Auferstehung. Лев Толстой
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Название: Auferstehung

Автор: Лев Толстой

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752995770

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СКАЧАТЬ konnte die Fürstin, seine Mutter, nicht denken, ohne aufs tiefste zu erschrecken.

      In gleicher Weise hatte Nechljudow, als er nach seiner Mündigsprechung das ihm zugefallene väterliche Gut den Bauern überlassen hatte, weil er das Privateigentum am Grund und Boden für eine Ungerechtigkeit hielt, durch diese Handlung seine Mutter und seine Verwandten aufs tiefste erschreckt und mußte dafür immer wieder den Tadel und Spott der Seinigen über sich ergehen lassen.

      Immer wieder erzählte man ihm, daß die Bauern, denen er das Land geschenkt hatte, nicht nur davon keinen Segen gehabt hätten, sondern vielmehr verarmt seien, daß sie drei Schenken im Dorfe eröffnet und aller ehrlichen Arbeit entsagt hätten. Als dagegen Nechljudow nach seinem Eintritt bei der Garde mit seinen Kameraden so viel Geld verpraßt und verspielt hatte, daß Helena Iwanowna zur Bezahlung seiner Schulden ihr Kapital angreifen mußte, nahm sie ihm dies durchaus nicht übel, sondern hielt es im Gegenteil für ganz natürlich und richtig, daß diese »Impfung« an ihm schon frühzeitig und in guter Gesellschaft vorgenommen würde.

      Anfänglich versuchte Nechljudow hiergegen anzukämpfen, doch ward ihm dies gar zu schwer gemacht, weil alles das, was er für gut hielt, sobald er an sich selbst glaubte, von den andern für böse gehalten wurde, während umgekehrt alles, was er, an sich selbst glaubend, für böse hielt, von allen, die ihn umgaben, für gut gehalten wurde. Die Sache endete damit, daß Nechljudow sich schließlich ergab, daß er aufhörte, sich selbst zu glauben, und nur noch den andern glaubte. Anfänglich war ihm dieser Verzicht wohl unangenehm, doch hielt die unangenehme Empfindung nicht lange an, und Nechljudow, der damals auch zu rauchen und Wein zu trinken begann, fühlte, als er diese unangenehme Empfindung nicht mehr hatte, sogar eine große Erleichterung.

      Und mit der ganzen Leidenschaftlichkeit seiner Natur ergab er sich nun diesem neuen, von allen Leuten seiner Umgebung gebilligten Leben und brachte jene mahnende Stimme in seinem Innern, die von ihm etwas anderes verlangte, ganz und gar zum Schweigen. Der Anfang dieser Wandlung fiel mit seiner Übersiedelung nach Petersburg zusammen, und sie war beendet, als er in den Kriegsdienst eintrat.

      14

      Der Beweggrund, weshalb Nechljudow diesmal seine Tanten besuchte, war zunächst der, daß das Gut der Tanten auf dem Wege lag, der ihn zu seinem auf dem Kriegsschauplatz befindlichen Regiment führte; dann hatten sie ihn auch sehr darum gebeten, sie zu besuchen – hauptsächlich aber wollte er wieder einmal Katjuscha sehen. Vielleicht hegte er in der Tiefe seiner Seele bezüglich Katjuschas schon gewisse böse Absichten, die ihm sein nun ganz entfesseltes animalisches Ich zuflüsterte, doch war er sich dieser Absichten nicht bewußt, sondern wollte einfach wieder einmal an jenen Stätten weilen, an denen er sich so wohl gefühlt hatte, wollte dort die Tanten wiedersehen, die ihn stets mit einer Atmosphäre der Zärtlichkeit und des liebevollen Entzückens umgeben hatten, und wollte auch die liebe kleine Katjuscha wieder begrüßen, von der er eine so angenehme Erinnerung bewahrt hatte.

      Gegen Ende März kam er an, gerade am Gründonnerstag, bei strömendem Regen, der alle Wege aufgeweicht hatte, ganz durchnäßt und erfroren, doch dabei frisch und munter, wie er sich stets um diese Jahreszeit fühlte. »Ob sie wohl noch bei ihnen sein mag?« dachte er, als er in den ihm wohlbekannten, von einer Ziegelmauer umgebenen, ganz mit dem von den Dächern herabgerutschten weichen Schnee angefüllten Gutshof der Tanten einlenkte. Er hatte erwartet, daß sie ihm entgegeneilen würde, sobald die Schellen seines Schlittens ertönten, doch erschienen nur zwei barfüßige Weiber, die offenbar die Fußböden scheuerten, mit hochgeschürzten Röcken und Eimern auf der Hintertreppe des Hauses. Katjuscha zeigte sich nicht, weder dort noch auf der vorderen Treppe; nur der Lakai Tichon erschien – er hatte eine Schürze vorgebunden und war anscheinend gleichfalls beim Reinemachen. Im Vorzimmer empfing ihn Sofia Iwanowna, in der Haube und im seidenen Kleide.

