Название: Meteorologie
Автор: Hans Häckel
Издательство: Bookwire
Жанр: Математика
isbn: 9783846355046
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Die relative Feuchte hat eine bemerkenswerte Eigenschaft, die diese ohnehin nicht ganz leicht zu durchschauende Größe noch weiter verkompliziert. Sie ist nämlich temperaturabhängig. Betrachten wir dazu noch einmal den Diagrammpunkt 1 in Abbildung 2.1. Für ihn haben wir eine relative Feuchte von 50 % errechnet. Jetzt denken wir uns die Temperatur auf 30 °C ansteigend. Im Diagramm Abbildung 2.1 können wir diesen Vorgang dadurch nachvollziehen, dass wir vom Diagrammpunkt 1 auf der gestrichelten Linie zum Diagrammpunkt 3 gehen. Nach wie vor enthält die Luft 7,2 g Wasser/kg, die relative Feuchte errechnet sich jetzt aber zu
Sie ist also fast auf die Hälfte des ursprünglichen Wertes gefallen. Umgekehrt steigt die relative Feuchte bei sinkender Temperatur, wie der Diagrammpunkt 4 zeigt. Dort beträgt bei gleichem Wasserdampfgehalt von 7,2 g/kg die relative Feuchte
Sie ist also gegenüber der Situation 1 fast auf das Doppelte gestiegen. Wir können aus diesem Gedankenexperiment einen wichtigen meteorologischen Grundsatz ableiten: Bei steigender Temperatur fällt die relative Feuchte, bei sinkender Temperatur wächst sie.
Dieser Zusammenhang kommt bei einer Vielzahl von tagtäglich zu beobachtenden Erscheinungen zum Tragen. Man denke etwa an die im Winter immer wieder beklagte trockene Zimmerluft, die sich durch die Temperaturabhängigkeit der relativen Feuchte schnell erklären lässt. Angenommen, die Luft habe im Freien bei einer Temperatur von –10 °C eine relative Feuchte von 100 %, enthält also 1,8 g Wasser/kg. Diese Luft denke man sich jetzt durch ein geöffnetes Fenster in einen geheizten Raum strömen, wo sie auf 20 °C erwärmt werden soll. Wird ihr dabei kein weiterer Wasserdampf zugeführt, so sinkt ihre relative Feuchte auf knapp 13 % ab ((1,8/14,4) · 100 % = 12,5 %).
Die gleiche Ursache hat auch der große Durst der Skifahrer. Wie man leicht berechnen kann, sinkt die relative Feuchte der kalten Winterluft auf wenige Prozent ab, wenn sie in den Lungen auf Kör 52 pertemperatur erwärmt wurde. Das hat eine erhebliche Wasserabgabe der Lungenbläschen zur Folge, wodurch der Wasserhaushalt des Körpers stark belastet werden kann. Auch Bergsteiger im Hochgebirge haben darunter schwer zu leiden. Mit denselben Überlegungen lässt sich auch erklären, warum die relative Feuchte tagsüber geringer ist als in der Nacht.
Eine wichtige Rolle spielt die relative Feuchte bei natürlichen und künstlichen Trocknungsvorgängen. Zwischen dem Wassergehalt im Trockengut und der relativen Feuchte der Luft stellt sich allgemein ein Gleichgewichtszustand ein. Das bedeutet, dass der Wassergehalt nicht unter einen von der relativen Feuchte abhängigen Wert gesenkt werden kann. So lässt sich z. B. Heu (bei einer Temperatur von 30 °C) nicht unter 20 Gewichtsprozent heruntertrocknen, solange die relative Feuchte der Luft über 56 % liegt. 15 Gewichtsprozent können nur dann unterschritten werden, wenn die relative Feuchte kleiner als 44 % ist. Ähnliches gilt, wie Abbildung 2.2 zeigt, auch für andere landwirtschaftliche Produkte, Saatgut, Holz und viele weitere organische Materialien.
Abb. 2.2 Abhängigkeit des Wassergehalts verschiedener Materialien von der relativen Feuchte der Umgebungsluft nach Beinhauer(1990).
Schließlich erklärt sich aus dem Verhalten der relativen Feuchte, warum ein ungeheizter Keller im Sommer feucht und im Winter trocken ist: Im Sommer ist die Temperatur im Keller tiefer als im Freien, sodass die relative Feuchte der von außen eindringenden Luft ansteigt. Im Winter ist es umgekehrt.
