"Und ihr wollt das Land besitzen?" (Ez 33,25). Alban Rüttenauer
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Читать онлайн книгу "Und ihr wollt das Land besitzen?" (Ez 33,25) - Alban Rüttenauer страница 7

СКАЧАТЬ repräsentativen Charakter haben. Einem Hinweis Fechters folgend, darf dennoch mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß sie etwas von Eigenart und Selbstverständnis der verschiedenen Fremdvölker erkennen lassen, wenn auch aus einem besonderen Blickwinkel heraus.3 Vielleicht dürfen die Bildungs- und Informationsmöglichkeiten, die der Aufenthalt in einem Weltreich, wie dem damaligen Babylon, bot, nicht zu gering veranschlagt werden.4 Clarks Unterscheidung wird jedoch dankbar angenommen, um Stellen wie 26,17-18 und 27,32b-36 aus der Betrachtung auszuklammern, die auschließlich der poetischen Gattung eines Klageliedes entsprechen, ohne geschichtlich reelle Gestalten zu Sprechern zu haben.

      Repräsentative Redensarten sind solche, die repräsentativ für die jeweiligen Sprecher stehen, ihren Charakter, ihre Einstellung, ihre Rolle. Repräsentation kann dabei auch den Gedanken der Stellvertretung mit einschließen. Die Redensarten repräsentieren Personen, die nicht unmittelbar anwesend sein müssen oder können. Für die Exilierten stellen sie die Jerusalemer bzw. die Fremdvölker dar. Sie können aber ihrerseits die Exilierten, ihre Stimmungen und Spannungen für das in späteren Zeiten wiederzuvereinende Volk lebendig erhalten wollen. Zukünftige Gestalten wie Gog werden so in die Gegenwart hereingeholt. Vielleicht ist dies der heimliche Grund dafür, daß die Babylonier mit Redensarten erstaunlich unterrepräsentiert sind. Sie waren für die damalige Zeit so allgegenwärtig, daß sie nicht eigens in Szene gebracht werden mußten (vgl. aber Ez 36,20 eine Redensart von den Völkern, zu denen die Israeliten gebracht wurden, ohne Namensnennung). Repräsentation stellt damit eine besondere Form der Verlebendigung dar. Es ist aber nicht so sehr die Verlebendigung einer Szene, als die von Personen und den mit ihnen verbundenen typischen Denk- und Verhaltensmustern. Repräsentative Redensarten, so wie sie hier verstanden werden, umfassen all die Zitate, die nach einer anderen Einteilung Clarks antithetischen oder explanatorischen Charakter tragen. Einen solchen explanatorischen Charakter haben die Verständnisfragen der Leute.5 Ursprünglich war für die gegenwärtige Untersuchung eine Beschränkung auf die antithetischen Redensarten im Sinne Clarks geplant, doch hat sich im Verlauf der vorliegenden Arbeit die kompositionelle Verknüpfung mit den Fragen der Leute zu sehr aufgedrängt, um sie übergehen zu können.

      Im Unterschied zu Clark wird hier Ez 16,44 noch zu den antithetischen Redensarten hinzugezählt. Die Redensart scheint mit dem abschätzigen Wort der als Liebhaber vorgestellten Nachbarvölker nur das Urteil über die Braut Jerusalem ergänzen und bestärken zu sollen, der Vergleich mit anderen Redensarten wie 18,2; 20,32 und 25,8 zeigt aber, daß auch sie indirekt zum Widerspruch reizen will, um zu verhindern, daß verwandtschaftliche Beziehung oder unmittelbare Umgebung Freiheit und Berufung der Menschen, die zum erwählten Volk gehören, behindern. 36,35 enthält die einzige aus den mit Clark als citations with supplemental message einzustufenden Redensarten, die hier auch als repräsentative behandelt wird. Sie repäsentiert zukünftige Nachbarvölker, deren Verhalten gegenüber dem Land Israel eine entscheidende Wandlung erfährt. Antithetisch ist daher auch sie, wenn man sie im Vergleich zum früheren Verhalten derselben Völker sieht.

