Land des Geldes. Oliver Bullough
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Land des Geldes - Oliver Bullough страница 14

Название: Land des Geldes

Автор: Oliver Bullough

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная деловая литература

Серия:

isbn: 9783956143762

isbn:

СКАЧАТЬ versucht, Unternehmen zurückzuholen, die nach offshore abgewandert waren (so schafften die Vereinigten Staaten zum Beispiel die Kontrollen ab, die Banken umgehen wollten, indem sie nach London zogen), womit das Inland immer größere Ähnlichkeit mit der von Warburg geschaffenen Welt der Offshore-Piraten bekam. Die Politik wurde entgegenkommender, sie senkte Steuern und lockerte Regeln, nur damit sich das rastlose Geld in ihrem Land niederließ und nicht anderswo. Sobald ein Land die Regelungen lockerte, zogen die anderen eilig nach. So läuft das Spiel von Moneyland, die Regeln für die Reichen mit Geld in der Tasche werden immer lascher, nie strenger.

      •

      Moneyland hat keine Armee, keine Flagge, keine Grenzen und keine der sonstigen Eigenschaften eines Staates. Doch es hat eine Sprache: Es ist die Sprache des Euphemismus. Wenn Sie sich mit den Anwälten und Buchhaltern unterhalten, die Moneyland verwalten, hören Sie Begriffe wie »Nachfolgeplanung«, »Steuerneutralität«, »Kommissionen« und »Beschleunigungszahlungen«. Irgendwann sprechen Sie selbst so.

      Aber wie viel Geld verbirgt sich hinter diesen beschönigenden Formeln? Das ist schwer zu sagen: Geld ist unsichtbar und hoch dotierte, fantasiebegabte und intelligente Menschen sorgen dafür, dass das auch so bleibt. Wie die Dunkle Materie lässt es sich nur indirekt durch seine Auswirkungen auf die sichtbare Welt erforschen.

      Der französische Wirtschaftswissenschaftler Gabriel Zucman hat das Schweizer Bankwesen untersucht und sich an einer Schätzung versucht. Durch eine Auswertung der statistischen Anomalien, die das Bankgeheimnis bewirkt, schätzt er, dass sich 2014 etwa 8 Prozent des Geldvermögens der Welt in Steueroasen befand: 7,6 Billionen von 95,5 Billionen Dollar. Ein Drittel davon befand sich in der Schweiz, der Rest in Singapur, Hongkong, den Bahamas, Jersey, Luxemburg und einigen anderen Ländern. Nicht eingerechnet sind andere Werte, die sich offshore befinden, zum Beispiel Kunstwerke, Jachten, Immobilien und Schmuck im Wert von weiteren 2 Billionen Dollar. (Dieses Vermögen befindet sich nicht unbedingt in der Schweiz, in Hongkong oder auf den Bahamas. Sie unterstehen lediglich der Rechtsprechung dieser Länder, befinden sich aber räumlich anderswo. Wenn Sie nicht gerade eine Vorliebe für Fudge haben, finden Sie auf Jersey nicht viel, was sich zu kaufen lohnt.)

      Als ich Zucman im Berkeley besuchte, wo er unterrichtet, erklärte er mir, diese Anomalien hingen damit zusammen, dass sich Länder gern damit brüsten, wenn ausländisches Geld angelegt wird – Häuser in London, Apartments in New York City, Villen an der Riviera –, dass sie aber nur widerwillig berichten, wenn Geld abfließt. Das heißt, es gibt eine Differenz zwischen der Summe, die kommt, und der Summe, die geht. »Unser Planet als Ganzer hat Nettoschulden, was natürlich unmöglich ist«, erklärte er mir. Wenn man die Ein- und Ausgänge aller Länder der Welt addiert, müsste null herauskommen, denn die Ausgaben des einen sind schließlich die Einnahmen des anderen. Aber am Ende steht keine Null. In der Bilanz fehlt ein Land. Alphabetisch könnte man Moneyland zwischen Monaco und der Mongolei einfügen.

      Zucman ist nicht der Einzige, der versucht, Moneyland zu erforschen. Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler James Henry veranschlagt das dunkle Geldvermögen deutlich höher, nämlich auf 21–32 Billionen Dollar im Jahr 2010. Um die Komplexität seiner Aufgabe zu beschreiben, greift er gern zu Vergleichen aus der Astronomie: »Das System, das wir messen wollen, ist die wirtschaftliche Entsprechung eines Schwarzen Lochs in der Astrophysik. Wie ein Schwarzes Loch ist es unsichtbar und gefährlich für alle, die sich zu nah heranwagen«, schrieb er 2012 in einem Artikel zum Thema. »Wir haben es mit einer der am besten verbarrikadierten Interessengruppen der Gesellschaft zu tun. Keine Interessengruppe ist schließlich so reich und so mächtig wie die Reichen und Mächtigen.«

