Название: Ivanhoe
Автор: Sir Walter Scott
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754172162
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»Der sechste?« sagte der Pilger nach einer Pause, während welcher er sich zu besinnen schien, »war ein junger Ritter von geringerem Ruhm und niedrigerem Rang, der in diese ehrenvolle Gesellschaft aufgenommen wurde, weniger um sie bei ihrem Unternehmen zu unterstützen, als um ihre Zahl vollständig zu machen, seines Namens entsinne ich mich nicht.«
»Herr Pilger,« sagte Sir Brian de Bois-Guilbert verächtlich, »diese angenommene Vergeßlichkeit kommt, nachdem Ihr Euch an so vieles erinnert habt, zu spät, um Eurem Zwecke zu entsprechen. Ich selber will den Namen des Ritters nennen, dessen Lanze durch Zufall und den Fehler meines Pferdes mich zu Fall brachte, es war der Ritter Ivanhoe, auch war keiner unter den Sachsen, der im Vergleich mit seinen Jahren größeren Waffenruhm besaß. Doch dies verkünde ich laut: wäre er in England und wagte er, bei dem in dieser Woche stattfindenden Turnier die Forderung von St. Jean d'Acre zu wiederholen, so würde ich, beritten und bewaffnet, wie ich jetzt bin, ihm jeden Vortheil der Waffen zugestehen und den Ausgang dennoch ruhig abwarten.«
»Eure Forderung wäre leicht zu beantworten,« versetzte der Pilger, »wenn Euer Gegner nur nicht fern wäre. Wie die Sache jetzt steht, so erfüllt diese friedliche Halle nicht mit Prahlereien wegen des Ausganges eines Kampfes, der, wie Ihr wohl wißt, nicht stattfinden kann. Wenn Ivanhoe je aus Palästina zurückkehrt, so will ich Bürge sein, daß er sich stellt.«
»Ein trefflicher Bürge!« sagte der Tempelritter, »und welches Pfand bietet Ihr?«
»Diese Reliquie,« sagte der Pilger, indem er eine kleine elfenbeinerne Schachtel aus dem Busen zog und sich bekreuzte, »es ist ein Theil des wahren Kreuzes, vom Kloster des Berges Carmel mitgebracht.«
Der Prior von Jorvaulx bekreuzte sich und sprach ein Vaterunser, in welches alle bis auf den Juden, die Muhamedaner und den Templer andächtig einstimmten. Der letztere, ohne an sein Barett zu rühren oder die geringste Ehrfurcht vor der Heiligkeit der Reliquie zu bezeigen, nahm eine goldene Kette vom Halse, warf sie auf den Tisch und sagte: »Laßt Prior Aymer mein Pfand und das dieses namenlosen Landstreichers in Empfang nehmen, zum Zeichen, daß wenn der Ritter Ivanhoe ins Bereich der vier Seen von Britannien kommt, er der Forderung Brian de Bois-Guilberts unterliegt, und wenn er derselben nicht entspricht, so will ich ihn an jedem Hofe von Europa für einen Feigling erklären.«
»Es wird nicht nöthig sein,« sagte Lady Rowena, das Schweigen brechend, »meine Stimme soll gehört werden, wenn sich in dieser Halle keine andere für den abwesenden Ivanhoe erhebt. Ich versichere, daß er sich jeder ehrenvollen Forderung bereitwillig stellen wird. Könnte meine schwache Bürgschaft dem unschätzbaren Pfande dieses frommen Pilgers noch größeres Gewicht verschaffen, so würde ich Namen und Ruf verpfänden, daß Ivanhoe diesem stolzen Ritter sich stellen wird, wie er es wünscht.«
Eine Menge streitender Gefühle schien Cedrics Brust zu erfüllen und ihn während dieser Verhandlung verstummen zu machen. Befriedigter Stolz, Zorn, Verlegenheit jagten abwechselnd über seine breite und offene Stirn, gleich den Schatten der Wolken, die über ein Erntefeld dahinziehn, während seine Diener, auf die der Name des sechsten Ritters eine fast elektrische Wirkung hervorzubringen schien, erwartungsvoll an den Blicken ihres Herrn hingen. Der Ton von Rowenas Stimme schien ihn aus seinem Schweigen zu wecken.
