Sinclair Lewis: Die großen Romane . Sinclair Lewis
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Название: Sinclair Lewis: Die großen Romane

Автор: Sinclair Lewis

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4066338121196

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СКАЧАТЬ Eine Zeitlang war das Geschwätz Juanita Haydocks und der Lustigen Siebzehn eine Zuflucht vor Tante Bessie gewesen, aber diese Freude hatte nicht lang gedauert. Ohne es recht zu wissen, hatte sie auf die Lustige Siebzehn, auf Guy Pollock, auf Vida und alle verzichtet außer Frau Westlake und den Freunden, die sie nicht deutlich als Freunde erkannte – den Bjornstams.

      Für Hugh war der Rote Schwede die heldischste und mächtigste Persönlichkeit auf der ganzen Welt. Mit ungehemmter Bewunderung trottete er hinter Miles einher, wenn dieser die Kühe fütterte, sein Schwein jagte oder ein Huhn schlachtete. Und für Hugh war Olaf ein Edelmann unter den Sterblichen, weniger kraftvoll als der alte Monarch, der König Miles, doch mit mehr Verständnis für den Wert der Dinge – kleiner Stöcke, einzelner Spielkarten und hoffnungslos ruinierter Faßreifen.

      Carola sah – allerdings gestand sie es nicht ein – daß Olaf nicht nur schöner war als ihr eigenes dunkelhaariges Kind, sondern auch anmutiger. Olaf war ein nordischer Herzog: gerade, hellhaarig, großgliedrig, voll strahlender Liebenswürdigkeit für seine Untertanen. Hugh war ein Spießbürger; ein betriebsamer Geschäftsmann. Hugh rief lärmend: »Spielen wir«; Olaf tat leuchtend blaue Augen auf und stimmte in herablassender Freundlichkeit zu: »Schön.« Wenn Hugh ihn prügelte – und Hugh prügelte ihn – zeigte Olaf keine Angst, aber er war entsetzt. In großartiger Einsamkeit marschierte er zum Haus, während Hugh seine Sünde und den Verlust der erhabenen Gunst beklagte.

      Miles hatte mit seiner Molkerei Erfolg gehabt. Er besaß jetzt sechs Kühe, zweihundert Hühner und einen Ford-Lastwagen. Und im Frühjahr hatte er zwei Zimmer an seine Hütte angebaut.

      2

      Während der Arbeit an seinem Anbau hatte Miles offen mit Carola gesprochen. Er gestand jetzt ein, daß er ein Paria bleiben würde, solange er in Gopher Prairie lebte. Beas lutheranische Freunde nahmen an seinen agnostischen Spötteleien ebenso Anstoß wie die Kaufleute an seinem Radikalismus. »Und mir scheint, ich kann die Klappe nicht halten. Ich denk', ich bin ein Bählamm und lass' mich auf keine wilderen Theorien ein, als: ›man schreibt Katze K–a–t–z–e‹, aber wenn die Leute gegangen sind, merk' ich, daß ich ihnen auf ihre geliebten religiösen Hühneraugen getreten bin. Ach, der Vorarbeiter von der Mühle kommt noch immer her und der dänische Schuster und einer aus Elders Fabrik und 'n paar Schweden, aber sie kennen Bea ja: 'n großes, gutmütiges Kind wie sie braucht immer 'ne Menge Menschen um sich – muß sich um sie zu schaffen machen – ist nie zufrieden, wenn sie nicht für jemand Kaffee kochen kann.

      Einmal hat sie mich erpreßt und in die Methodistenkirche geschleift. Ich geh' rein, fromm wie die Witwe Bogart, und sitz' still und grins' nicht ein einziges Mal, während der Prediger uns mit seinem Unwissen über die Evolution beehrt. Aber nachher, wie die alten Glaubensfesten bei der Tür allen die Arme ausreißen und sie ›Bruder‹ und ›Schwester‹ nennen, da lassen sie mich vorbeisegeln, ohne meine Pfote zu sehen. Sie denken sich, ich bin der schwarze Mann von der Stadt. Und das werd' ich wohl immer bleiben. Olaf wird dann weiterkommen müssen. Und manchmal – ich will verdammt sein, wenn ich nicht Lust hab', hinzugehen und zu sagen: ›Bis jetzt bin ich konservativ gewesen. Da ist nichts dran. Jetzt will ich was in den miserablen Holzfällerlagern im Westen von der Stadt anfangen.‹ Aber Bea hat mich hypnotisiert. Herrgott, Frau Kennicott, wissen Sie denn wirklich, was für 'ne nette, brave, treue Frau das ist? Und den Olaf hab' ich so gern – ach, ich werd' Ihnen jetzt nicht sentimental vorwinseln.

