Название: Raumfahrt - wohin und wozu
Автор: Thomas Ahrendt
Издательство: Bookwire
Жанр: Социология
isbn: 9783752970821
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Human Engineering beinhaltet aber auch den Einbau von Prothesen und Implantaten, Bewusstseinstransfer usw. und wird unter anderem relevant, wenn sich Menschen in andere Umwelten begeben und diese entweder an sich oder - umgekehrt - sich den dortigen spezifischen Bedingungen, wie andere Schwerkraft, Druck, Zusammensetzung und Temperatur der Atmosphäre oder dem Vakuum anpassen; eventuell werden sich auch Human Engineering und Terraforming irgendwo in der Mitte treffen?
Die Umstellung des Menschen auf fremde Lebensbedingungen wird die zweite wichtige Rolle für hochtechnische Verfahren der Humanbiologie sein. Durch biologische und technologische Eingriffe werden sie an das Leben auf fremden Himmelskörpern angepasst, deren Umwelten sich stark von der Erde unterscheiden oder an ungewohnte irdische Lebensbedingungen, etwa an Unterwasserwelten, Wüsten oder Polarregionen.
Wählen künftige Marsmenschen die Pantropie, würden sie sich durch Operationen und künstliche Organe an den Mars anpassen, was etwa so aussehen könnte: ein Tornistercomputer, der direkt mit dem Gehirn über eine entsprechende Schnittstelle verbunden ist, große, dünne schwarze Flügel mit Solarzellen, eine dicke, isolierende Haut, Facettenaugen für UV- und IR-Licht, ein künstliches Herz und künstliche Lungen sowie das Fehlen äußerer Geschlechtsteile.
Bioengineering könnte durch Nanomedizin eine enorme Erweiterung erfahren:
In den Blutkreislauf injiziert, können Nanomaschinen Gifte oder infektiöse (Sub)Organismen aufspüren und zerlegen; selbst genetische Defekte könnten durch sie behoben werden. Eine Funktion dieses Bioengineering ist also die Korrektur genetischer Defekte, eine weitere sind Erbgutveränderungen, also der Einbau neuer oder modifizierter Gene und damit die Veränderung menschlichen Designs, um sich beispielsweise an fremde Umwelten anzupassen. Dadurch wird die menschliche Evolution zielgerichtet - was sie vorher nicht war!
Im Gegensatz zur Pantropie ist Terraforming ein langwieriger Prozess - jedenfalls ohne Nanotechnologie. Pantropie ließe sich dort anwenden, wo kein Terraforming oder ähnliches möglich ist. Es wäre sogar möglich, dass durch Pantropie eine Symbiose zwischen Astronaut und Raumschiff entsteht oder dass Astronauten durch diesen Prozess sogar selbst zu Raumschiffen werden. Die Zukunft wird zeigen, ob sich Pantropie oder Terraforming durchsetzen wird.
Weltraumkolonien - Städte im All
Mal angenommen, unsere Zivilisation strebt keine Selbstkontinenz und keine „Suffizienzstrategie“ an und dehnt ihre "Grenzen" doch über die Erde hinaus. Wären dann Mond, Mars und andere Planeten und Monde der optimale Ort zur Errichtung einer "menschlichen" Siedlung? Vielleicht ja, vielleicht nein, dagegen scheint jedenfalls zu sprechen, dass kein Planet, kein Mond ideale Bedingungen besitzt, was Schwerkraft, Atmosphäre, Sonneneinstrahlung oder Tageslänge u.v.a.m. angeht. Also wäre die logische Konsequenz, selbst einen künstlichen "Planeten" herzustellen etwa in Form eines Zylinders oder eines Reifens - eine künstliche Welt, deren Umwelt noch besser als die Erde ist: ohne Ozonloch, Vulkane, Impakte, Tsunamis, Klimakatastrophen.
Diese künstlichen Habitate müssen nicht eng und düster sein, sondern können im Gegenteil viele Kubikkilometer groß sein und eine geringere Schwerkraft als die Erde haben.
Durch die Weltraumindustrialisierung - etwa im Zusammenhang mit dem Bau von Energiesatelliten, Umlenkspiegeln und künstlichen Weltraumhabitaten - werden viele Menschen zu Astronauten, Kosmonauten usw. Wahrscheinlich werden im Laufe der Zeit deshalb ganze Städte im All entstehen, die langfristig ihre eigenen, von der Erde unabhängigen Kulturen entwickeln werden; was für die Menschen auf der Erde geistige Anregungen, neuartige Güter und Ferienmöglichkeiten, sowie unvorstellbare medizinische Chancen bedeuten wird. (Denken Sie langfristig. Aber vielleicht kommt durch die "technologische Singularität" alles noch viel schneller und sowieso ganz anders?)
