Ein moderner Lederstrumpf. Robert Kraft
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Название: Ein moderner Lederstrumpf

Автор: Robert Kraft

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754183892

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СКАЧАТЬ auf dem sie sass, war heiss wie eine glühende Ofenplatte, es ging nach und nach durch das Lodentuch.

      »Starke, so kommen Sie doch nur endlich!« jammerte sie.

      Das Echo verspottete sie.

      »Ach, mein lieber Starke, kommen Sie doch, ich will ja auch immer zu Ihnen gut sein!«

      »Gut sein — gut sein,« lachte das Echo, und Ellen empfand den Spott; Scham überkam sie.

      Lächerlich, es war ja nichts weiter als ein kleines Löchelchen in dem Gummischlauche, sollte denn das nicht zuzustopfen sein? Andere konnten es ja auch, und es war so einfach, wenn man zusah. Ellen kratzte und pinselte und brachte ihren ganzen Vorrath von Gummi darauf. Nun wieder gepumpt. Es hielt, es hielt! Sie legte sich schwer auf den Sattel — es hielt, er liess keine Luft mehr! Vorwärts, aufgesprungen, sie musste heraus aus diesem schrecklichen Felsenpass, sie musste doch hier, in einer bevölkerten Gegend, bald auf Menschen stossen, wenn sie nur fuhr, und wenn sie erst ihren Durst gelöscht hatte, dann wollte sie auch wieder den richtigen Weg finden.

      Sie hatte erst einige Radumdrehungen gemacht, als die Strasse abermals sehr steinig wurde, sie wollte den defecten Reifen lieber schonen .... Bhhh — sagte da dieser schon, diesmal ganz bescheiden.

      Nun freilich war es mit Ellen vorbei. Sie liess die Maschine fallen, wie sie fiel, und fiel selbst daneben, jetzt nicht mehr den heissem Boden achtend, der ihr auf die Haut wirkliche Blasen zog.

      Das ist mein Tod, dachte sie, hier wird man eine Leiche finden. Und das hat Judith nur gewollt. Fluch ihr, Fluch der ganzen Radlerei. Starke, Starke, du bist gerächt! — Und dann dachte sie trotzdem: ach, wenn er doch käme!

      Aber Starke kam nicht.

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      7. Capitel.

       In der Prairie.

      Wie sie so langgestreckt auf dem glühenden Boden lag, das Gesicht in den Armen vergraben, alles Feuer, Lippen und Gaumen brennend, glaubte sie ein Geräusch wie von rieselndem Wasser zu vernehmen. Sie glaubte es nur, redete sich ein, es sei nur eine Hallucination.

      Es ist überhaupt manchmal nicht vortheilhaft, ein gebildeter, belesener Culturmensch zu sein, besonders wenn man noch einige Phantasie besitzt.

      Bei Ellen musste dieses Geräusch partout eine Gehörs-Hallucination sein. Merkwürdig nur, wie deutlich es klang, gerade als ob — Ellen hob den Kopf — gerade als ob es Wirklichkeit sei. Natürlich, das war auch wirkliches Wasserplätschern, dicht in der Nähe, und Ellen sprang auf.

      Zwischen der Strasse und der rechten Felswand befand sich ein tiefer Riss im Gestein, mit der Strasse parallel fortlaufend, und etwa 2 Meter unter Ellen's Füssen entsprang der Wand eine Quelle, in der noch etwas tieferen Spalte abwärts fliessend.

      Beim Anblick des Wassers kehrte Ellen's Lebensmuth und ruhige Ueberlegung zurück. Obgleich sie nicht hinabgelangen konnte, sah sie sich doch vom Verschmachtungstode gerettet; ihre ganze Verzweiflung fand sie mit einem Male komisch. Den Gummibecher besass sie nicht mehr, sie hatte nicht einmal einen Bindfaden bei sich. Nun, so zerschnitt sie einfach ihre Jacke oder auch ihr Hemd in Streifen und ließ ihre Mütze oder auch die Rahmentasche an dem so hergestellten Stricke hinab, zog sie mit Wasser gefüllt wieder herauf, und dann musste sie eben die acht Meilen rückwärts zu Fuss gehen, drei Stunden kräftigen Marschirens, wenn sie auf der Karte nicht mit Sicherheit feststellen konnte, einer anderen Ansiedlung näher zu sein.