      Natürlich hab' ich auch schon dran gedacht, die Zelte abzubrechen und nach dem Westen zu gehen. Aber – ja, ich hab' schwer gearbeitet und die Molkerei da aufgebaut, und es wär' mir fürchterlich, wieder von vorn anzufangen und Bea und das Kind in 'ne andere Einzimmerbude zu bringen. Ja, so kriegen sie uns! Reden uns zu, wir sollen sparsam sein und unsere eigenen Häuser haben, und dann, bei Gott, dann haben sie uns. – Na – solang ich dasitzen und mit Bea Karten spielen und Olaf Aufschneidereien über meine Abenteuer in den Wäldern erzählen kann … 's kommt mir ja nur auf die zwei an. Hören Sie! Hören Sie! Verraten Sie Bea kein Wort davon, aber wenn ich mit dem Anbau fertig bin, will ich ihr 'n Grammophon kaufen!«

      Er tat es auch.

      Und während Bea die Arbeit verrichtete, die ihre arbeitshungrigen Muskeln fanden – waschen, bügeln, stopfen, kochen, Staub wischen, einlegen, ein Huhn rupfen, den Ausguß anstreichen; lauter Aufgaben, die begeisternd und schöpferisch waren, weil sie Miles' Gefährtin war – während dieser Arbeiten lauschte Bea den Grammophonplatten mit einer Wonne wie das Vieh im warmen Stall. Durch den Anbau bekam sie eine Küche und darüber ein Schlafzimmer. Die alte Hütte war jetzt zum Wohnzimmer geworden, mit dem Grammophon, einem echten ledergepolsterten Eichenschaukelstuhl und einem Bild des Gouverneurs John Johnson.

      Als Carola einmal gegen Ende Juli zu Bjornstams hinauskam, fand sie Olaf im Bett, ein leichtes Fieber ließ ihn nicht schlafen; Bea hatte ein heißes Gesicht und war nicht ganz auf dem Posten, gab sich aber Mühe, weiterzuarbeiten. Carola nahm Miles beiseite und fragte besorgt:

      »Die beiden sehen schlecht aus. Was ist denn?«

      »Sie haben irgendwas mit dem Magen. Ich wollt' schon den Doktor Kennicott rufen, aber Bea meint, der Doktor kann uns nicht leiden – sie meint, vielleicht ist er bös, weil Sie zu uns rauskommen. Aber jetzt fang' ich an, mir Sorgen zu machen.«

      »Ich werd' den Doktor sofort holen.«

      Sie beugte sich über Olaf. Seine leuchtenden Augen waren stumpf, er stöhnte und rieb sich die Stirne.

      »Haben sie irgendwas Unrechtes gegessen?« fragte sie ängstlich Miles.

      »Vielleicht schlechtes Wasser. Ich will Ihnen die Sache erklären: wir haben unser Wasser immer bei Oscar Eklund geholt, über der Straße drüben, aber Oscar hat mir immer was vorgeredet und so Bemerkungen gemacht, daß ich ein Geizkragen bin, weil ich mir keinen eigenen Brunnen grab'. Einmal hat er gesagt: ›Freilich, darauf versteht ihr euch, ihr Sozialisten, das Geld anderer Leute zu teilen – und ihr Wasser!‹ Ich hab' gewußt, wenn er das weitermacht, gibt's 'nen Krach, und mit mir ist es nicht ganz ungefährlich, wenn's mal zu 'nem Krach kommt; ich vergess' mich leicht und setz' einem dann 'n Ding in die Schnauze. Ich hab' Oscar gesagt, ich will ihm dafür bezahlen, aber er hat nichts davon wissen wollen – er will lieber die Möglichkeit haben, mich aufzuziehen. Deshalb hab' ich angefangen, mir das Wasser bei Frau Fageros zu holen, in dem Loch dort unten, und ich glaub', das ist nicht ganz gut. Im Herbst werd' ich mir wohl selber meinen Brunnen graben.«

      Während Carola ihm zuhörte, schwebte ihr eine fürchterliche Vorstellung vor Augen. Sie lief zu Kennicott ins Büro. Er hörte sie ernsthaft an, nickte und sagte: »Ich geh' gleich hin.«

      Er untersuchte Bea und Olaf. Er schüttelte den Kopf. »Ja. Sieht mir aus wie Typhus.«

      »Herrgott, im Holzfällerlager hab' ich Typhus gesehen«, stöhnte Miles, und seine ganze Kraft verließ ihn. »Haben sie's sehr schlimm?«

      »Oh, wir werden schon gut auf sie achtgeben«, sagte Kennicott, und zum erstenmal, seitdem er Miles kannte, lächelte er ihm zu und klopfte ihm auf die Schulter.

      »Werden Sie nicht eine Krankenschwester brauchen?«

      »Na –« Kennicott fragte Miles: »Kann nicht Beas Kusine herkommen, die Tina?«

      »Die ist draußen bei ihren Eltern, auf dem Land.«

      »Dann will ich's machen!« sagte Carola. »Sie brauchen jemand, der für sie kocht, und gibt man bei Typhus nicht Halbbäder?«

      »Ja. Also gut.« Kennicott war mechanisch; er war der Beamte, der Arzt. »Jetzt dürft's wahrscheinlich schwer sein, in der Stadt eine Pflegerin СКАЧАТЬ