Название: Middlemarch
Автор: George Eliot
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783752988956
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»Ich glaube, als Dein bester Freund zu handeln, Vincy, wenn ich Dir sage, daß Alles, was Du eben ausgesprochen hast, eine Kette von weltlichen Torheiten voll innern Widerspruchs ist.«
»Ganz recht,« sagte Herr Vincy, indem er seinem Entschluss zum Trotz ausschlug, »ich habe mich nie für etwas anderes als weltlich gesinnt ausgegeben, und was mehr ist, ich kenne Niemanden, der nicht weltlich gesinnt wäre. Du führst doch wohl auch Dein Geschäft nicht nach, wie Du es nennst, unweltlichen Prinzipien, nicht wahr? Der einzige Unterschied, den ich finden kann, ist, daß eine Weltlichkeit ein bisschen honetter ist als die andere.«
»Diese Art von Diskussion ist unfruchtbar, Vincy,« erwiderte Herr Bulstrode, der, nachdem sein Butterbrot verzehrt war, sich in seinen Lehnstuhl geworfen hatte und sich die Hand vor die Augen hielt, als ob er erschöpft sei. »Du wolltest noch etwas Besonderes von mir.«
»Ja, ja, die Sache ist kurz die, daß Jemand dem alten Featherstone, unter Berufung auf Dich als Gewährsmann, erzählt hat, Fred habe, auf die Aussicht hin, den Landbesitz des Alten zu erben, Geld geborgt oder zu borgen versucht. Natürlich hast Du nie solchen Unsinn behauptet. Aber der alte Patron besteht darauf, daß Fred ihm eine von Dir geschriebene Erklärung bringe; – das heißt, ein Paar Zeilen, in denen Du sagst, daß Du kein Wort davon glaubst, daß Fred sich soweit vergessen haben könne, auf diese Weise Geld zu borgen oder auch nur den Versuch dazu zu machen. Ich denke, Du wirst nichts dagegen haben, das zu tun.«
»Verzeih! Ich habe allerdings etwas dagegen. Ich bin keineswegs überzeugt, daß Dein Sohn in seiner Unbedachtsamkeit und Unwissenheit – ich will mich keiner schärferen Ausdrücke bedienen – nicht versucht hat, sich auf seine künftigen Aussichten hin Geld zu verschaffen; und daß er nicht sogar Jemanden gefunden hat, der töricht genug war, ihm auf eine so unbestimmte Aussicht hin Geld zu leihen. Solche Fälle von leichtfertigen Gelddarlehen kommen wie andere Torheiten nur zu häufig vor.«
»Aber Fred hat mich auf sein Ehrenwort versichert, daß er nie auf die künftige Erbschaft seines Onkels hin Geld geborgt habe, und Fred ist kein Lügner. Ich will ihn nicht besser machen, als er ist. Ich habe ihn gehörig auf dem Strich und Niemand kann sagen, daß ich ihm durch die Finger sehe. Aber er ist kein Lügner. Und ich sollte denken – ich kann mich irren – daß keine religiöse Überzeugung Jemanden davon abhalten könnte, von einem jungen Menschen, so lange man nichts Schlimmes von ihm weiß, das Beste zu glauben. Das wäre eine schlechte Religion, die es in diesem Falle nicht zuließe, etwas Unrechtes, das man zu glauben keine Ursache hat, in Abrede zu stellen, und die Dich nötigte, Fred durch die Weigerung einer solchen Erklärung etwas in den Weg zu legen.«
»Ich bin durchaus nicht sicher, daß ich als Freund gegen Deinen Sohn handeln würde, wenn ich ihm den Weg zu dem künftigen Besitze von Featherstone's Vermögen ebnete. Ich kann Reichtum nicht als einen Segen für Diejenigen betrachten, welche darin nur eine Ernte für diese Welt erblicken. Du hörst so etwas nicht gern, Vincy, ich halte es aber für meine Pflicht, Dir bei dieser Gelegenheit zu sagen, daß ich keinen Grund habe, einer Disposition über Eigentum wie diejenige, von welcher Du sprichst, Vorschub zu leisten. Ich nehme keinen Anstand, es auszusprechen, daß dieselbe nicht zur Förderung des Seelenheils Deines Sohnes gereichen oder zur Ehre Gottes dienen würde. Warum sollte ich also eine solche Art von eidlicher Bescheinigung schriftlich ausstellen, die doch keinen andern Zweck haben würde, als den, eine törichte Vorliebe zu nähren und ein törichtes Vermächtnis zu sichern?«
»Darauf kann ich Dir nur erwidern: Wenn nach Deinem Willen nur Heilige und Evangelisten Geld haben sollen, so mußt Du auch einige vorteilhafte geschäftliche Verbindungen aufgeben,« platzte Herr Vincy heraus. »Es mag zur Ehre Gottes gereichen, aber es gereicht dem Middlemarcher Geschäft nicht zur Ehre, daß Plymdale sich der grünen und blauen Farben bedient, welche er aus der Messingfabrik bezieht, und welche die Seide anfressen – so viel weiß ich. Wenn die Leute wüßten, daß der daraus gewonnene Profit zur Ehre Gottes gereicht, so würden sie vielleicht mehr davon halten. Aber ich lege darauf keinen so großen Wert – sonst könnte ich einen gewaltigen Lärm schlagen.«
Herr Bulstrode wartete einen Augenblick, bevor er antwortete.