Warum, so wird man sich angesichts dieses komplizierten Verhaltens der relativen Feuchte fragen, hat man denn dieses eigenwillige Feuchtemaß überhaupt eingeführt? Der Grund dafür ist, dass man sie sehr leicht und sicher messen kann, im Gegensatz zu allen anderen bisher besprochenen Größen. Menschliche Haare haben nämlich die bemerkenswerte Eigenschaft, ihre Länge gerade der relativen Feuchte der Umgebungsluft entsprechend zu verändern. Bei geringer relativer Feuchte ziehen sie sich zusammen, bei hoher Feuchte dehnen sie sich aus. Auch das ist letzten Endes eine Folge des oben erläuterten Gleichgewichts zwischen der relativen Feuchte und dem Wassergehalt organischer Substanzen. Bei hoher relativer Feuchte nimmt das Haar Wasser aus der Luft auf und quillt dabei. Bei geringer relativer Feuchte ist es umgekehrt. Die näheren Zusammenhänge werden in Kapitel „Messtechnik“ im Kapitel 8.3, Seite 319 behandelt.
Darüber hinaus lässt sich die relative Feuchte bequem in alle anderen Feuchtegrößen umrechnen, wie in Tabelle 2.4 (→ S. 67) gezeigt wird. Das Diagramm Abbildung 2.1 zeigt uns auch, wie sich die relative Feuchte ändert, wenn man in Luft mit einem gegebenen Wasserdampfgehalt noch zusätzlich Wasser einbringt. Im Diagrammpunkt 8 herrsche bei 15 °C und einer spezifischen Feuchte von 4 g/kg eine relative Feuchte von 37 %. Erhöht man die spezifische Feuchte, so steigt natürlich auch die relative Feuchte. Man kann aber nicht mehr als 6,8 g Wasserdampf/kg zusätzlich unterbringen, weil dann, wie Diagrammpunkt 9 zeigt, die Sättigungsfeuchte erreicht ist. 53
Taupunkt
Das Diagramm Abbildung 2.1 führt uns noch zu einem weiteren, häufig benützten Feuchte-Maß. Dazu gehen wir wieder von Punkt 1 aus und denken uns bei konstant bleibendem Wasserdampfgehalt eine sinkende Temperatur. Bei 10 °C passieren wir den Punkt 4 und erreichen bei 9,2 °C den Punkt 5, an dem der tatsächliche Wasserdampfgehalt gerade gleich der Sättigungsfeuchte, die relative Feuchte also gleich 100 % wird.
Was passiert, wenn wir die Temperatur weiter senken? Dann wird das Wasserhaltevermögen der Luft überschritten, d. h. nichts anderes, als dass Wasserdampf ausgeschieden werden muss. Ab dem Punkt 5 wird also Wasserdampf zu flüssigem Wasser kondensieren. Im täglichen Leben würde man sagen, es bildet sich Tau. Der Tau fällt nicht, wie das immer wieder gerne poetisch gesagt wird, sondern entsteht unmittelbar an den betauten Oberflächen. Dementsprechend nennt man die zum Punkt 5 gehörende Temperatur – in unserem Fall 9,2 °C – die Taupunkttemperatur τ oder kurz den Taupunkt.
Gut zu wissen
Die Differenz zwischen der Lufttemperatur und der Taupunkttemperatur wird als „Taupunktsdifferenz“ Δ τ bezeichnet. Für sie gilt: Δ τ = ϑ – τ; sie stellt ein sehr anschauliches Maß zur Charakterisierung der Feuchteverhältnisse dar: je größer sie ist, desto trockener ist die Luft und umgekehrt. Ist sie gleich Null, ist die Luft Feuchte gesättigt. Mit ihr kann man die Untergrenze von Quellwolken abschätzen (→ Kap. 2.2.1).
Mit dem Taupunkt haben wir die Möglichkeit, den Wasserdampfgehalt der Luft mithilfe einer Temperaturangabe zu charakterisieren.
Wie viel Wasserdampf wird aber nun ausgeschieden, wenn wir die Temperatur unter die Taupunkttemperatur senken? Auch darauf gibt uns das Diagramm Abbildung 2.1 eine Antwort. Denkt man sich die Temperatur wie dort eingezeichnet auf 0 °C gesunken, so kann die Luft nur noch 3,8 g Wasserdampf/kg enthalten, wie aus Punkt 7 unschwer zu entnehmen ist. Da sich ursprünglich in jedem Kilogramm 7,2 g befunden haben, müssen 3,4 g/kg ausgeschieden worden sein.
Vorgänge, bei denen der Taupunkt unter- bzw. überschritten wird, sind in der Natur und im täglichen Leben außerordentlich häufig. Man denke nur etwa an die Wolkenbildung. Werden Luftpakete hochgehoben und adiabatisch abgekühlt, so wird in einer bestimmten Höhe der Taupunkt unterschritten, und die auskondensierenden Wassertröpfchen erscheinen als Wolken. Andererseits wird beim adiabatischen Absinken der Taupunkt in den Wolken überschritten, und die Tröpfchen verdunsten zu Wasserdampf, was zu einer allgemeinen Wolkenauflösung führt.
In ähnlicher Weise bildet sich nachts, wenn die Temperatur СКАЧАТЬ