Land des Geldes. Oliver Bullough
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Название: Land des Geldes

Автор: Oliver Bullough

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная деловая литература

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isbn: 9783956143762

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СКАЧАТЬ sich, den Wiederaufbau des kommunistischen Polen zu unterstützen. Und als Großbritannien und Frankreich 1956 die Kontrolle über den Suezkanal zurückgewinnen wollten, fror Washington, das den Einsatz ablehnte, ihre Dollarguthaben ein, und damit war die gesamte Aktion beendet. Ein neutraler Schiedsrichter verhält sich anders.

      Großbritannien stolperte von einer Krise in die nächste. 1957 hob es seine Zinsen an und verknappte das Pfund, um seine Währung zu stützen (das waren die von Colonel Smithers erwähnte »Währungskrise und die hohen Zinsen«). Weil den Banken der City das Pfund ausging, stiegen sie auf Dollars um; die bekamen sie aus der Sowjetunion, die sie in London und Paris lagerte, um sich vor dem Druck der Vereinigten Staaten zu schützen. Das erwies sich als profitables Geschäft. In den Vereinigten Staaten waren die Zinsen für Dollarkredite gedeckelt, nicht so in London. In den Vereinigten Staaten mussten die Banken einen Teil ihrer Dollars als Reserve vorhalten, nicht so in London. Die Banken hatten ein Loch in den Tanks des Öltankers von Bretton Woods entdeckt: Wenn sie den Dollar außerhalb der Vereinigten Staaten verwendeten, dann hatten die amerikanischen Währungshüter keinen Zugriff, und den britischen Währungshütern war es egal. Diese staatenlosen Dollars – die als »Eurodollar« bezeichnet wurden, vielleicht wegen der »Euro«-Telexadresse, die eine der sowjetischen Banken verwendete – konnten ganz wie früher ungehindert zwischen den Ländern hin und her fließen. Und das Gesetz konnte ihnen nicht folgen.

      Die Behörden der Vereinigten Staaten versuchten, dem einen Riegel vorzuschieben. Die Bankenaufsicht eröffnete ein festes Büro in London, um ein Auge auf die britischen Niederlassungen der amerikanischen Banken zu haben. Doch auf der anderen Seite des Atlantiks waren sie zahnlos, denn sie bekamen keine Unterstützung von den Einheimischen. Jim Keogh von der Bank von England, der für die Aufsicht der ausländischen Banken zuständig war, sagte: »Mir ist es egal, ob die Citibank in London amerikanische Regeln umgeht. Das interessiert mich nicht. Wenn die Amerikaner meinen, dass die ihre Gesetze hier in London durchsetzen können, dann wünsche ich ihnen viel Glück.« Einen ausländischen Banker ließ er wissen, er könne in London tun und lassen, was er wolle – »aber nicht auf der Straße und nur, wenn er die Pferde nicht scheu macht«. Im Vergleich zu dem, was die amerikanischen Banken in New York bewegten, waren die Beträge in London überschaubar, doch sie wuchsen jedes Jahr um ein Drittel, und London hatte endlich eine neue Einnahmequelle gefunden.

      Etwa zur selben Zeit (wobei kein Zusammenhang besteht, außer vielleicht dass damals die Rebellion in der Luft lag) bekam das britische Publikum einige neue Radiosender zu hören. Damals war die BBC der einzige in Großbritannien zugelassene Sender, und wenn es um Musik ging, war sie hoffnungslos vorgestrig. Die Jugendlichen wollten Nero, Gladiators oder B. Bumble & the Stingers hören und fanden das Programm der BBC öde. Hier sahen einfallsreiche Schiffseigner ihre Chance. Sie gingen außerhalb der britischen Hoheitsgewässer vor Anker, richteten einen Sender ein und übertrugen Popmusik auf die Insel.

      Diese Radiostationen wurden bald als »Piratensender« bekannt. Manche nannten sie auch »Offshore-Sender«, was zwar weniger aufregend klingt, dafür aber korrekter ist. Diese Schiffe befanden sich gerade weit genug von der Küste entfernt, um nicht mehr unter die britische Gesetzgebung zu fallen. In den Radioapparaten waren sie zwar genauso anwesend wie die BBC, weil man ihre Sendungen problemlos hören konnte, doch juristisch waren sie abwesend und schwer zu fassen.

