Nach Amerika! Bd. 1. Gerstäcker Friedrich
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Название: Nach Amerika! Bd. 1

Автор: Gerstäcker Friedrich

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783753136301

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СКАЧАТЬ helfen, auf mich macht der Mensch immer einen fatalen Eindruck.»

       «Wie – wie befehlen Sie, meine Gnädige?» fragte der junge Henkel etwas zerstreut ; Sophie bog sich in diesem Augenblick zu ihm nieder und flüsterte ihm ein paar Worte zu.

       «Er kann ja doch nichts für seine Gebrechen», nahm Clara aber die Antwort auf, «und tut gewiß alles, was in seinen Kräften steht, sie eben durch gutes Betragen vergessen zu machen.»

       «Papa, ich würde das Geld auch nicht so offen in dem Sekretär da liegen lassen», sagte Sophie.

       «Nicht so offen ? – Ich habe ja zugeschlossen !»

       «Nun, es ist immer nicht gerade gut, wenn die Dienstleute wissen, wo man Geld liegen hat», stimmte die Mutter bei.

       «Dienstleute?» meinte Herr Dollinger. «Es war ja niemand von ihnen im Zimmer!»

       «Doch, Loßenwerder!»

       «Bah», lachte der Kaufmann, mit dem Kopf schüttelnd.

       «Ist es denn viel?» frug seine Frau.

       «Nun, der Mühe wert wär’s immer», sagte Herr Dollinger. «Fünftausend Taler etwa – es soll aber auch nicht über Nacht da liegen bleiben, und Loßenwerder hat mir auf heut Abend den Kassierer zu bestellen, das Geld an einen sicheren Platz zu legen, bis ich morgen darüber verfügt habe.»

       «Der Loßenwerder verwandte keinen Blick von dem Geld, so lange er im Zimmer war», sagte die Mutter, mit dem Finger vor sich hindrohend.

       «Lieber Gott, Mütterchen, Du weißt ja aber doch, daß er schielt», verteidigte ihn lachend Clara. «Ebenso fest und unverwandt hat er mich indessen mit dem anderen Auge angesehen. Seine Schuld ist’s nicht, daß er zwei Stellen auf einmal im Auge behalten muß.»

       «Laßt mir den armen Teufel zufrieden», sagte aber auch Herr Dollinger, «der ist mir nützlicher wie zwei von meinen anderen Leuten ; mehr zum Nutzen wie zum Staat freilich, aber Staat will er auch nicht machen. Jetzt, Kinder, wird es übrigens Zeit, daß wir uns rüsten, und Henkel, Sie müssen noch Ihr Pferd holen lassen.»

       «Ich habe es schon, in der Voraussetzung, daß wir bei dem schönen Wetter doch wohl eine kleine Partie machen würden, hierher bestellt», erwiderte rasch der junge Mann. «Wünschen Sie den Wagen jetzt?»

       «Ich glaube ja; je eher, desto besser. Die Tage sind kurz, und wenn wir noch eine Stunde oder zwei fahren wollen, dürfen wir nicht viel länger warten.»

       «Aber Ihr Mädchen möchtet Euch ein wenig warm einpacken», sagte jetzt die Mutter, alles andere in dem Gedanken an ihre Toilette vergessend. «Zum still im Wagen sitzen wird es kühl werden.»

       «Und nicht so lange machen», mahnte der Vater, der sich sein Glas noch einmal voll schenkte und leerte. «Der Wagen wird im Augenblick da sein.»

       Der Wagen fuhr auch wirklich kaum zehn Minuten später vor, Herr Dollinger, der nur seinen Hut und Stock aufgenommen, ging, seine Handschuhe anziehend, im Hof auf und nieder, und endlich erschienen, diesmal in wirklich sehr kurzer Zeit, die Damen, ihre Sitze einzunehmen.

       «Nun, wo ist Henkel?» sagte Herr Dollinger, sich nach seinem zukünftigen Schwiegersohn umschauend. «Ich habe sein Pferd auch noch nicht gesehen; jetzt wird uns d e r warten lassen. »

       Die Familie hatte indessen im Wagen Platz genommen, und der alte Herr schaute etwas ungeduldig zum Schlag hinaus, als der junge Henkel zum Tor, aber ohne Pferd, hereinkam.

       «Nun? Und Sie sitzen noch nicht im Sattel?» rief er ihm schon von Weitem entgegen. «Das ist eine schöne Geschichte. Jetzt dürfen wir den Frauen nie im Leben wieder vorwerfen, daß sie uns warten lassen.»