      Im Nu hatte Ellen diesen Plan klar gefasst. Was war eigentlich mit ihr vorgegangen? Lächerlich. Wie kleinmüthig! Sie, welche die ganze Erde allein umradeln wollte, hatte gleich beim ersten bischen Durst die Flinte in's Korn geworfen! Weil sie den Pneumatic nicht dichtmachen konnte! In der nächsten Reparaturwerkstätte wollte sie es lernen, und dann immer mit Bindfaden versehen sein! Wieder um eine Erfahrung bereichert.

      Ehe sie ihre Bekleidung in Stücke schnitt, wollte sie doch nachsehen, ob das Wasser nicht an einer anderen Stelle erreichbar sei. Sie blickte nach der Uhr. Eine Viertelstunde wollte sie die Spalte verfolgen. So lange musste sie schlimmstenfalls ihren Durst noch ertragen, sie musste!

      Es steckte doch Energie in dem Mädchen. Ellen liess nicht einmal das Rad liegen, nahm die gewichtige Maschine über die Schulter, obgleich der Weg über die grossen Steine eine Klettertour war und der heisse Rahmen ihr förmlich in's Fleisch brannte. Sie wollte!

      Die Viertelstunde war noch nicht vergangen, als die immer tiefer werdende Spalte in der Felswand verschwand, mit ihr das Wasser, ohne dass Ellen einen Abstieg gefunden hatte. So musste sie eben zurück, musste die Jacke zerschneiden.

      Da — Pferdewiehern, Menschenstimmen!

      Ellen hatte gar nicht des Weges geachtet. Dort hörte die Strasse plötzlich auf, dort sah es wenigstens ganz anders aus, die Felsberge, schienen zurück zu treten; sie hatte einen weiten Blick über ein hügeliges Terrain. Das war das Ende des Passes, die Grenzen des ganzen, sich jäh aus der Ebene erhebenden Gebirges, das war die offene Prairie, von der Starke gesprochen — und dort mussten Menschen sein, sie hatte Stimmen gehört.

      Nur zehn Minuten brauchte sie zu marschiren, als sich vor ihr plötzlich die wellige Prairie ausbreitete, mit niederliegendem, grauem Gras bedeckt, wie Heu aussehend, nur dass dieses noch im Boden wurzelte.

      »Halloh, was ist denn das für ein blutiger Fremder?«

      Ellen, jetzt ihr Rad schiebend, sah in einiger Entfernung zwei Reiter, welche sofort auf sie zu galoppirten. Es waren abenteuerliche, wilde Gestalten, die Anzüge so zerfetzt wie die schwarzbraunen Gesichter, an den Füssen drei Zoll lange Sporen, ausser dem Revolver am Gürtel das Bowiemesser in der Scheide, um den Hüften den Lasso — Cowboys. Der eine ritt ein mageres Thier, der andere, ein alter Kerl mit einem pockennarbigen, wüsten Gesicht, ein sehr schönes Pferd, mit dem er in beständigem Kampfe lag. Es sprang, tanzte und bockte, versuchte den Reiter in die Beine zu beissen, aber jedes Mal traf dafür ein Fausthieb die Schnauze, und dies Alles hinderte den Cowboy nicht, seine Aufmerksamkeit der Erscheinung des fremden Menschen zu widmen und sich mit dem Kameraden zu unterhalten. Jeder Huf des unbändigen Thieres trug eine lederne Schlinge, welche Alle in der Hand des Reiters zusammenliefen.

      »Das ist ja ein blutiges Mädel!«

      »Habt Ihr nicht einen Trunk Wasser?« fragte Ellen.

      »Einen blutigen Schuss weit ist blutiges Wasser genug,« lautete die Antwort, und dies genüge, um die Ausdrucksweise der Cowboys zu charakterisiren. Sie konnten kein Hauptwort sagen, ohne ein »blutig« vorzusetzen. Ellen fiel dies nicht besonders auf; auch dem englischen Arbeiter ist dies recht geläufig.

      »Sie kommt aus dem Bärenpass. Wo will die hin?«

      »Guck, Sam, das ist eine verdammte Mähmaschine. Ne, 's ist wahrhaftig, ein Mädel! Was will die hier mit der Mähmaschine?«

      »Habt Ihr nicht Wasser?« wiederholte Ellen. »Ich verschmachte fast vor Durst.«

      »Wasser? Ne, hier nicht. Wo kommt Ihr denn her? Seid Ihr allein?«

      Zwei andere Cowboys kamen angesprengt. Das gleiche Staunen, dieselben Fragen. Woher? Wohin? Was ist das für ein curioses Ding da?

      Ellen hatte einige Geschichten gelesen, welche unter Cowboys spielten. Ein rohes Gesindel, unwissend, aber doch mit schönen Zügen, romantisch, ritterlich, gastfreundlich. СКАЧАТЬ