Название: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Zweiter Teil
Автор: Gustav Schwab
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742772916
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Zeus ein fünfjähriger fetter Stier geopfert und beim Schmause der Sieger mit dem besten
Rückenstücke geehrt. Als sie sich an Speise und Trank gesättiget, eröffnete Nestor den Rat der
Fürsten mit dem Vorschlage, am andern Morgen den Krieg ruhen zu lassen und nach Abschluß eines
Waffenstillstandes die Leichname der gefallenen Danaer auf Wagen, mit Rindern und Maultieren
bespannt, abzuholen und abseits von den Schiffen zu verbrennen, damit, wenn sie wieder zum
Vaterlande heimzögen, ein jeder den Kindern seiner Verwandten den Staub der Ihrigen mitbringen
könnte. Die Könige riefen ihm ringsumher Beifall.
Kapitel 5
Auf der andern Seite kamen auch die Trojaner auf ihrer Burg, vor dem Palaste des Königes, nicht
ohne Schmerz und Verwirrung über den Ausgang des Zweikampfes, zur Versammlung, und hier stand
der weise Antenor auf und sprach: »Höret mein Wort, ihr Trojaner und Bundesgenossen. Solange wir
treulos gegen den heiligen Vertrag, den Pandaros gebrochen hat, kämpfen, kann unserm Volke keine
Wohlfahrt blühen; deswegen berge ich meines Herzens Meinung und meinen Rat nicht, daß wir die
Argiverin Helena mitsamt ihren Schätzen den Atriden ausliefern sollten.« Dagegen erhub sich Paris
und erwiderte: »Wenn du im Ernste so geredet hast, Antenor, so haben dir wahrhaftig die Götter
deinen Verstand geraubt; ich aber bekenne geradeheraus, daß ich das Weib nie wieder hergeben
werde. Die Schätze, die ich aus Argos mitgeführt, mögen sie meinethalben wiederhaben; und ich will
freiwillig von dem Meinigen noch hinzutun, was sie als Buße verlangen können!« Nach seinem Sohne
sprach der greise König Priamos mit wohlmeinender Gesinnung: »Laßt uns heute nichts Weiteres
mehr beginnen, ihr Freunde! Verteilet den Nachtimbiß unter das Heer, stellet die Wachen aus und
überlasset euch, behutsam wie immer, dem Schlafe. Am nächsten Morgen aber soll Idaios, unser
Herold, zu den Schiffen der Griechen gehen und denselben das friedsame Wort meines Sohnes Paris
verkündigen, zugleich sie erforschen, ob sie geneigt seien, uns Waffenruhe zu gewähren, bis wir
unsere Toten verbrannt haben. Können wir uns nicht vereinigen, so mag nachher die Feldschlacht
wieder beginnen.«
So geschah es. Am andern Morgen erschien Idaios als Herold vor den Griechen und meldete das
Anerbieten des Paris und den Vorschlag des Königes. Als die Helden der Danaer solches hörten,
blieben alle lange stumm. Endlich begann Diomedes: »Laßt euch doch nicht einfallen, ihr Griechen,
die Schätze anzunehmen; auch nicht, wenn ihr Helena dazubekämet. Der Einfältigste wird ja wohl
hieraus erkennen, daß die Trojaner bereits mit dem Untergang bedroht sind!« Diesem Worte
jauchzten die Fürsten alle Beifall zu, und Agamemnon sprach jetzt zu dem Herolde: »Du hast selbst
den Bescheid der Griechen, was den Vorschlag des Paris betrifft, vernommen; die Verbrennung der
Toten aber soll euch keineswegs verweigert sein; der Donnerer selbst soll diese unsere Zusage
hören!« Mit diesen Worten hub er den Zepter gen Himmel. Idaios kehrte nach Troja zurück und traf
den Rat der Trojaner wieder versammelt. Auf die willkommene Botschaft wurde es schnell in der
Stadt lebendig; die einen holten die Leichname, die andern Holz aus der Waldung. Und ganz dasselbe
geschah im Schiffslager der Griechen. Friedlich begegneten im Strahl der Morgensonne Feinde den
Feinden und suchten ihre Toten, einer an der Seite des andern. Schwer war der Gegner vom Freunde
zu erkennen, wie die Leichname blutig und der Rüstungen beraubt dalagen. Unter heißen Tränen
wuschen die Trojaner den ihrigen, deren viel mehr waren, das Blut von den Gliedern, aber alle laute
Wehklage verbot Priamos. So huben sie sie verstummt auf die Wagen und türmten unter großer
Herzensbetrübnis die Scheiterhaufen auf. Dasselbe taten die Griechen, gleichfalls mit traurigem
Herzen; und als die Glut ausgelodert, kehrten sie zu ihren Schiffen zurück. Der Tag war über dieser
Arbeit zu Ende gegangen, und das Abendmahl begann. Gerade zur rechten Zeit waren aus Lemnos
von Euneos, dem Sohne Iasons und Hypsipyles, Lastschiffe mit einer Ladung edlen Weines
angekommen, den der Gastfreund den verwandten Griechen zum Geschenke sandte, viel tausend
Krüge. Da ward ein lieblicher Festschmaus gerüstet, und als die Griechen ihre Beute bei den Schiffen
untergebracht, setzten sie sich zum Mahle.
Auch die Trojaner wollten sich beim Schmause von der Schlacht erholen. Aber Zeus ließ ihnen keine
Ruhe und schreckte sie die ganze Nacht hindurch mit Donnerschlägen, die sich von Zeit zu Zeit
wiederholten und ihnen neues Unglück zu verkündigen schienen. Entsetzen faßte sie, und sie wagten
den Becher nicht an den Mund zu führen, ohne dem zürnenden Göttervater ein Trankopfer
auszugießen.
Sieg der Trojaner
Für den Augenblick jedoch hatte es Zeus anders in seinem Rate beschlossen. »Höret mein Wort«,
sprach er zu den versammelten Göttern und Göttinnen am andern Morgen, »wer mir heute hingeht,
den Trojanern oder den Griechen beizustehen, den fasse ich und schleudere ihn in den Abgrund des
Tartaros unter das Erdreich, so tief hinab, als tief unter dem Himmel die Erde liegt; dann verschließe
ich die eiserne Pforte, welche die eherne Schwelle der Unterwelt verwahrt, und der Missetäter
kommt mir nicht mehr herauf. Und zweifelt ihr an meiner Allmacht, so versucht es: befestiget eine
goldene Kette am Himmel, hängt euch alle daran und sehet zu, ob ihr mich auf den Erdboden
herabzuziehen vermögend seid. Vielmehr würde ich euch selbst mitsamt СКАЧАТЬ