Man muss diese Städte keinesfalls mit Material von der Erde bauen, viel besser wäre eine Mondschleuder, die Mondmaterial in den Weltraum wirft - natürlich müssen Richtung und Geschwindigkeit stimmen. Möglicherweise werden auch kleine Planetoiden mittels Nuklearexplosionen in Erdumlaufbahnen befördert oder dort abgebautes Material wird zur Erde geschleudert. Ein ausgehöhlter Planetoid könnte auch die Hülle einer Stadt oder eines Raumschiffs bilden und durch Rotation eine Pseudoschwerkraft erzeugen.
Möglicherweise werden in EML5 Weltraumkolonien errichtet, weil dort brauchbare, fast periodische Bahnen um EML5 existieren, die Sonne praktisch ewig strahlt und die Strahlungsumwelt dem freien Weltraum entspricht. Der Geschwindigkeitsbedarf von der Erde bis zu EML5 beträgt 13 km/s; vom Mond bis EML5 dagegen nur 2,5 km/s. Eine kleine Prototypenstation könnte z.B. für 1000 Menschen ausgelegt sein, 1/4 davon sind Kinder. Die Atmosphäre würde zu je 50% aus Sauerstoff und Stickstoff bestehen und 0,4 bar haben. Die Temperatur könnte 22º C betragen und die Luftfeuchtigkeit 60%.
Das Material käme zu 99% vom Mond, das heißt 1,5 Megatonnen bis 2 Megatonnen Mondmaterial werden mit elektromagnetischen Schleudern zu EML2 geworfen, dort aufgefangen und nach EML5 gebracht; dort entstehen durch dessen Aufarbeitung 200 Kilotonnen Stahl, 170 Kilotonnen Sauerstoff für Luft und Raketenmotoren, fast 100 Kilotonnen Silizium für die Fotozellen und gut 1 Megatonne Schlacke als Strahlungsschutz; das ergibt also insgesamt eine Wandstärke von 5 t/m², neben einigen anderen Materialien.
Nur 2,5 Kilotonnen an Legierungsstoffen (Kohlenstoff, Molybdän, Nickel) kommen von der Erde. Der Stickstoffbedarf ließe sich verringern durch ein lichtdurchlässiges Dach gut 50 m über dem Wohnboden. In dieser "Kleinstadt" müssen 30000 bis 100000 m² für die Ernährung der 1000 Siedler verwendet werden; das macht 15 - 50% der Innenfläche aus. Der Wohnbedarf verringert sich auf ca. 10000 m², wenn mehrstöckig gebaut wird. Dann bleibt genug Platz für Wege, Parks und Industrie.
Die Gesamtanlage zum Bau der Station hat 11 Kilotonnen Masse und benötigt 60,3 Megawatt (elektrisch) Leistung, die Zahl astronautischer Bauarbeiter steigt von 50 auf 160, die jeweils 3 Monate dort bleiben. Ist eine Station fertig, wird die Baustation wegbewegt, um mit einer neuen zu beginnen. Der Bau einer solchen Weltraumstadt macht eine große lunare Aktivität erforderlich: anfangs bleiben 100, dann 200 Mann (und Frauen) je 6 Monate auf dem Mond. Zum Mond werden 10,7 Kilotonnen Nutzlast transportiert: Mondschleuder, Energieversorgung (solar und/oder nuklear), Mondabbaumaschinen (Teleroboter?), Wohnstätten usw.
Die Mondarbeiter könnten sehr bald von einer Weltraumstadt kommen, statt von der Erde...
Noch einige Worte zu dem Fangtrichter in EML2: er hat etwa 100 m Öffnungsdurchmesser, wiegt anfangs 6,2 Kilotonnen, die sich aus 1,1 Kilotonnen für das (solar-)elektrische Kraftwerk mit rund 35 MW Leistung und knapp 5 Kilotonnen Auswurfmaterial zusammensetzten, das heißt aufgearbeitete Mondgesteinsreste für seinen Schleuder-Raketenantrieb, der eine Strahlgeschwindigkeit von fast 4 km/s bei einem Höchstschub von 1,4 t erreichen soll. Durch immer neu eintreffendes Mondmaterial "wiegt" er nach einem Monat 107 Kilotonnen; jetzt bringt er seine Ladung von über 100 Kilotonnen nach EML5 und ein neuer Fänger nimmt seinen Platz ein. Nach 20 Flügen, also 20 Monaten, sind die erforderlichen 2 Megatonnen Mondmaterial angesammelt.
Auch wenn es noch keine derartigen O'Neill-Stationen gibt, sind sie für die Zukunft СКАЧАТЬ