Auferstehung. Лев Толстой
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Auferstehung - Лев Толстой страница 21

Название: Auferstehung

Автор: Лев Толстой

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752995770

isbn:

СКАЧАТЬ Gesicht sah, dessen Ausdruck ihm zu sagen schien, daß dieselbe Melodie, die in seiner Seele erklang, auch in der ihrigen klinge.

      In der Zeit zwischen der Frühmesse und dem Hochamt hatte Nechljudow sich aus der Kirche hinausbegeben. Das Volk machte ihm Platz und grüßte ihn. Etliche erkannten ihn, andere fragten: »Wer ist denn das?« In der Vorhalle blieb er stehen. Die Bettler umringten ihn – er verteilte alles, was er an kleinen Münzen in der Börse hatte, und stieg die Stufen der Treppe hinunter.

      Es war schon soweit hell geworden, daß man sehen konnte, doch war die Sonne noch nicht aufgegangen. Das Volk saß auf den Grabhügeln rings um die Kirche. Katjuscha war noch in der Kirche geblieben, und Nechljudow stand da und erwartete sie.

      Immer noch kamen Leute aus der Kirche – mit den Nägeln der Stiefel laut auf die Steinfliesen aufklopfend, schritten sie die Stufen hinab und zerstreuten sich auf dem Platze vor der Kirche und auf dem Friedhof.

      Ein uraltes Männchen mit wackelndem Kopfe, der Konditor von Maria Iwanowna, hielt Nechljudow an und gab ihm den Osterkuss, und seine Frau, ein altes Mütterchen mit runzligem Halse unter dem seidenen Kopftuch, nahm ein mit Safran gefärbtes Ei aus dem Tuche und reichte es ihm. Im selben Augenblick kam auch ein kräftiger junger Bauer in einem neuen Wams mit grüner Gurtbinde lächelnd auf ihn zu.

      »Christ ist erstanden!« sagte er, während seine Augen lachten. Jener besondere, angenehme Geruch, der den Bauern eigen zu sein pflegt, strahlte von ihm aus; er trat ganz dicht an Nechljudow heran und küßte ihn dreimal mit seinen frischen, vollen Lippen mitten auf den Mund, wobei sein krauses Bärtchen Nechljudow kitzelte. In dem Augenblick, als Nechljudow mit dem jungen Bauern den Osterkuss tauschte und von ihm ein dunkelbraun gefärbtes Ei entgegennahm, erschien Matrona Pawlownas schillerndes Kleid und ein liebes schwarzes Köpfchen mit roter Schleife in der Vorhalle der Kirche. Sie hatte ihn sogleich über die Köpfe der vor ihr Herschreitenden hinweg erblickt, und er konnte sehen, wie ihr Gesicht erstrahlte.

      Sie stand eine Weile mit Matrona Pawlowna in der Vorhalle und verteilte Almosen unter die Bettler. Ein Bettler, der an Stelle der Nase ein vernarbtes rotes Geschwür hatte, trat an Katjuscha heran. Sie nahm etwas aus dem Tuche und reichte es ihm, dann näherte sie sich ihm, und ohne den geringsten Widerwillen zu zeigen, küßte sie ihn dreimal mit freudig strahlenden Augen. Und in dem Augenblick, als sie den Bettler küßte, begegneten ihre Augen dem Blicke Nechljudows. Es war, als wollte sie fragen: »Ist es recht, was ich da tue?« – »Ja, ja, du Liebe, alles ist recht, alles ist schön, ich liebe dich!«

      Sie kamen die Treppe herab, und er ging zu ihr hin. Er wollte nicht den Osterkuss mit ihr tauschen, sondern ihr nur näher sein.

      »Christ ist erstanden!« sagte Matrona Pawlowna, neigte den Kopf und lächelte. Sie sagte es in einem Tone, der da ausdrückte, daß heute alle gleich seien, und nachdem sie sich den Mund mit dem zu einem Mäuschen zusammengewickelten Tuche abgewischt hatte, hielt sie ihm die Lippen hin.

      »Er ist in Wahrheit erstanden!« antwortete Nechljudow und küßte sie.

      Er sah sich nach Katjuscha um. Sie wurde feuerrot und näherte sich ihm in demselben Augenblick.

      »Christ ist erstanden, Dmitrij Iwanowitsch!«

      »Er ist in Wahrheit erstanden!« sagte er. Sie küßten sich zweimal und schienen dann zu überlegen, ob sie sich noch einmal küssen sollten, und als hätten sie sich dafür entschieden, daß es geschehen müsse, küßten sie sich zum dritten Mal und lächelten beide.

