Название: Limit up - Sieben Jahre schwerelos
Автор: Uwe Woitzig
Издательство: Bookwire
Жанр: Изобразительное искусство, фотография
isbn: 9783738003406
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Aber ich hatte den Flug nach New York auch gebucht, um dem „Big Apple“ endgültig Adieu zu sagen. Am Abend nach meiner Ankunft in Manhattan stand ich gedankenverloren am Fenster meiner Suite des Waldorf Astoria und starrte in den regenverhangenen New Yorker Nachthimmel, der von den unzähligen Lichtern der Metropole fast taghell erleuchtet wurde. Niemand hatte mich wie früher mit einer dunklen Stretch-Limousine am JFK-Airport abgeholt und mich während der Fahrt mit humorvollen Stories und Sprüchen unterhalten. Erst jetzt wurde mir so richtig bewusst, was Clints Tod für meine Beziehung zu der „Stadt, die niemals schläft“ bedeutete. Wehmütig dachte ich daran zurück, welche Ereignisse dazu führten, dass wir uns kennenlernten …
Unsere vier ersten Geschäftsjahre in München hatten uns viel Geld in unsere Kassen gespült. Wir waren mit unserer Investment-Firma ins Nobelviertel Bogenhausen in ein 1400 qm großes Bürohaus umgezogen, das wir komplett angemietet hatten. Unsere modifizierte Anlagestrategie war sehr erfolgreich gewesen und hatte uns viele zufriedene Kunden gebracht, die uns alle weiter empfahlen. Wir brauchten nie eine Anzeige zu schalten oder eine Werbekampagne zu starten. Die Kunden gaben sich die Klinke in die Hand, weil wir zu dem Geheimtipp der Stadt für erfolgreiche Geldanlagen geworden waren. Wir hatten so viel verdient, dass wir uns die Mehrheitsanteile einer renommierten Privatbank leisten konnten. Der Erwerb der Bank war äußerst hilfreich gewesen, um das Vertrauen neuer Kunden zu gewinnen. Mein Partner, der ein genialer Verkäufer war, nutzte beide Tatsachen weidlich aus und das Geld floss in Strömen auf unsere Konten.
Aber noch wickelten wir unsere Börsentransaktionen über ein in München ansässiges Brokerhaus ab, sodass uns einige Interessenten als Dépendance davon ansahen. Sie zogen es vor, ihr Geld lieber direkt vom scheinbaren Mutterhaus verwalten zu lassen und wir verloren sie als Kunden.
Es störte mich gewaltig, dass die renommierte US-Investmentbank von unserer Leistung profitierte. Ich wollte ein eigenes Brokerhaus mit besseren Konditionen als ihre besitzen. Dazu ließ ich meinen Prokuristen sogenannte Discount-Broker in New York heraussuchen und für mich mit ihnen Termine vereinbaren, um mit ihnen über eine mögliche Partnerschaft zu verhandeln. Da ich gerne das Angenehme mit dem Nützlichen verbinde, flog ich statt direkt nach New York erst eine Woche auf die französischen Antillen nach Gouadeloupe, um mir karibisches Flair um die Nase wehen zu lassen. Die Insel gefiel mir so gut, dass ich mit einem gemieteten Jeep jeden Tag Ausflüge zu neuen Stränden oder in den Urwald der anderen Hälfte machte. Dabei verfuhr ich mich des Öfteren und lernte die Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Inselbewohner kennen und schätzen.
Mein Flieger erreichte Manhattan in den frühen Abendstunden. Gerade hatte der berühmte spektakuläre Sonnenuntergang begonnen und tauchte den Himmel über der Skyline des „Big Apple“ in ein faszinierendes Farbenfeuerwerk. Wir mussten einige Warteschleifen fliegen, bevor wir in La Guardia landen durften. Ich presste meine Nase an das Bullauge des Fliegers und konnte mich nicht satt sehen an dem überwältigenden Anblick. One of the views of the world.
Die Zollfarmalitäten dauerten und so erreichte ich erst spät am Abend das „Waldorf Astoria“, in dem ich meine Sekretärin ein Einzelzimmer hatte buchen lassen. An der Rezeption der ganz in Dunkelblau gehaltenen Halle mit der mächtigen goldenen Uhr erwartete mich ein freundlich lächelnder Schwarzer in einem gut geschnittenen dunkelgrauen Anzug.