       «Ich muß tausendmal um Entschuldigung bitten», sagte der junge Mann, zum Wagen hinantretend, «aber mein Stallmeister hat mich sitzen lassen. Wenn Sie mir erlauben, schicke ich einen der Leute danach, oder gehe selber, es ist nicht weit von hier. Aber tun Sie mir die Liebe und fahren Sie langsam voraus, ich hole Sie in Zeit von zehn Minuten ein.»

       «Wir können ja hier warten», sagte die Mutter.

       «Ja, wenn die Pferde stehen wollten», brummte Herr Dollinger. «Zieh nicht so fest in die Zügel, Johann, das Handpferd kann das nicht vertragen und wird nur noch immer unruhiger. Wir wollen langsam vorausfahren, machen Sie aber, daß Sie nachkommen; auf dem Balkon vom Roten Drachen trinken wir Kaffee, dort ist eine wundervolle Aussicht, der Stalljunge mag hinüberlaufen und Ihnen das Pferd holen.»

       Die Pferde zogen in diesem Augenblick an, Henkel mußte aus dem Weg springen und verbeugte sich leicht gegen die Damen, von denen ihm Clara freundlich lächelnd zunickte.

       Eine starke Viertelstunde später sprengte der junge ,Amerikaner’, seinem Tier die Sporen gebend, daß es Funken und Kies hintenaus stob, über das Pflaster, zum Entsetzen der Fußgänger dahin, dem Wagen nach, den er nur erst eine kurze Strecke vor dem bezeichneten Platz wieder einholte. Im Stall wollte niemand etwas davon gewußt haben, daß er sein Pferd bestellt gehabt, einer schob die Vergessenheit natürlich auf den anderen, und Dollingers Stallknecht mußte die Leute sogar erst zusammensuchen, bis er das Pferd bekam; deshalb hatte es so lange gedauert. Als er mit demselben zurückkehrte, ging der junge Mann in dem kleinen, dicht am Haus liegenden Garten auf und ab, sprang aber dann, dem Burschen ein Trinkgeld zuwerfend und dessen Entschuldigung nur halb hörend, rasch in den Sattel und flog, wie vorher erwähnt, in vollem Carrière6 die Straße nieder.

       Er hatte den Hof kaum verlassen, als Loßenwerder, einen großen, wunderschön blühenden Monatsrosenstock unter dem Arm, vorsichtig und wie scheu, daß ihn niemand gewahre, über den Hof und in die Hintertür des Hauses schlich, und sich leise und geräuschlos die Treppe damit hinaufstahl. Er blieb etwa zehn Minuten im Haus und wollte dann aus derselben Tür wieder über den Hof zurück, als der Stallknecht aus der Futterkammer kam. Unschlüssig blieb der kleine Mann eine kurze Zeit hinter der Tür stehen, und schlich sich dann, als der Bursche den Platz nicht verlassen wollte, vorn zur Haustür hinaus auf die Straße, den Weg nach seiner Wohnung einschlagend.

      Zweites Kapitel

      Der Rote Drachen.

       Der Rote Drachen, ein Wirtshaus, das wegen seines vortrefflichen Bieres, wie sonst mancher schätzenswerten Eigenschaften einen sehr guten Namen hatte, lag etwa eine halbe Stunde von Heilingen an der großen Landstraße, die gen Norden führte. Ein freundlicher Talgrund umschloß Haus und Garten, und die dunklen, den Gipfel des nächsten Hanges krönenden Nadelhölzer heben nur noch mehr das freundliche Grün der jungen Birken und Weißeichen hervor, die sich über die niedere Abdachung erstreckten und bis scharf heran an den hoch eingefriedeten und sorgfältig in Ordnung gehaltenen Frucht-, Gemüse- und Blumengarten des Hauses selber lehnten.

       Es war ein warmer, sonniger Frühlingsnachmittag; der Bach, der am Hause dicht vorbeirieselte, plätscherte und schäumte in frischem, jugendlichen Übermut, des Eises Hülle, die ihn so lange gefangen gehalten, oder doch fest und ängstlich eingeklemmt, nun endlich einmal enthoben zu sein, und die Vögel zwitscherten so froh und munter in den Zweigen der alten knorrigen Linde, die unfern der Tür stand, und flatterten und suchten herüber und hinüber, aus den blühenden Obstbäumen fort über den Hof und von dem Hof wieder fort in den dichtversteckten Ast und Zweig hinein, mit einem gefundenen Strohhalm oder einer erbeuteten Feder im Schnabel, daß einem das Herz ordentlich aufging über das rege, glückliche Leben. Und wie blau spannte СКАЧАТЬ