»Du betrübst mich sehr durch solche Reden, Vincy. Ich darf nicht erwarten, in den Grundsätzen meines Handelns von Dir verstanden zu werden; es ist schon keine leichte Sache, in den Verwickelungen dieser Welt den rechten Weg einzuhalten, noch viel schwerer aber, den Gedankenlosen und den Spöttern die Richtigkeit dieses Weges klar zu machen: Vergiß gefälligst nicht, daß ich gegen Dich, als den Bruder meiner Frau, Nachsicht übe und daß es Dir schlecht ansteht, Dich darüber zu beklagen, daß ich Deiner Familie materielle Hilfe versage. Ich muß Dich daran erinnern, daß Du es nicht Deiner Vorsicht oder Deiner Urteilsfähigkeit verdankst, wenn Du Dich in Deinem Geschäfte behauptet hast.«
»Das ist wohl möglich, aber Du hast bis jetzt durch mein Geschäft noch nichts verloren,« entgegnete Herr Vincy sehr aufgebracht, wie er es, auch wenn er sich noch so fest vorgenommen hatte, ruhig zu bleiben, in der Regel zu werden pflegte. »Und als Du Harriet heiratetest, mußtest Du Dir sagen, daß unsere Familien für einander einstehen müßten. Wenn Du seitdem anderer Meinung geworden bist und meine Familie herunterkommen lassen willst, so tätest Du besser, es grade heraus zu sagen. Ich habe meine Meinung nie geändert, ich bin noch heute ein einfach kirchlich gesinnter Mann, grade wie ich es war, ehe die neuen Lehren aufkamen. Ich nehme die Welt, wie ich sie finde, im Geschäft wie in jeder anderen Beziehung. Ich bin zufrieden, nicht schlechter zu sein als meine Nachbarn. Aber wenn Du uns herunter kommen lassen willst, so sage es nur. Ich werde dann besser wissen, was ich zu tun habe.«
»Du sprichst unvernünftig. Kommt Deine Familie dadurch herunter, daß Du diesen Brief für Deinen Sohn nicht erhältst?«
»Nun gleichviel, ich betrachte es als sehr wenig hübsch von Dir, diesen Brief zu verweigern. Solche Dinge mögen, noch so schön mit Religion gefüttert sein, nach außen machen sie doch einen häßlichen, mißgünstigen Eindruck. Du könntest Fred eben so gut verleumden, wenigstens kommt es der Verleumdung sehr nahe, wenn Du Dich zu erklären weigerst, daß Du keine Verleumdung in Umlauf gesetzt hast. Dieses Wesen, dieser tyrannische Geist, der überall Bischof und Bankier spielen will, bringt den Namen eines Mannes in üblen Geruch.«
»Vincy, wenn Du durchaus mit mir in Streit geraten willst, so wird das sowohl für Harriet wie für mich äußerst schmerzlich sein,« sagte Herr Bulstrode noch ein wenig eifriger und blasser als gewöhnlich.
»Ich will mich nicht mit Dir streiten. Es ist in meinem Interesse und vielleicht auch in dem Deinigen, daß wir gute Freunde bleiben. Ich habe keinen Groll gegen Dich, ich denke nicht schlechter von Dir, als von anderen Leuten. Von einem Manne, der aus Grundsatz hungert und so streng auf Familiengebete und dergleichen hält wie Du, darf man annehmen, daß er wenigstens an seine Religion glaubt. Du könntest ja Dein Capital grade so rasch mit Fluchen und Schwören umsetzen, wie es so Viele tun. Du magst gern kommandieren, das steht fest, und wenn Du im Himmel nicht die erste Violine spielen kannst, so wird es Dir dort nicht gefallen. Aber Du bist der Mann meiner Schwester, und wir sollen zusammenhalten, und wenn ich Harriet recht kenne, so wird sie es Dir Schuld geben, wenn wir in Streit geraten, weil Du in dieser Weise Mücken seihest und Dich weigerst, Fred einen Dienst zu leisten. Und ich muß Dir offen bekennen, ich werde es Dir nicht gut aufnehmen. Ich betrachte es als einen häßlichen Zug von Dir.«
Herr Vincy stand auf, fing an seinen Überrock zuzuknöpfen und sah seinem Schwager scharf ins Gesicht, indem er ihm so das Verlangen einer entscheidenden Antwort nahe zu legen meinte.
Es war nicht das erste Mal, daß Herr Bulstrode damit anfing, Herrn Vincy zu vermahnen, und damit aufhörte, ein sehr unbefriedigendes СКАЧАТЬ