      In einem Exkurs seiner den Fremdvölkersprüchen Ezechiels gewidmeten Untersuchung befaßt sich auch Fechter mit der Problematik der Zitate im Ezechielbuch und listet sie unter der Überschrift Zitate von Anderen auf. Ihnen stellt er Zitate von Jahweworten und Zitate von Worten des Propheten gegenüber.6 Der etwas seltsam klingenden Bezeichnung Zitate von Anderen spürt man die Schwierigkeit an, diese Anderen als Urheber der Zitate näher zu bestimmen. Offenbar läßt sich nicht mehr Gemeinsames unter ihnen feststellen, als dies, daß sie von JHWH und dem Propheten gleichermaßen verschieden sind, indem sie als dritte Größe zu ihnen hinzutreten. Diese Schwierigkeit macht auf die Problematik aufmerksam, die Zitate ausschließlich über die Sprecher definieren zu wollen. Deshalb soll hier der andere Weg beschritten werden, sie auch über eine inhaltliche Bestimmung abzugrenzen. Neben dem schon erwähnten repräsentativen Charakter fällt nämlich auch ein gewisser redensartlicher Zug an ihnen auf, Redensart im weitesten Sinne verstanden. Ein völlig adäquates Wort ist auch im Deutschen nicht leicht zu finden. Neben Alternativen, wie Sprichwort oder Redewendung, ist die Entscheidung zuletzt aus vorwiegend pragmatischen Gründen für Redensart gefallen. Diese Bezeichnung läßt viele Unterarten zu und schließt doch zugleich den Zitatcharakter indirekt mit ein. Als Redensart wird hier die typische Deutung einer Situation betrachtet, wie sie von mehreren Personen in unterschiedlichen Situationen gebraucht werden kann. Deshalb hat sie einen verallgemeinernden, mehrdeutigen Charakter, der sie zwar von einer bestimmten geschichtlichen Wirklichkeit ausgehen, diese aber auch ab einem entscheidenden Punkt bei überzogener Verallgemeinerung verfehlen läßt. In diesem Sinn sind solche Redensarten Äußerungen, wie sie von vornherein nicht im Munde JHWHs oder des wahren Propheten (im Unterschied zu den falschen) zu erwarten sind.

      Es werden aus diesem Grunde nur solche Zitate behandelt, die bereits eine Deutung der jeweiligen geschichtlichen Situation enthalten, und nicht bloß eine passive Reaktion darauf. Ausgeschieden wird daher, neben den genannten Zitaten, auch das Zitat in Ez 33,21: Hier übermittelt der Flüchtling nur die geschichtliche Tatsache vom Fall Jerusalems.

      Keine Berücksichtigung finden hier auch einzeln stehende Interjektionen, wie das „Ha!“ der Heidenvölker in 25,3, das keine richtige Aussage, sondern nur eine Stimmung wiedergibt.

      Viele der hiermit ausgegrenzten Zitate werden dennoch indirekt miteinbezogen werden, da sie oft mit wirklichen Redensarten in kontextueller oder stichwortartiger Verbindung stehen (Vgl. z.B. 25,3 mit 25,8). Nur eine eigene sprachliche Analyse sollen sie nicht erhalten.

      Eine einheitliche Bezeichnung für diese Redensarten kann man vom Ezechielbuch selber nicht erwarten. An drei Stellen, 12,22.23 und 18,2, trifft man auf die Bezeichnung

- der Maschal - „das Sprichwort“, jeweils auf einen Volksspruch bezogen. Im weiteren Sinn begegnet man dem Ausdruck noch in 14,8; 17,2; 18,2; 21,5 und 24,3. Das entsprechende Verb „sprichworten“ taucht dann noch in 12,23; 16,44; 17,2; 18,2.3; 21,5 (Piel!) und 24,3 auf. Die Verwendung dieses Wortes ist bei Ezechiel so vielfältig wie sonst in der hebräischen Bibel, man könnte aber den Eindruck erwecken, daß eine gewisse negative Bedeutung, etwa im Sinne von Spottvers, vorherrscht. In 12,22-23 und 18,2-3 ist es Gott selbst, der sich jeweils einen Maschal von seiten des Volkes verbittet. In 16,44 liegt ein fingierter Spottvers gegen die Braut Jerusalem vor. In 21,5 ist es umgekehrt das Volk, das sich über den nur in Meschalim redenden Propheten beschwert. Es bleibt dabei offen, ob der Ausdruck sich auf die Schwerverständlichkeit der Bilder bezieht oder vielleicht doch auch auf den drohenden Charakter der Gerichtsbotschaften. Tatsächlich werden einige Prophetenworte mit Drohwortcharakter als Maschal eingeleitet, so in 17,2 und in 24,3. 14,8 läßt Gott Menschen, die, ohne sich warnen und bekehren zu lassen, zum Propheten gehen, um ihn zu befragen, selbst zu Meschalim werden. Dagegen werden die Zeichenhandlungen des Propheten Ez 4,3 als
und der Prophet Ezechiel selbst 12,6; 24,24 als
(beides = „Zeichen“) und eben nicht als
bezeichnet.

      Zu den entscheidenden Stilmerkmalen, anhand derer die Redensarten erkenntlich sind, gehört die Einleitung, die ihr jeweils vorausgeht und sie als Zitat kenntlich macht. Sie liefert Informationen zu den Sprechern, zu deren Verhalten und Absichten, aber auch zum allgemeinen Verständnis der Redensarten. Die Urheber der von uns gesuchten Redensarten tragen zumeist kollektiven Charakter, da es zur Natur dieser Redensarten gehört, keine einmaligen Sprachschöpfungen zu sein, sondern von ähnlich gesinnten Personen in vergleichbaren Situationen wiederholt zu werden. Redensarten von Einzelpersonen, bei denen man immer noch einen repräsentativen Charakter heraushört, findet man unter den Fremdvölkersprüchen. Diese Einzelpersonen werden als zuständige Könige, Fürsten o.ä. angesprochen, die für ein zugehöriges Volk verantwortlich sind.

      Zitate anderer Menschen sind СКАЧАТЬ