Название: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Erster Teil
Автор: Gustav Schwab
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums
isbn: 9783742772527
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geteilt!« Prometheus glaubte jetzt erst recht, daß er ihn betrogen, lächelte bei sich selbst und sprach:
»Erlauchter Zeus, größter der ewigen Götter, wähle den Teil, den dir dein Herz im Busen anrät zu
wählen.« Zeus ergrimmte im Herzen, aber geflissentlich faßte er mit beiden Händen das weiße
Unschlitt. Als er es nun auseinandergedrückt und die bloßen Knochen gewahrte, stellte er sich an, als
entdeckte er jetzt eben erst den Betrug, und zornig sprach er: »Ich sehe wohl, Freund Iapetionide,
daß du die Kunst des Truges noch nicht verlernt hast!«
Zeus beschloß, sich an Prometheus für seinen Betrug zu rächen, und versagte den Sterblichen die
letzte Gabe, die sie zur vollendeteren Gesittung bedurften, das Feuer. Doch auch dafür wußte der
schlaue Sohn des Iapetos Rat. Er nahm den langen Stengel des markigen Riesenfenchels, näherte sich
mit ihm dem vorüberfahrenden Sonnenwagen und setzte so den Stengel in glostenden Brand. Mit
diesem Feuerzunder kam er hernieder auf die Erde, und bald loderte der erste Holzstoß gen Himmel.
In innerster Seele schmerzte es den Donnerer, als er den fernhinleuchtenden Glanz des Feuers unter
den Menschen emporsteigen sah. Sofort formte er, da des Feuers Gebrauch den Sterblichen nicht
mehr zu nehmen war, ein neues Übel für sie. Der seiner Kunst wegen berühmte Feuergott
Hephaistos mußte ihm das Scheinbild einer schönen Jungfrau fertigen; Athene selbst, die, auf
Prometheus eifersüchtig, ihm abhold geworden war, warf dem Bild ein weißes, schimmerndes
Gewand über, ließ ihr einen Schleier über das Gesicht wallen, den das Mädchen mit den Händen
geteilt hielt, bekränzte ihr Haupt mit frischen Blumen und umschlang es mit einer goldenen Binde,
die gleichfalls Hephaistos seinem Vater zulieb kunstreich verfertigt und mit bunten Tiergestalten
herrlich verziert hatte. Hermes, der Götterbote, mußte dem holden Gebilde Sprache verleihen und
Aphrodite allen Liebreiz. Also hatte Zeus unter der Gestalt eines Gutes ein blendendes Übel
geschaffen; er nannte das Mägdlein Pandora, das heißt die Allbeschenkte, denn jeder der
Unsterblichen hatte ihr irgendein unheilbringendes Geschenk für die Menschen mitgegeben. Darauf
führte er die Jungfrau hernieder auf die Erde, wo Sterbliche vermischt mit den Göttern
lustwandelten. Alle miteinander bewunderten die unvergleichliche Gestalt. Sie aber schritt zu
Epimetheus, dem argloseren Bruder des Prometheus, ihm das Geschenk des Zeus zu bringen.
Vergebens hatte diesen der Bruder gewarnt, niemals ein Geschenk vom olympischen Herrscher
anzunehmen, damit dem Menschen kein Leid dadurch widerführe, sondern es sofort
zurückzusenden. Epimetheus, dieses Wortes uneingedenk, nahm die schöne Jungfrau mit Freuden
auf und empfand das Übel erst, als er es hatte. Denn bisher lebten die Geschlechter der Menschen,
von seinem Bruder beraten, frei vom Übel, ohne beschwerliche Arbeit, ohne quälende Krankheit. Das
Weib aber trug in den Händen ihr Geschenk, ein großes Gefäß mit einem Deckel versehen. Kaum bei
Epimetheus angekommen, schlug sie den Deckel zurück, und alsbald entflog dem Gefäße eine Schar
von Übeln und verbreitete sich mit Blitzesschnelle über die Erde. Ein einziges Gut war zuunterst in
dem Fasse verborgen, die Hoffnung; aber auf den Rat des Göttervaters warf Pandora den Deckel
wieder zu, ehe sie herausflattern konnte, und verschloß sie für immer in dem Gefäß. Das Elend füllte
inzwischen in allen Gestalten Erde, Luft und Meer. Die Krankheiten irrten bei Tag und bei Nacht unter
den Menschen umher, heimlich und schweigend, denn Zeus hatte ihnen keine Stimme gegeben; eine
Schar von Fiebern hielt die Erde belagert, und der Tod, früher nur langsam die Sterblichen
beschleichend, beflügelte seinen Schritt.
Darauf wandte sich Zeus mit seiner Rache gegen Prometheus. Er übergab den Verbrecher dem
Hephaistos und seinen Dienern, dem Kratos und der Bia (dem Zwang und der Gewalt). Diese mußten
ihn in die skythischen Einöden schleppen und hier, über einem schauderhaften Abgrund, an eine
Felswand des Berges Kaukasus mit unauflöslichen Ketten schmieden. Ungerne vollzog Hephaistos
den Auftrag seines Vaters, er liebte in dem Titanensohne den verwandten Abkömmling seines
Urgroßvaters Uranos, den ebenbürtigen Göttersprößling. Unter mitleidsvollen Worten und von den
roheren Knechten gescholten, ließ er diese das grausame Werk vollbringen. So mußte nun
Prometheus an der freudlosen Klippe hängen, aufrecht, schlaflos, niemals imstande, das müde Knie
zu beugen. »Viele vergebliche Klagen und Seufzer wirst du versenden«, sagte Hephaistos zu ihm,
»denn des Zeus Sinn ist unerbittlich, und alle, die erst seit kurzem die Herrschergewalt an sich
gerissen [Zeus hatte den Kronos (Saturn), seinen Vater, und mit ihm die alten Götterdynastie gestürzt
und sich des Olymps mit Gewalt bemächtigt. Iapetos und Kronos waren Brüder, Prometheus und
Zeus Geschwisterkinder]. , sind hartherzig.« Wirklich sollte auch die Qual des Gefangenen ewig oder
doch dreißigtausend Jahre dauern. Obwohl laut aufseufzend und Winde, Ströme, Quellen und
Meereswellen, die Allmutter Erde und den allschauenden Sonnenkreis zu Zeugen seiner Pein
aufrufend, blieb er doch ungebeugten Sinnes. »Was das Schicksal beschlossen hat«, sprach er, »muß
derjenige tragen, der die unbezwingliche Gewalt der Notwendigkeit einsehen gelernt hat.« Auch ließ
er sich durch keine Drohungen des Zeus bewegen, die dunkle Weissagung, daß dem Götterherrscher
durch einen neuen Ehebund [Mit der Thetis] Verderben und Untergang bevorstehe, näher
auszudeuten. Zeus hielt Wort; er sandte dem Gefesselten einen Adler, der als täglicher Gast an seiner
Leber zehren durfte, die sich, abgeweidet, immer wieder erneuerte. Diese Qual sollte nicht СКАЧАТЬ