Название: Gold!
Автор: Gerstäcker Friedrich
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783753136295
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Auf der Plaza nahm indessen das geschäftige Leben, trotzdem daß die Sonne sich mehr und- mehr dem Horizont neigte und ihre rothe Scheibe schon hinter dem Rand der Küstenberge verschwand, noch nicht ab. Von allen Seiten wogten die Menschen herüber, und hinüber, und schwergeladene Karren kamen ununterbrochen vom Ufer herauf, gelandete Passagiergüter in die verschiedenen Kosthäuser - oder vielmehr Kostzelte - abzuliefern. Die Einwanderung war gerade in dieser Zeit außerordentlich beträchtlich, denn die ersten glänzenden Nachrichten von der Entdeckung uud dem Reichthum der Goldfelder hatten draußen in der Welt gewirkt, und von allen Welttheilen zugleich kamen die Abenteurer herbeigeströmt, jene fabelhaften, in ihrer Einbildungskraft noch verhundertfachten Schätze auszubeuten. Zehn bis zwölf Schiffe an einem Tage waren etwas ganz Gewöhnliches, und verhinderte der Wind manchmal die Fahrzeuge einzulaufen, so überstieg ihre Zahl, sobald er sich wieder günstig drehte, gar nicht selten zwanzig. Die große Mehrzahl von all' den Passagieren, die sie mitbrachten, sahen aber San Francisco nur eben als ersten Landungsplatz an, in dem sie sich keine bleibende Stätte suchen wollten. Ihnen waren die Berge das Ziel, das sie so rasch als möglich zu erreichen strebten, und sie hätten vielleicht nicht einmal die erste Nacht in einem Kosthause geschlafen, vor dessen hohen Preisen sie sich fürchteten, /70/ wäre ihnen nicht das eigene Gepäck im Wege gewesen. - Aber wohin mit dem? - ihre Koffer und Kasten konnten sie nicht mit in die Minen schleppen, und sie mußten wegen deren jetzt schon suchen irgendwo ein Unterkommen zu finden. So waren die meisten Passagiere der Leontine den ganzen Nachmittag herumgelaufen, um eine sichere Niederlage für ihr Gepäck aufzutreiben, aber ohne Erfolg. Die Wirthe erklärten sich allerdings bereit, das Gepäck in Verwahrung zu behalten, - aber einstehen konnten sie nicht dafür - ihm nicht einmal mehr Schutz gegen Regen geben, als das etwas zweifelhafte Zeltdach gewährte. Die Lagermiethe betrug nichtsdestoweniger einen Dollar für einen Koffer per Monat, und zwei Dollar für eine Kiste.
Aber das half nichts, - hatten sich die Leute daheim, Tausende von Meilen entfernt, von Freunden und Verwandten, von Allem losgerissen, an dem ihr Herz hing, so konnten sie sich hier nicht von einem Koffer oder einer Kiste festhalten lassen. In irgend einen ihnen angewiesenen Verschlag von Leinen oder Brettern wurden deshalb die verschiedenen Colli hineingeschleppt; der Wirth stellte einen Zettel aus, daß er das und das Stück erhalten, „aber weiter nicht dafür hafte", und fort zogen die Goldlustigen in die Minen - selbst ohne Abschied von ihrem Gepäck zu nehmen - und doch, in wie wenig Fällen sahen sie es wieder.
„Fort in die Minen!" hieß der allgemeine Ruf, und die wenigen in San Francisco damals noch erscheinenden Zeitungen steigerten die Hast mit jedem Tage durch immer neue, immer fabelhaftere Berichte frisch entdeckter Schätze. Jede Stunde, die die „Goldwäscher" noch hier ausharren mußten, hielten sie für verloren, und in rastloser Ungeduld durchstreiften sie die Stadt, als ob sie mit dem Umherwandern die Zeit selber betrügen könnten. Gerade diese Tausende aber, die solcher Art ohne Beschäftigung in San Francisco lagen und am nächsten Tage wieder großen Theils von Anderen ersetzt wurden, füllten die zahlreichen Spielsäle, von denen es schon eine enorme Anzahl in der Stadt gab. Einmal konnten sie dort am besten ihre Zeit verkürzen, da es die einzigen Plätze waren, auf denen man sich zusammenfand, und dann blieb es zu¬/71/gleich ein Beginn des Goldlandes, - ein Probirstein, wie günstig ihnen das Glück in den Minen sein würde. „Jedenfalls," hieß es, „müsse man Fortunen einmal die Thür öffnen und ihr Gelegenheit geben herein zu kommen," und fünfzehn bis zwanzig - ja auch wohl mehr Dollar - opferte fast Jeder auf den Tischen. Daß dort falsch gespielt wurde, fiel ihnen natürlich nicht ein. Die Leute sahen so ehrlich aus, - das Spiel selber ging einen so geregelten Gang, ein Betrug konnte ja da kaum vorkommen - und doch verschwand ihr Geld. „Es hat nicht sein sollen," trösteten sie sich dann, und wohl ihnen, wenn sie es damit aufgaben.
