Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen. Ludwig Bechstein
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Название: Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen

Автор: Ludwig Bechstein

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783742749215

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СКАЧАТЬ das Herz fuhr – das war der Lohn ihrer untreuen

       Tat an ihrer blinden Schwester.

       Andere erzählen, es habe das Geschick nur den

       einen Pfeil eines der Brüder dem einen der Brüder in

       das Herz gelenkt, darauf sei der andere zur Buße nach

       dem Heiligen Grabe gepilgert und im Morgenlande

       verstorben. Noch andere haben neue Märlein über

       dies feindliche Brüderpaar ersonnen, denen Kundige

       es auf den ersten Blick ansehen, daß sie früher nie als

       Sagen im Volke lebten.

       98. Die wandelnde Nonne

       Nahe bei Niederlahnstein, am rechten Rheinufer,

       stand einst ein Frauenkloster, Machern, darinnen ging

       es nichts weniger als gottwohlgefällig zu. Es gab Besuche

       von Mönchen aus Nachbarklöstern, gab wüste

       Gelage, Geschrei, auch nächtliche Reigen, und spät

       des Nachts fuhren die Mönche auf raschen Rollwagen

       durch den Hohlweg, einen Bach entlang, nach

       Herchheim und Niederlahnstein zu. Nur eine einzige

       Nonne war fromm und tugendhaft, sie betete viel und

       las die heiligen Geschichten, während ihre Schwestern

       sich im vollen Sinnentaumel aller Weltlust hingaben.

       Da kam einst ein frommer Klausner namens Michael,

       der in einem stillen Tale bei Marienburg hauste, in

       einer Sturmnacht an das Klostertor, als gerade im

       Kloster der Konvent die Lahnsteiner Kirmes feierte,

       wobei es hoch herging und nicht an geliebten Gästen

       fehlte, und begehrte Einlaß, allein die weltlichen Sünderinnen

       fürchteten einen geistlichen Zeugen und ließen

       ihn nicht ein, sie ließen ihn obdachlos und ungelabt

       draußen bleiben. Da verwünschte der fromme

       Mann im zornigen Eifer das ganze Kloster und die

       Nonnen zu Nachteulen und Nachtgespenstern und alle

       die buhlenden Mönche zu Teufelslarven, und am

       Morgen – war das Kloster verschwunden, und öde

       war die Stätte, wo es gestanden. Seitdem vernimmt

       man alljährlich zur Zeit des Lahnsteiner Kirmesfestes

       hinten in der Talschlucht, wo das Kloster stand, Gekreisch

       und Geheul und wilden Spuk, den Schall von

       Buhlliedern und wieder dazwischen fromme Weisen –

       und gewahrt auch wohl grausige Mönchsgespenster

       auf Rollwagen mit feuersprühenden Rädern durch das

       Tal dahinfahren. Die einzige fromme Nonne aber

       wandelt in heiligen Nächten und auch zu jener Kirmeszeit

       ernst und mild an einen verwitterten Bildstock,

       der am Bächlein steht, das aus dem Tale

       kommt, ab und auf und scheint in einem Buche zu

       lesen. Niemand tut sie etwas zuleide, grüßt auch

       wohl, doch ist ihr Anblick vielen schon schreckend

       gewesen.

       Das Kloster Machern aber, das hier der Einsiedel

       Michael mit seiner Verwünschung dem Boden enthob,

       wurde an der Mosel nahe bei Zeltingen wiedergefunden

       und dort mit frommen Insassen bevölkert.

       Vom Klausner Michael aber geht die Sage, daß er

       beim Nahen des Todes Gott angefleht, seinen Leichnam

       nicht unbegraben zu lassen, und siehe, als er

       Todes verblich, da läuteten die Glocken der alten Johanniskirche

       bei Niederlahnstein von selbst, von Engelhänden

       gezogen; da kamen Menschen herbei, erhuben

       des Klausners Hülle und bestatteten sie in des Johanniskirchhofs

       geweihete Erde.

       99. Die Frau von Stein

       Auf dem Schlosse Stein im Nahetale wohnte eine edle

       Herrin des gleichen Namens, die war eine Witwe und

       hatte einen gar mannlichen und ritterlichen Herrn zum

       Gemahl gehabt. Von dem hatte sie vier blühende

       Töchter und zwei Söhne, die hatten auch bereits den

       Ritterschlag empfangen, die vier Töchter aber waren

       alle vermählt, und jeder ihr Gemahl war auch ein Ritter,

       untadelig und wohlgetan. Da gab einstens die edle

       Frau von Stein ihren Söhnen, Eidamen und Töchtern

       ein stattlich Gastmahl, und hatte außer diesen niemand

       dazu geladen, und waren bei Tische alle fröhlich

       und guter Dinge, und da sprach die Frau von

       Stein: Vier biedere Ritter zu Eidamen, zwei biedere

       Ritter zu Söhnen, vier brave blühende Töchter! Und

       eines herrlichen Ritters Witwe! Welche Witwe kann,

       gleich mir, sich solchen Glückes rühmen? Dieser

       Ehren ist allzuviel, deren ich teilhaft worden! – Die

       Söhne, Töchter und Eidame vernahmen der Mutter

       Wort, priesen sie als die glücklichste Witwe des

       Reichs und ließen auf der Mutter Wohl und langes

       Leben die Becher freudig aneinanderklingen. Nach

       einer Weile verließ die Frau von Stein ihren Sitz, als

       wolle sie draußen noch etwas befehlen oder anordnen

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