„Where did you get your suntan? “, fragte er mich.
„In the Caribbean“, antwortete ich.
„Where exactly? “, fragte er mit dieser typisch amerikanischen Forschheit nach, die ernsthaftes Interesse vorgaukeln soll.
„Well, I spent a few days on Guadeloupe. “
“What you think of the people of Guadeloupe?” fragte er erneut nach, diesmal aber anscheinend wirklich interessiert.
Also erklärte ich ihm, dass ich die Menschen dort sehr, sehr freundlich, warmherzig und liebenswert erlebt hätte.
Er strahlte mich an.
„By the way, I am from Guadeloupe.“
Er fragte mich, wie lange ich bleiben wollte. Ich antwortete eine Woche. Er sagte, er könnte mir für diese Zeit eine Junior Suite geben. Ich hob bedauernd die Schultern.
„Sorry, but that´s beyond my budget. “
Schon die 100 US-$ für mein Einzelzimmer – der Kurs des Dollars war gerade auf 3,20 DM geklettert – fand ich astronomisch.
„No Sir, I can give you the Suite for the price of a single room. Is that ok?“
Ich war fassungslos.
„Sure, thank you so much”, erwiderte ich. Ich konnte es kaum glauben, als er mir seine Karte gab und sagte, wann immer ich in Zukunft nach New York käme, sollte ich bei ihm reservieren. Er würde mir jedes Mal eine Suite für den Einzelzimmerpreis geben.
Wenig später saß ich in den für mich am elegantesten möblierten Räumen, in denen ich jemals gewesen war. Auf dem antiken Mahagonitisch stand ein perfekt zubereiteter und fein dekorierter Hamburger mit wunderbar knusprigen French Fries, den ich mir vom Roomservice hatte bringen lassen. Während ich genüsslich kauend mein Mahl vertilgte, ließ ich meinen Blick vom 76. Stock des Waldorf über die Lichter der Stadt gleiten, die angeblich niemals schläft.
Nicht nur das wunderbare Welcome–Geschenk durch den Portier hatte mich inzwischen überzeugt, dass das „meine Stadt“ werden würde. Obwohl alles um mich herum gigantisch, kalt und vollkommen unnatürlich wirkte, fühlte ich mich hier zuhause.
In so einer Umgebung musste es ein ungeheuer spannendes menschliches Potential aller Facetten geben. Der Portier aus Gouadeloupe hatte mir einen ersten Hinweis darauf gegeben.
Auf einmal überliefen mich wohlige Schauern.
Ich witterte Sex und Geld.
Viel Sex.
Viel Geld.
Plötzlich war ich nicht mehr müde. New York hatte offensichtlich eine Energie, die meine verbrauchte wieder auflud. Ich zog mich an, fuhr ins Erdgeschoss hinunter und setzte mich an die Bar. Ein hünenhafter Barkeeper fragte mich, was ich trinken wollte.
„Campari Orange, please“ bestellte ich meinen Lieblingsdrink von Ios. Wenig später stellte er mir ein Glas Campari mit einer Orangenscheibe vor die Nase. Ich erklärte ihm, dass ich eine Mischung von Orangensaft und Campari haben wollte. Er sah mich skeptisch an, brachte mir aber das Gewünschte. Ich ließ ihn probieren. Er fand es fabelhaft.
„I will put it on my drink list. If you allow me I will call it „Joe´s Special“. By the way, my name is Joe. I am from Poland. This drink is on the house. Is it your first time to New York?” fragte er mich.
Ich bejahte und freute mich über mein zweites Willkommens-Präsent.
“Ok, if I may I will give you some recommendations.”
Ich nickte und er erklärte mir, dass hier viele alleinstehende Frauen hereinkämen, die hofften, einen wohlhabenden Mann zu finden. Manche kämen nur wegen schnellem Sex. Er kenne sie fast alle. Er schlage mir vor, wenn interessante Frauen da seien, würde er ihnen einen Drink hinstellen und ihnen sagen, dass ich sie eingeladen hätte.
Alles Weitere sei dann ein Kinderspiel für mich, „cause you´ re a ladies´ man“, wie er anfügte. New York gefiel mir immer besser. Ich trank СКАЧАТЬ