      »Kommen Sie nicht mit zum Geistlichen?« fragte Nechljudow.

      »Nein, wir bleiben noch ein Weilchen hier, Dmitrij Iwanowitsch,« sagte Katjuscha, die wie nach einer freudig getanen Arbeit aus voller Brust aufatmete und ihm dabei mit ihren treuen, jungfräulichen, liebenden, kaum merklich schielenden Augen gerade in die Augen sah.

      Es gibt in der Liebe zwischen Mann und Frau stets einen Augenblick, in dem diese Liebe ihren Zenit erreicht und nichts Bewußtes, Verstandesmäßiges noch auch Sinnliches hat. Ein solcher Augenblick war für Nechljudow in dieser heiligen Nacht der Auferstehung Christi gekommen. Wenn er jetzt an Katjuscha dachte, so sah er sie nur so, wie sie in jenem Augenblick gewesen – alle andern Lagen, in denen er sie gesehen, traten in den Hintergrund. Er sah das glänzendschwarze Köpfchen, das weiße Kleid mit den Fältchen, das ihre mädchenhaft schlanke Taille und ihre zarte Brust umhüllte, sah das Rot ihrer Wangen, die sanften, mattglänzenden schwarzen Augen, und vor allem die in ihrem ganzen Wesen ausgeprägten zwei Hauptzüge: die Keuschheit ihrer jungfräulichen Liebe nicht nur zu ihm – von der wußte er schon lange – sondern ihrer Liebe zu allen und allem, nicht nur zu allem Guten und Schönen, das es irgend in der Welt gibt, sondern auch zu jenem Bettler, den sie geküßt hatte.

      Er wußte, daß diese Liebe in ihr war, weil er während dieser Nacht und dieses Morgens auch in sich selbst das gleiche Gefühl empfand und sich bewußt war, daß er in dieser Liebe mit ihr in eins zusammenschmolz.

      Ach, wenn doch alles dies bei dem Gefühl, das ihn in jener Nacht beseelte, stehen geblieben wäre! »Ja, dieses Furchtbare, Entsetzliche geschah nach jener heiligen Nacht der Auferstehung Christi!« dachte er jetzt, als er am Fenster des Geschworenenzimmers saß.

      16

      Aus der Kirche zurückgekehrt, hatte Nechljudow mit den Tanten das Ostermahl eingenommen, und um sich zu stärken, hatte er nach der beim Regiment angenommenen Gewohnheit dem Branntwein und Wein zugesprochen. Er ging dann auf sein Zimmer und schlief sogleich in den Kleidern ein. Ein Klopfen an der Tür weckte ihn. Er erkannte an dem Klopfen, daß sie es war, und er erhob sich, rieb sich die Augen und reckte die Glieder.

      »Katjuscha, bist du es? Komm doch herein!« sagte er, während er sich erhob.

      Sie öffnete die Tür ein wenig.

      »Sie sollen zu Tisch kommen,« sagte sie.

      Sie trug immer noch das weiße Kleid, doch ohne die Schleife im Haar. Sie sah ihm in die Augen und strahlte übers ganze Gesicht, als hätte sie ihm etwas ganz besonders Freudiges zu sagen gehabt.

      »Ich komme gleich,« antwortete er und nahm den Kamm, um sein Haar zu kämmen.

      Sie blieb noch einen Augenblick stehen. Er bemerkte das, warf den Kamm weg und näherte sich ihr. In diesem Augenblick jedoch wandte sie sich rasch um und ging mit ihrem gewohnten, leichten Schritt auf dem buntgestreiften Läufer des Korridors davon.

      »Was für ein Dummkopf bin ich doch!« sagte sich Nechljudow – »warum habe ich sie nicht zurückgehalten?«

      Und er lief ihr nach und holte sie im Korridor ein.

      Was er von ihr wollte, wußte er selbst nicht. Es schien ihm jedoch, daß er, als sie in sein Zimmer kam, irgend etwas hätte tun sollen, was alle in einem solchen Falle zu tun pflegen, er aber nicht getan hatte.

      »So wart' doch, Katjuscha,« sagte er.

      Sie blickte sich um.

      »Was wünschen Sie?« sagte sie stehen bleibend.

      »Nichts weiter, nur ...«

      Und da er wußte, was in solchen Fällen alle Leute in seiner Lage zu tun pflegen, zwang er sich, dasselbe zu tun und faßte Katjuscha um die Taille.

      Sie blieb stehen und sah ihm in die Augen.

      »Nicht СКАЧАТЬ