Название: Freundlicher Tod
Автор: Ute Dombrowski
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Eltville-Thriller
isbn: 9783742755940
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Als sich die Tür öffnete und ein junger Mann eine volle Mülltüte hinaustrug, ging er auf ihn zu.
„Entschuldigung, ich wünsche Ihnen ein gesundes Neues Jahr. Darf ich Sie etwas fragen?“
Der Mann, dem das Licht wehzutun schien, hob den Kopf und sah sein gegenüber mit einem Auge an. Seine blonden Haare standen in alle Richtungen und unter dem T-Shirt zeichneten sich straffe Muskeln ab.
„Was? Sorry, ich bin noch nicht wach.“
Alexander lachte und nickte verständnisvoll. Nun wünschte ihm der Mann auch ein gesundes Neues Jahr und fragte, was er wolle.
„Ich werde dieses Jahr ganz neu anfangen. Dafür suche ich eine Wohnung. Ich habe gesehen, dass da oben keine Gardinen sind und da dachte ich mir …“
„Ja, neu anfangen ist gut. Die Wohnung unter meiner ist frei, aber die ist winzig.“
„Das macht nichts, ich bin alleine.“
„Komm doch einfach mit hoch, ich brauche dringend einen Kaffee und dann können wir reden. Ich gebe dir die Adresse des Vermieters.“
Alexander folgte dem Mann ins Haus und betrat die kleine Wohnung unter dem Dach, in der es nach kaltem Rauch und Alkohol roch. Der Mann entschuldigte sich für die Unordnung und warf den wilden Stapel T-Shirts, der auf dem Sessel gelegen hatte, auf den Boden. Er forderte seinen Besucher auf sich zu setzen und schaltete die neue moderne Kaffeemaschine an.
„Ich bin Benedikt, wer bist du?“
„Alexander. Danke für den Kaffee.“
„Warum willst du neu anfangen? Liebe? Geldsorgen?“
„Meine Schwester ist gestorben und ich muss zuhause raus. Ich habe eine Wohnung im Haus meiner Eltern. Die haben die Apotheke.“
„Ach ja, die kenne ich. Nette Leute, aber ich kann dich verstehen. So ein Schicksal ist hart. Warte mal, ich schaue nach, wo die Telefonnummer ist.“
Er ging ins Schlafzimmer, das der Wohnküche gegenüberlag und kramte im Nachtschrank, bis er triumphierend eine Visitenkarte in die Höhe hielt.
„Adresse und Telefonnummer. Vielleicht sind wir bald Nachbarn. Er hatte mich schon gefragt, ob ich jemanden wüsste, der hier einziehen will.“
Alexander las laut: „Ludwig Pitschicker, Immobilien. Wiesbaden. Danke, Benedikt. Dann werde ich gleich morgen früh mein Glück versuchen. Hoffentlich ist sie noch frei.“
„Sicher, die ist schon seit dem letzten Sommer frei und ich habe bis jetzt nie jemanden gesehen, der sie haben wollte. Es wohnt sich gut hier. Aber jetzt werde ich dich hinauswerfen, ich muss duschen und treffe mich dann mit einer bezaubernden Lady.“
Alexander nickte und verstand. Dieser junge Mann hatte sicher eine Freundin. Er bedankte sich nochmal für den Kaffee und die Visitenkarte und verließ das Haus. Fröhlich pfeifend ging er zurück in die Altstadt und schlenderte an den Schaufenstern entlang. Am späten Nachmittag machte er sich auf den Heimweg.
Dörte und Klaas saßen im Wohnzimmer und der Abendbrottisch war gedeckt. Als Alexander hereinkam, eilte seine Mutter in die Küche und kam mit einem dritten Gedeck wieder. Er setzte sich lächelnd zu ihnen.
„Ein gesundes Neues Jahr, mein Sohn, du siehst so zufrieden aus. Hattest du einen schönen Abend gestern?“
„Ja, Mama, es war nett, ich war in der Altstadt und habe ein Glas Wein getrunken. Heute Mittag war ich dann am anderen Ende der Stadt und ich denke, ich habe eine kleine Wohnung gefunden.“
Klaas schwieg, aber Dörte freute sich.
„Sehr gut, und wenn das mit der Arbeit auch klappt, dann kannst du auf eigenen Beinen stehen. Papa und ich werden dich unterstützen, wo wir können. Nicht wahr, Klaas?“
Klaas war immer noch enttäuscht und hielt die Idee seines Sohnes für ein Hirngespinst, aber er hatte seiner Frau versprochen, ruhig zu bleiben und brummte nur etwas Unverständliches.
„Papa wird sich morgen mal umhören, wo du arbeiten könntest. Ich bin für dich da, mein Großer, jetzt haben wir ja nur noch dich.“
Die plötzliche Erinnerung an das, was er getan hatte, ließ Alexander erstarren. Er hörte auf zu kauen und es gelang ihm nur mit Mühe, das hinunterzuschlucken, was er im Mund hatte. Das schlechte Gewissen hatte ihn direkt in den Magen getreten.
„Danke, ich bin jetzt aber satt und gehe hoch. Ich muss ein bisschen schlafen. Gute Nacht.“
„Der Arme“, sagte Dörte später, „er hat es immer noch nicht verkraftet, dass Sarah tot ist.“
Klaas schwieg wie immer bei dem Thema, auch er hatte es nicht verkraftet, dass sein Sonnenschein tot war. Und anscheinend hatte er jetzt auch noch seinen Sohn verloren. Mit hängenden Schultern ging er ins Bett.
5
„Dieser Gernot hätte ein Motiv“, erklärte Benedikt. „Er ist der einzige Erbe. Also warum nehmen wir ihn nicht fest? Dann ist der Fall gelöst.“
„Ich denke nicht, dass er es war. Ich bin am Telefonieren, denn er sagte, dass er in der Unibücherei war und ein bestelltes Buch abgeholt hat.“
„Die haben in der ersten Woche erst um zehn geöffnet, das stand im Internet.“
„Gut, dann gehe ich erstmal zu Bianca hoch und versuche es später nochmal.“
„Ich würde am liebsten eine Runde schlafen, aber ich schaue nochmal bei der Pflegerin vorbei und nerve sie mit Fragen.“
„Vielleicht kannst du bei ihr eine Weile schlafen“, sagte Michael lachend. „Waren wohl zwei wilde Tage?“
„Heiße Tage. Und am Neujahrsmorgen habe ich auch noch meinen neuen Nachbarn kennengelernt. Der ist durch die Stadt gelaufen und hat eine Wohnung gesucht, weil er sein Leben ändern will.“
„Das ist mal ein guter Vorsatz. Bis nachher.“
Michael verließ das Büro, eilte die Treppe hinauf und klopfte bei Bianca.
„Herein!“, rief es von drinnen.
Er trat ein und sah Biancas umwerfendes Lächeln. Er verschloss die Tür mit dem Schlüssel, der im Schloss steckte, ging um den Schreibtisch herum, zog Bianca vom Sessel hoch und küsste sie leidenschaftlich.
„He, mein lieber Verlobter, ich bin im Dienst.“
Sie schlang die Arme um Michaels Hals und genoss seine Lippen und Hände. Bei ihm fühlte sie sich sicher und geborgen. Er hatte ihr an Silvester einen Heiratsantrag gemacht, nachdem Benedikt zum Feiern gegangen war. Die beiden Männer hatten sich angezwinkert und Bianca hatte СКАЧАТЬ