»Lady,« sagte Cedric, »das ziemt sich nicht; wäre noch ein weiteres Pfand nöthig, so würde ich selber meine Ehre für Ivanhoes Ehre verpfänden. Aber die Bürgschaft ist vollständig, selbst nach den phantastischen Bräuchen der normännischen Ritterschaft. Ist es nicht so, Pater Aymer?«
»Es ist so,« versetzte der Prior, »und die geheiligte Reliquie und die kostbare Kette will ich in der Schatzkammer unseres Klosters niederlegen bis zur Entscheidung dieser kriegerischen Forderung.«
Nach diesen Worten bekreuzte er sich wiederholt, machte viele Kniebeugungen, murmelte Gebete und übergab dann die Reliquie dem Bruder Ambrosius, seinem dienenden Mönche, während er selber die goldene Kette mit weniger Ceremonie, aber vielleicht mit nicht geringerer innerer Zufriedenheit aufnahm und in eine mit parfümirtem Leder gefütterte Tasche steckte, die sich unter seinem Arm öffnete. »Und nun, Sir Cedric,« sagte er, »meine Ohren läuten die Vesper in folge der Stärke Eures guten Weines; erlaubt uns, noch einen Becher auf das Wohlsein der Lady Rowena zu leeren, und gestattet uns dann, zur Ruhe zu gehen.«
»Bei dem Kreuze von Bromholme,« sagte der Sachse, »Ihr thut Eurem Rufe wenig Ehre, Herr Prior! Das Gerücht sagt, Ihr seid ein munterer Mönch, der die Mette läuten hört, ehe er den Humpen verläßt, und ich, alt wie ich bin, fürchtete, mich von Euch beschämt zu sehen. Aber, meiner Treu, ein Sachsenknabe von zwölf Jahren zu meiner Zeit würde nicht so früh seinen Becher verlassen haben.«
Der Prior hatte jedoch seine eigenen Gründe, bei dem Princip der Mäßigkeit, welches er sich gesetzt, zu bleiben. Er war nicht nur ein Friedensstifter von Profession, sondern haßte auch alle Fehden und Zänkereien. Dies geschah nicht ausschließlich aus Liebe zu seinem Nächsten oder zu sich selber, sondern aus einer Mischung von beidem. Augenblicklich hatte er eine instinktmäßige Furcht vor dem heftigen Charakter des Sachsen und davor, daß der anmaßende und rücksichtslose Geist, von dem sein Gefährte schon so manche Proben gegeben, endlich eine unangenehme Explosion hervorbringen möchte. Er gab daher bescheiden zu, daß kein anderes Volk sich mit den abgehärteten Sachsen in den edlen Becherkampf einlassen könne, erwähnte auch flüchtig seinen heiligen Charakter und beharrte schließlich auf seinem Vorsatz, sich zur Ruhe zu begeben.
Demgemäß wurde der Schlaftrunk herumgereicht, und die Gäste standen, mit tiefen Verbeugungen gegen ihren Wirth und Lady Rowena, auf und zerstreuten sich in der Halle, während die Häupter der Familie sich durch besondere Thüren mit ihren Dienern entfernten.
»Ungläubiger Hund,« sagte der Templer zu dem Juden Isaak, als er in dem Gedränge an ihm vorbeikam, »ist es Deine Absicht, nach dem Turnier zu gehen?«
»Es ist meine Absicht,« erwiderte Isaak mit demüthiger Verbeugung, »mit Eurer Ehrwürden Erlaubniß, gestrenger Herr.«
»Ja,« sagte der Ritter, »um an den Eingeweiden unserer Edlen mit Wucher zu nagen und Weiber und Kinder mit Tand und Spielwerk zu betrügen; ich stehe dafür, Du hast einen reichen Vorrath von Geld in Deiner jüdischen Tasche.«
»Nicht einen Seckel, nicht einen Silberpfennig, nicht einen halben, so wahr mir der Gott Abrahams helfe!« sagte der Jude und schlug die Hände zusammen; »ich gehe nur, um den Beistand einiger Brüder meines Stammes zu suchen, daß sie mir helfen, die Steuer zu zahlen, die das Taxationsgericht mir aufgelegt hat. Vater Jakob stehe mir bei! Ich bin ein verarmter unglücklicher Mann. Selbst den Rockolor, den ich trage, habe ich mir geborgt, von Ruben von Tadcaster.«
Der Tempelherr lächelte mürrisch und erwiderte: »Falschherziger Lügner!« Dann ging er verächtlich weiter und sprach mit seinen muhamedanischen Sklaven in einer Sprache, welche die Umstehenden nicht verstanden. Der arme Israelit schien von der Anrede des kriegerischen Mönchs so erschüttert, daß der Templer bereits bis ans Ende der Halle gegangen war, ehe er den Kopf aus der demüthigen Stellung erhob, die er angenommen hatte. Und als er endlich aufsah, geschah es mit der Miene eines Menschen, zu dessen Füßen der Blitz eingeschlagen und in dessen Ohren der Donner noch nachtönt.
Der Templer und der Prior wurden bald darauf von dem Haushofmeister und dem Mundschenk, jeder von zwei Fackelträgern und zwei Dienern, die Erfrischungen trugen, begleitet, in ihre Schlafgemächer geführt, während Diener niedrigeren Ranges ihrem Gefolge und den anderen Gästen ihre verschiedenen Ruhebetten anwiesen.
Kapitel VI
Ihm zu Gefallen biet ich diesen Dienst;