      Auf jedes Land hat Moneyland andere Auswirkungen. Die Reichen der wohlhabenden Länder Nordamerikas und Europas besitzen den größten Teil des Offshore-Geldvermögens, doch da diese Länder gleichzeitig ein großes Bruttoinlandsprodukt haben, macht es hier nur einen relativ kleinen Anteil am nationalen Gesamtvermögen aus. In den Vereinigten Staaten schätzt Zucman den Anteil auf 4 Prozent, in Westeuropa auf 10 Prozent. In Russland befinden sich dagegen geschätzte 52 Prozent des Vermögens offshore und außer Reichweite des Staates. Auf dem gesamten afrikanischen Kontinent beträgt der Anteil etwa 30 Prozent, in den Golfstaaten jedoch atemberaubende 57 Prozent. »Für Oligarchen in nicht-demokratischen Entwicklungsländern ist es recht einfach, ihr Vermögen zu verbergen. Damit haben sie einen gewaltigen Anreiz, ihr Land zu plündern, und es gibt keine Aufsicht«, so Zucman.

      So also entstand Moneyland. Die sorgfältig aufgerichteten Schutzwälle wurden niedergerissen, und es konnte sich in aller Welt breitmachen. Nun sehen wir uns einige der Türhüter an.

      KAPITEL 3

      DIE KÖNIGIN DER KARIBIK

      NEVIS IST NICHT VIEL MEHR als ein bewaldeter, in Nebel gehüllter Gipfel, der aus dem Meer ragt, wo der Atlantik auf die Karibik trifft. Die Insel ist kaum größer als Manhattan, hat aber gerade einmal 11.000 Einwohner. Als die Briten sie 1983 als Juniorpartner von St. Kitts und Nevis in die Unabhängigkeit entließen, schien sie einer trüben wirtschaftlichen Zukunft entgegenzugehen.

      Damals war Simeon Daniel Regierungschef von Nevis, und seine Aufgabe war es, für die Inselbewohner zu sorgen. Die Speisekammer war leer. »Es gab nicht viele Möglichkeiten, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen«, erinnerte er sich später. Doch er hatte noch ein Ass im Ärmel.

      Während der Verhandlungen um die Unabhängigkeit hatte er die größtmögliche Autonomie für Nevis herausgeschlagen. So klein die Insel war, ließ ihr die föderale Verfassung weitgehende Kontrolle über ihre Angelegenheiten. Ein Coup in Liberia eröffnete eine aussichtsreiche Chance. Amerikanische Schiffseigner zahlen hübsche Sümmchen für eine Flagge, unter der sie die heimischen Aufsichtsbehörden umschiffen können, und nach dem Sturz der Regierung in Liberia fürchteten sie, dass sie ihre Schiffe nun nicht mehr dort anmelden konnten.

      Ein amerikanischer Anwalt namens Bill Barnard schlug Daniel vor, in diese Lücke zu stoßen. »Mr. Barnard und sein Team haben die ganze Infrastruktur aufgebaut«, erinnert sich Daniel. »Sie haben die Gesetzestexte entworfen, und wir haben sie dem Parlament von Nevis vorgelegt.«

      Nachdem Barnard sah, wie entgegenkommend die Inselregierung war, entwarf er ehrgeizigere Ziele für Nevis. Warum sollte man nur den Schiffseignern helfen, die Regeln zu umgehen, wenn man allen helfen konnte? Barnard führte Nevis in das Geschäft mit der Verschwiegenheit ein. Sein Unternehmen, das er später Morning Star nannte, sicherte sich das Monopol für die Produkte des Landes. Barnard holte amerikanische Anwälte auf die Insel, die ein Buffet von finanziellen Leckerbissen zusammenstellten, und Nevis übernahm sie willig in seine juristische Speisekarte. Auf meine Anrufe und E-Mails hat Barnard nicht geantwortet, doch es macht ganz den Eindruck, als hätte sich sein Team das erste Fundament vor allem aus den Gesetzbüchern des amerikanischen Bundesstaats Delaware abgeschaut. Die neuen Gesetze traten 1984 in Kraft, ein Jahr später wurde das Bankgeheimnis eingeführt, und die Insel konnte loslegen. Doch das war erst der Anfang.

      David Neufeld ist einer der vielen amerikanischen Anwälte, die an der Absicherung des Finanzsystems der Insel mitgewirkt haben. 1994 entwarf er ein Gesetz zur Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Dazu bediente er sich beim Vorbild des US-Bundesstaats Wyoming und fügte noch einige andere hübsche Aspekte hinzu, von denen СКАЧАТЬ