Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Zweiter Teil. Gustav Schwab
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Zweiter Teil - Gustav Schwab страница 51

Название: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Zweiter Teil

Автор: Gustav Schwab

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783742772916

isbn:

СКАЧАТЬ lauem Wasser ab, zerrieb eine bittere Heilwurzel zwischen den Fingern und streute sie auf die

       Wunde, bis das Blut ins Stocken geriet. So pflegte der gute Patroklos des wunden Helden.

       Kampf um die Mauer

       Der Graben und die Mauer, welche die Griechen um ihre Schiffe her breit aufgetürmt hatten, war

       ohne ein Festopfer den Göttern zum Trotze von ihnen gebaut worden. Deswegen sollte sie ihnen

       auch nicht zum Schutze dienen und nicht lange unerschüttert bestehen. Schon jetzt, wo Troja im

       zehnten Jahre seiner Belagerung schmachtete, beschlossen Poseidon und Apollo, den Bau dereinst zu

       vertilgen, die Bergströme auf sie hereinzuleiten und das Meer gegen sie zu empören. Doch sollte dies

       erst nach der Zerstörung Trojas ins Werk gesetzt werden.

       Jetzt aber war Getümmel und Schlacht rings um den gewaltigen Bau entbrannt, und die Argiver

       drängten sich, bange vor Hektors Wut, bei den Schiffen eingehegt. Dieser rannte wie ein Löwe im

       Gewühl umher und muntere die Seinigen auf, den Graben zu durchrennen. Das aber wollte kein

       Rossegespann ihm wagen. Am äußersten Rande des Grabens angekommen, bäumten sich alle unter

       lautem Gewieher zurück; denn er war zu breit zum Sprunge und zu abschüssig von beiden Seiten zum

       Durchgang, dazu mit dicht gereihten spitzen Pfählen bepflanzt. Nur die Fußvölker versuchten daher

       den Übergang. Als dies Polydamas sah, ging er mit Hektor zu Rate und sprach: »Wir wären alle

       verloren, wenn wir es mit den Rossen wagen wollten, und kämen ruhmlos in der Tiefe des Grabens

       um. Lasset deswegen die Wagenlenker die Rosse hier am Graben hemmen, uns selbst aber in den

       ehernen Waffen eine Fußschar bilden, unter deiner Führung über den Graben setzen und den Wall

       durchbrechen.«

       Hektor billigte diesen Rat. Auf seinen Befehl sprangen alle Helden von den Wagen, mit Ausnahme der

       Lenker; sie scharten sich in fünf Ordnungen: die erste unter Hektor und Polydamas, die andere unter

       Paris, die dritte führten Helenos und Deïphobos, der vierten gebot Äneas; an der Spitze der

       Bundesgenossen schritten Sarpedon und Glaukos. Diese Fürsten alle aber hatten andere bewährte

       Helden zur Seite. Von den sämtlichen Streitern wollte nur Asios seinen Wagen nicht verlassen. Er

       wandte sich mit demselben zur Linken, wo die Achajer selbst beim Bau einen Durchgang für ihre

       eigenen Rosse und Streitwagen gelassen hatten. Hier sah er die Flügel des Tores offen; denn die

       Griechen harrten, ob nicht noch ein verspäteter Genosse käme, der, dem Treffen entflohen, Rettung

       im Lager suchte. So lenkte Asios die Rosse gerade auf den Durchgang los, und andere Trojaner

       folgten ihm zu Fuße mit lautem Geschrei nach. Aber am Eingang waren zwei tapfere Männer

       aufgestellt, Polypötes, der Sohn des Peirithoos, und Leonteus. Diese standen am Tore, hohen

       Bergeichen gleich, die mit langen und breiten Wurzeln in den Boden eingesenkt in Sturm und

       Regenschauer unverrückt aushalten. Plötzlich stürzten diese beiden auf die hereinstürmenden

       Trojaner vor, und zugleich flog ein Schwall von Steinen von den festen Türmen der Mauer herab.

       Während Asios und die ihn umringenden verdrießlich den unvermuteten Kampf bestanden und viele

       erlagen, kämpften andere, zu Fuß über den Graben stürmend, um andere Tore des griechischen

       Lagers. Die Argiver waren jetzt auf die Beschirmung ihrer Schiffe beschränkt; und die Götter, soviel

       ihrer ihnen halfen, trauerten herzlich, vom Olymp herabschauend. Nur die zahlreichste und tapferste

       Schar der Trojaner, unter Hektor und Polydamas, verweilte noch unschlüssig am jenseitigen Rande

       des Grabens, den sie eben erstiegen; denn vor ihren Augen hatte sich ein bedenkliches Zeichen

       ereignet. Ein Adler streifte links über das Kriegsheer hin; er trug eine rote, zappelnde Schlange in den

       Klauen, die sich unter seinen Krallen wehrte und, den Kopf rückwärts drehend, den Vogel in den Hals

       stach; von Schmerzen gequält, ließ er sie fahren und flog davon; die Schlange aber fiel mitten im

       Haufen der Trojaner nieder, die sie mit Schrecken im Staube liegen sahen und in diesem Ereignis ein

       Zeichen des Zeus erkannten. »Laß uns nicht weitergehen«, rief Polydamas, der Sohn des Panthoos,

       seinem Busenfreunde, dem Hektor, erschrocken zu, »es könnte uns ergehen wie dem Adler, der

       seinen Raub nicht heimbrachte.« Aber Hektor erwiderte finster: »Was kümmern mich die Vögel, ob

       sie rechts oder links daherfliegen; ich verlasse mich auf des Zeus Ratschluß! Ich kenne nur ein

       Wahrzeichen: es heißt Rettung des Vaterlandes! Warum zitterst denn du vor dem Kampfe? Sänken

       wir auch alle an den Schiffen darnieder, dir droht kein Todesschrecken, denn du hast kein Herz, in der

       Feldschlacht auszuhalten; doch wisse, wo du dich dem Kampf entziehest, so fällst du, von meiner

       eigenen Lanze durchbohrt!« So sprach Hektor und ging voran, und alle andern folgten ihm unter

       gräßlichem Geschrei. Zeus aber schickte einen ungeheuren Sturmwind vom Idagebirge herab, der

       den Staub zu den Schiffen hinüberwirbelte, daß den Griechen der Mut entsank, die Trojaner aber,

       dem Winke des Donnergottes und der eigenen Kraft vertrauend, die große Verschanzung der Danaer

       zu durchbrechen sich anschickten, indem sie die Zinnen der Türme herabrissen, an der Brustwehr

       rüttelten und die hervorragenden Pfeiler des Walles mit Hebeln umzuwühlen begannen.

       Aber die Danaer wichen nicht von der Stelle; wie ein Zaun standen sie mit ihren Schilden auf der

       Brustwehr und begrüßten die Mauerstürmer mit Steinen und Geschossen. Die beiden Ajax machten

       die Runde auf der Mauer und ermahnten das Streitvolk auf den Türmen, die Tapferen freundlich, die

       Nachlässigen mit strengen Drohworten. Inzwischen flogen die Steine hin und her wie Schneeflocken;

       doch hätte Hektor mit seinen Trojanern den mächtigen Riegel an der Wallpforte noch immer nicht

       СКАЧАТЬ