit, eine Nacht in Paris zu verbringen. Die Metropole hatte ihren Reiz, doch entsprach sie nicht seinen Wünschen und Vorstellungen: zu oberflächlich, zu weiträumig, zu fremd. – Bernard liebte das Ländliche, das Ursprüngliche, das Echte im Leben. Er liebte das Meer mit all seinen Schattierungen. Kurzurlaube verbrachten die Polizeiaspiranten in Le Havre oder vielleicht in Saint-Malo. Doch schon Saint-Malo liegt rund 300 km von Rouen entfernt.
Die Mutter von Bernard arbeitete in einer in Corcarneau ansässigen conserverie. Dort wurden und werden noch heute vor allem Sardinen und Thunfisch mit entsprechenden Gewürzen und Marinaden zu Delikatessen verarbeitet. Zumeist bringen die Männer den Fisch in den Hafen von Corcarneau, bekommen dort ihren Lohn und versuchen auf diese Weise ihre Familien über Wasser zu halten. So kommt es nicht von ungefähr, dass auch die Frauen zum Einkommen der Familie etwas beitragen müssen.
Madame Picard tat dies mit Stolz! Sie war sich bewusst ob ihrem Schicksal und dem Glück, mit Pierre, ihrem Mann, verheiratet zu sein und drei wunderbare Kinder zu haben. Nichts war ihr zu viel. Sie verstand es, Mühsal und Freude zu vereinen und dem Glück zum Durchbruch zu verhelfen. – Diese Einstellung wurde Bernard zu teil, und er war seiner Mutter hierfür zeitlebens dankbar.
Jedes Mal, wenn Bernard nach Hause kam, wurde er herzlich empfangen. Zumeist war seine Mutter Florence zu Hause, zuweilen auch sein Vater Pierre. Oftmals gesellten sich auch Jean-Luc, sein älterer Bruder, und Sophie, seine jüngere Schwester, dazu. – War die Familie vereint, so war das Glück perfekt!
Gemeinsam wurde geplaudert, erzählt und natürlich fein gegessen. Bernard erzählte von seiner Ausbildung zum Polizisten, Jean-Luc war Angestellter in einer Bank in Bordeaux und Sophie Primarschullehrerin in einem Vorort von Paris. – Solche Zusammenkünfte kamen leider nicht allzu oft vor und so galt es sie zu geniessen. Es ging allen gleich und alle waren am Schluss irgendwie traurig, aber vor allem glücklich, dass sie wieder einmal zusammen waren und sich gegenseitig austauschen konnten.
Die Reise von Bernard beinhaltete verschiedene Stationen. Dies war für die Arbeit bei der Gendarmerie nationale normal. Nach der Grundausbildung wurde man von A nach B geschickt und man hatte dort auszuhelfen, wo Not am Mann war. Eine der nächsten Reisen führte Bernard nach Velaux. Velaux ist eine kleine französische Gemeinde in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur mit rund 9000 Einwohnern. Die Gendarmerie nationale verfügt dort über einen Stützpunkt; und weil drei der Mitarbeiter ausgefallen waren, lag es nun an Bernard hier zum Rechten zu schauen.
Velaux liegt rund 35 km von Marseille entfernt und rund 70 km entfernt von Arles. Beide Städte also in Greifnähe. Und obschon Marseille als pulsierende Metropole des Südens vielleicht viel mehr zu bieten hatte, interessierte sich Bernard mehr für Arles. In einer knappen Stunde würde er mit dem Auto dort sein und er könnte die freie Zeit voll und ganz geniessen.
Ach ja, Bernard hatte sich in der Zwischenzeit ja ein Fahrzeug zugelegt: einen «deux chevaux» oder Döschwo (2CV). – Hier von Auto zu sprechen ist zwar etwas übertrieben, aber eben … meistens oder zumindest ab und zu lief das Gefährt. Giftgrün war die Farbe des Vehikels. Rückblickend betrachtet wäre es wahrscheinlich nicht ganz falsch gewesen, wenn Bernard noch eine Weile zugewartet und gespart hätte, um sich ein «anständiges» Auto zu leisten. Aber so ist es nun halt mal, wenn man jung ist: Herz und Verstand sind einfach zwei Sachen.
Sein Gefährt hatte so seine Eigenheiten. Jedes Mal, wenn er eine Verabredung hatte, streikte es – aus welchem Grund auch immer. Da halfen weder Kurbel noch gutes Zureden, meistens half nur die Zeit, bis es den zwei Pferden wieder passte loszutraben. Zumeist sehr gemächlich, dann aber doch wieder recht flott, sodass die Bremsen und vor allem die Reifen kaum mehr mitkamen. – Bremsen und Pneus waren nämlich schon in die Jahre gekommen, und so konnte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sich hier unliebsame Kosten einstellen würden.
Ungeachtet dieser Tatsachen machte sich Bernard auf den Weg nach Arles. Diese 50 Minuten würde sein Auto schon noch schaffen, dachte er. Ob er dann allerdings auch wieder zurückkäme, interessierte ihn in diesem Moment nicht. Er wollte den Stierkämpfen in der Arena zuschauen. Arles mit seinen rund 50'000 Einwohnern ist eine Stadt am Ufer der Rhone in der СКАЧАТЬ