Название: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums - Zweiter Teil
Автор: Gustav Schwab
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742772916
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genannt, mit sich fort, das, obwohl sterblich gezeugt, es doch an Kraft und Schnelligkeit seinen
eigenen unsterblichen Rossen gleichtat und mit ihnen um die Wette am Wagen einherlief; aus der
Rüstkammer des Königes Eëtion aber nahm er viel andere Herrlichkeiten mit, unter andern auch eine
ungeheure eiserne Wurfscheibe, so groß, daß sie einem Bauer fünf Jahre lang Eisen zu seinem
Ackergeräte würde gegeben haben.
Nächst Achill war der tapferste und riesigste Held unter den Griechen der Telamonsohn Ajax. Auch er
feierte nicht. Er führte seinen Schiffszug nach der thrakischen Halbinsel, wo die Königsburg
Polymnestors prangte. Diesem hatte der König Priamos von Troja seinen jüngsten Sohn Polydoros,
den er mit der Laothoë, einem Kebsweibe, gezeugt hatte, zur Pflege übersandt und dadurch seinen
Liebling dem Waffendienst entzogen, auch dem thrakischen Könige zur Beköstigung des Kindes Gold
und Kostbarkeiten genug übergeben. Dieser Schätze und des ihm anvertrauten Unterpfandes
bediente sich nun der treulose Barbar, als sein Land von dem Helden Ajax überfallen und seine Burg
belagert wurde, den Frieden zu erkaufen; er verleugnete seine Freundschaft mit dem Könige
Priamos, verfluchte ihn, teilte Geld und Getreide, das er zur Nahrung des Knaben von ihm
empfangen, unter die griechischen Streiter aus; dem Ajax selbst aber überlieferte er das Gold und
alle Kostbarkeiten seines Verbündeten und endlich den Knaben Polydoros selbst.
Ajax kehrte mit seiner Beute nicht sogleich zum griechischen Schiffslager zurück, sondern wandte
sich auf seinen Schiffen nach der phrygischen Küste. Dort griff er das Reich des Königes Teuthras an,
tötete den König, der ihm an der Spitze eines Heerhaufens entgegenzog, in der Schlacht und
schleppte die Tochter des Teuthras, die königliche Jungfrau Tekmessa, die edelgesinnt und von
herrlicher Gestalt war, als Kriegsbeute mit sich fort. Doch ward sie ihm bald wegen ihrer Schönheit
und ihres Edelsinnes lieb; er hielt sie hoch wie eine Gemahlin und hätte sich feierlich mit ihr
vermählt, wenn es Griechengebrauch gewesen wäre, eine Barbarin zu freien.
Achill und der Telamonier trafen von ihren glücklichen Streifzügen, ihre Lastschiffe voll Beute, zu
gleicher Zeit im griechischen Schiffslager vor Troja wieder ein. Alle Danaer gingen ihnen unter
Lobgesängen entgegen; bald umringte sie eine ganze Versammlung von Streitern; man stellte die
Helden in die Mitte, und unter jubelndem Zuruf wurde ihnen als Lohn der Siege ein Olivenkranz aufs
Haupt gesetzt. Alsdann hielten die Helden einen Rat, um über die mitgebrachte Beute, die von den
Griechen als Gemeingut angesehen wurde, einen Beschluß zu fassen. Da wurden denn auch die
gefangenen Frauen vorgeführt, und alle Danaer staunten über ihre Schönheit. Das Anrecht auf die
holde Brisestochter wurde dem Achill, dem Helden Ajax der Besitz der königlichen Tekmessa
bestätigt. Überdies durfte der Pelide auch die Gespielin seiner Geliebten, die holde Jungfrau
Diomedea, behalten, welche sich von der Königstochter nicht trennen wollte, mit der sie von zarter
Kindheit an im Hause des Brises aufgewachsen war; sie hatte sich, vor die griechischen Helden
geführt, zu Achills Füßen geworfen und flehte ihn unter Tränen an, sie nicht von ihrer lieben Herrin
trennen zu lassen. Nur Astynome, die Tochter des Priesters Chryses, wurde dem Völkerhirten
Agamemnon, seine Königswürde zu ehren, zugesprochen und von Achill auch willig abgetreten. Die
andre Kriegsbeute an Gefangenen und Mundvorrat ward Mann für Mann unter das griechische Heer
verteilt.
Kapitel 3
Dann brachte Ajax, von Odysseus und Diomedes aufgefordert, die Schätze des Königes Polymnestor
aus seinen Schiffen herbei, und es wurde auch davon dem Könige Agamemnon ein schöner Teil an
Gold und Silber zugeschieden.
Polydoros
Endlich berieten sich die Helden über den allerkostbarsten Teil der Beute, über den Knaben
Polydoros, den Sohn des Königes Priamos, und nach kurzer Ratschlagung wurde einstimmig
beschlossen, daß Odysseus und Diomedes als Gesandte zu König Priamos abgeordnet werden und
ihm die Übergabe seines jungen Sohnes anbieten sollten, sobald Helena den Gesandten
Griechenlands ausgeliefert sein würde. Den beiden Helden wurde der Gemahl der geraubten Fürstin,
Menelaos, als dritter Gesandter beigegeben, und so machten sich alle drei mit dem jungen Polydoros
auf den Weg und wurden unter dem Schutze des Völkerrechts als heilige Gesandte von den
Trojanern ohne Widerspruch in ihre Mauern aufgenommen.
Priamos und seine Söhne in ihrem Königspalaste, der fern auf der Burg der Stadt gelegen war,
wußten noch nicht, was zu ihren Füßen vorging, als schon die Gesandtschaft auf dem Marktplatze
Trojas stillehielt und, vom trojanischen Volk umgeben, Menelaos das Wort ergriff und sich mit
herzzerschneidenden Worten über die frevelhafte Verletzung des Völkerrechts beklagte, die sich
Paris an seinem heiligsten und teuersten Besitztum durch den frechen Raub seiner Gemahlin hätte
zuschulden kommen lassen. Er sprach so beredt und eindringlich, daß die umstehenden Trojaner alle,
und darunter die ältesten Häupter des Volkes, von seinen Worten ergriffen wurden und unter Tränen
des Mitleids ihm recht geben mußten. Als Odysseus ihre Rührung bemerkte, nahm auch er das Wort
und sprach: »Mir deucht, ihr sollet wissen, Häupter und andre Bewohner von Troja, daß die Griechen
ein Volk sind, die nichts unüberlegterweise unternehmen und daß sie schon von ihren Vorfahren her
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