5.
Ein Abend in San Francisco.
Die Nacht brach an, und wie sich in jenen Ländern gleich nach Sonnenuntergang die Dunkelheit rasch und fast plötzlich auf die Erde legt, so unterbrach sie auch hier das geschäftige Treiben der Menge. Die Karren verschwanden; die Lastträger, die, meist mit ihrem eigenen Gepäck, durch die Straßen gekeucht waren, brachten ihre Bürden unter, so gut das in der Eile ging, und die hell erleuchteten Spielsalons der Plaza sandten jetzt ihren vollen strahlenden Glanz durch die geöffneten Thüren aus in's Freie. Lockten sie mit diesem doch jetzt mehr Menschen heran, als in dem Hhellen Tageslicht, wo die Meisten überdies andere Beschäftigung hatten. Jetzt war fast Jeder frei, und in die zurückgeschlagenen Zelte und geöffneten Pforten strömten Schaaren von Menschen.
Das Parkerhaus, das zu jener Zeit den geräumigsten und bestdecorirten Saal aufwies, strahlte besonders in heller, lichter Pracht, und um sämmtliche Spieltische - deren jeder einzelne einen enormen Pacht zahlen mußte - drängten sich /72/ Leute, und hier galt weder Rang noch Stand - nur Gold.
Wieder kreischten dazu oben auf dem Orchester die Violinen, schmetterten die Trompeten und donnerten die Pauken, und durch den weiten, menschengefüllten Saal lief das dumpfe Murmeln der Menge, klang der Laut der springenden Münzen, und tönte manchmal der gellende Jubelschrei eines glücklichen Spielers, oder der lästerliche Fluch eines Verlierenden. Zuweilen knallte auch ein Champagnerpfropf dazwischen - leicht gewonnenes Geld mußte auch leicht vergeudet werden - und die Gläser der Zechenden klirrten zusammen. Aber den Gang des Spiels konnte das nicht unterbrechen, und den alten abgefeimten Spielern war das sogar ein angenehmer Ton. Die Leute, die dort ihr Geld verpraßten, glaubten, sie hätten es gewonnen, und doch war es nur geborgt, denn in einer Stunde brachten sie es, den Feuerwein in ihren Adern, gewiß mit Zins und Zinses zins an die Bank zurück.
Mitten durch diese Tische, weder das Spiel noch den Saal selber weiter eines Blickes würdigend, drängte sich ein Mann, und schon die Hast, mit der er es that, fiel hier um so mehr auf, da Niemand Eile hatte. Man war hier eben hereingekommen den Abend zu verbringen, und Schritt für Schritt alle Augenblicke an einer oder der anderen Stelle Halt machend, wogte der Menschenschwarm auf und ab im Saal. Wer da schneller vorwärts wollte als die Uebrigen, mußte natürlich die ganze Ordnung stören.
„Hallo," brummte ein Mann in einer blauen Blouse, den der Eilige etwas derb zur Seite geschoben hatte, indem er sich mehr erstaunt als ärgerlich nach ihm umsah - „na, Du wirst Dein Geld doch in diesem verbrannten Neste noch früh genug los werden, daß Du in solcher Hast danach rennst. Was der Narr läuft!"
„Hat sich gewiß neuen Baarvorrath geholt," lachte ein Anderer - ein Bursche, der einem Strauchdieb weit ähnlicher sah als einem ehrlichen Menschen - „wenn er zurückkommt, geht er langsamer - er ist noch grün."
„Je früher sie ihm dann die Flaumfedern ausrupfen, desto /73/ bester," sagte der in der Blouse, und drehte sich wieder einem der nächsten Tische zu, das Spiel zu beobachten.
Der Fremde hörte wahrscheinlich diese Bemerkungen gar nicht, oder, wenn so, achtete er ihrer nicht, denn unaufhaltsam drängte er vorwärts, und sein ängstlich dabei umherschweifender Blick schien irgend Jemanden im Saale zu suchen.
„Hier, Sir - hier ist der Platz, Ihre Taschen voll Gold zu gewinnen!" rief ihn wohl hier und da einmal ein gerade nicht beschäftigter Spieler von einem oder dem andern Tische an, konnte ihn aber nicht aufhalten, bis er plötzlich den, den er suchte, an einer Säule lehnend entdeckte und sich nun rasch zu ihm hinarbeitete.
„Siftly!" rief СКАЧАТЬ