      »Wie lieb, daß du gekommen bist!« sagte Sofia Iwanowna, ihn mit einem Kuss begrüßend. »Tante Maria ist leider nicht auf dem Posten, sie hatte in der Kirche einen Schwächeanfall. Wir waren zum Abendmahl.«

      »Seien Sie mir herzlich gegrüßt, Tante Sonja,« sagte Nechljudow und küßte Sofia Iwanowna die Hand; »ich habe Sie ganz naß gemacht, verzeihen Sie nur!«

      »Tut nichts, geh nur gleich nach deinem Zimmer. Du bist ja ganz durchnäßt! Und einen Schnurrbart hast du schon ... Katjuscha! Katjuscha! Nur rasch Kaffee für den jungen Herrn!«

      »Sofort!« ließ eine bekannte, trauliche Stimme sich vom Korridor her vernehmen.

      Nechljudow fühlte, wie sein Herz freudig erbebte. »Sie ist also da!« Es war ihm, als ob plötzlich die Sonne hinter düsterem Gewölk hervorschaute, und er ging fröhlich mit Tichon nach seinem alten Zimmer, um seine Kleider zu wechseln.

      Nechljudow hatte wohl Lust, Tichon über Katjuscha auszufragen – was sie treibe, wie es ihr gehe, ob sie nicht heiraten wolle. Aber Tichon machte ein so gestrenges, ehrbares Gesicht und bestand so energisch darauf, ihm das Wasser aus dem Krug auf die Hände zu gießen, daß Nechljudow es nicht wagte, ihn nach Katjuscha zu fragen und sich nur nach seinen Enkeln, nach dem Hengst »Brüderchen« und nach dem Hofhund Polkan erkundigte ... Alle waren wohl und munter, bis auf Polkan, der im Jahre vorher toll geworden war.

      Nechljudow hatte die nassen Kleider ausgezogen und begann eben statt ihrer trockene Kleider anzuziehen, als er rasche Schritte und gleich darauf ein Klopfen an der Tür vernahm. So schritt und so klopfte nur sie.

      Er hing seinen nassen Mantel um und ging nach der Tür.

      »Herein!«

      Ja, sie war es, Katjuscha. Ganz dieselbe war sie – nur noch hübscher als früher. Ganz ebenso schauten ihn lächelnd ihre naiven, ein klein wenig schielenden schwarzen Augen an. Wie früher, trug sie auch jetzt die saubere weiße Schürze. Sie brachte ein Stück wohlriechende Seife, das die Tanten eben erst aus dem Karton genommen hatten, und zwei Handtücher: ein großes leinenes und ein raues Frottiertuch. Das noch ungebrauchte Stück Seife mit der vorspringenden Prägung, und die beiden Handtücher, und Katjuscha selbst – alles das war so gleichmäßig rein und frisch, so unberührt, so sympathisch. Ihre lieben, vollen roten Lippen verzogen sich bei seinem Anblick ebenso wie früher vor lauter Freude.

      »Seien Sie willkommen, Dmitrij Iwanowitsch!« brachte sie mühsam hervor, während helle Röte ihr Gesicht bedeckte.

      »Sei gegrüßt ... seien Sie mir gegrüßt,« sagte er, im Ungewissen darüber, wie er sie anreden sollte, und ebenso jäh errötend wie sie. »Wie geht's? Gesund und munter?«

      »Ja, Gott sei Dank ... Die Tante schickt Ihnen hier ein Stück Rosenseife, die Sie so gern haben,« sagte sie und legte die Seife auf den Tisch und die Handtücher auf die Sessellehnen.

      »Der junge Herr hat seine eigene Seife,« bemerkte Tichon, in der guten Absicht, für die Selbständigkeit des Gastes einzutreten, und zeigte mit Stolz auf das offene, silberbeschlagene Reisenecessaire Nechljudows, das ein ganzes Arsenal von Flacons, Bürsten, Schnurrbartpomaden, Parfüms und sonstigen Toilettenartikeln enthielt.

      »Ich lasse Tantchen bestens danken. Wie froh bin ich doch, daß ich hergekommen bin,« sagte Nechljudow, der deutlich fühlte, daß die alte, freudige, herzliche Stimmung wieder in seiner Seele Einkehr hielt.

      Sie lächelte nur in Erwiderung dieser Worte und ging hinaus.

      Die Tanten, die stets eine besondere Zuneigung für Nechljudow gehabt hatten, empfingen ihn diesmal noch freudiger als sonst. Dmitrij zog in den Krieg, er konnte verwundet, konnte getötet werden. Das rührte die guten Tanten.

      Nechljudow hatte seinen Reiseplan so eingerichtet, daß er bei den Tanten СКАЧАТЬ