      Diese Vorstellung von »offshore« – physisch anwesend, aber juristisch abwesend – erwies sich als nützlich, und schon bald wurde der Begriff auch auf Finanztransaktionen angewendet. Die Banken, die mit den unbeaufsichtigten Eurodollars handelten, hatten zwei Arten von Konten. Die einen für die üblichen langweiligen Transaktionen in Pfund, die sich streng an die Regeln hielten – die Onshore- oder Inlandskonten. Und die anderen für den aufregenden neuen Piratenmarkt in Eurodollar, das Öl, das aus den Tanks gelaufen war und nun im Kielraum des Bretton-Woods-Tankers herumschwappte. Diese bezeichnete man als Offshore-Transaktionen, so als fänden sie außerhalb des britischen Hoheitsgebiets statt und als hätten die britischen Gesetze hier keine Gültigkeit. Die beiden Transaktionen wurden zwar an demselben physischen Ort durchgeführt, nämlich in der Londoner City, doch aus juristischer Sicht fand eine an einem Ort statt, an dem die Regeln keine Gültigkeit hatten. Und dieser Gedanke, das »Offshore«-Konzept, demzufolge ein Vermögen zwar physisch anwesend, aber juristisch nicht greifbar ist, steht im Mittelpunkt unserer Geschichte. Denn ohne Offshore gäbe es Moneyland nicht.

      Die Offshore-Geschäfte mit den Eurodollars hauchten der Londoner City Ende der Fünfzigerjahre ein wenig frisches Leben ein, aber nicht viel. Die großen Geschäfte wurde immer noch in New York abgewickelt, und das war unerfreulich. Besonders ärgerlich war, dass viele der Kreditnehmer und -geber Europäer waren, dass aber die amerikanischen Banken die fetten Kommissionen für die Geschäfte einstrichen. Europäische Regierungen und Unternehmen brauchten Geld für den Wiederaufbau nach dem Krieg, die Volkswirtschaften wuchsen rasant, und die Londoner Banker sahen nicht ein, warum die Europäer keinen Teil vom Kuchen abbekommen sollten. Ein Banker, der sich ganz besonders ärgerte, war Siegmund Warburg.

      Warburg war in der behaglichen Welt der Londoner City ein Außenseiter. Zum einen stammte er aus Deutschland. Und zum anderen hatte er den Gedanken nicht aufgegeben, dass sich Banker aktiv um Geschäfte bemühen sollten. Er hatte kein Interesse daran, sich zurückzulehnen und sein Plätzchen im Kartell der großen Banken der City einzunehmen – er lebte fürs Geschäft. Weil ihm ein Mittagessen nicht ausreichte, um seine Beziehungen zu knüpfen, aß er oft zweimal mit unterschiedlichen Gästen zu Mittag. Er war es auch, der die Idee der feindlichen Übernahme von Unternehmen nach Großbritannien brachte, worüber das feine Establishment pikiert die Nase rümpfte. Warburg reiste viel und webte unermüdlich an seinem Netzwerk. Im Jahr 1963 erfuhr er von einem Freund bei der Weltbank, dass rund 3 Milliarden Dollar außerhalb der Vereinigten Staaten zirkulierten und nur darauf warteten, genutzt zu werden. Davon wollte Warburg eine Scheibe abhaben. In den Zwanzigerjahren hatte er in Deutschland mit Schuldverschreibungen in Fremdwährungen gehandelt – warum sollte er das nicht wieder tun?

      Schuldverschreibungen sind langfristige Anleihen, bei denen ein Kreditnehmer Geld zu einem festen Zinssatz aufnimmt und am Ende eines vereinbarten Zeitraums zurückzahlt. Für Unternehmen und Staaten sind sie ein wichtiges Finanzierungsinstrument. Wenn ein Unternehmen eine Anleihe in Dollar aufnehmen wollte, musste es dies in New York tun. Warburg wusste jedoch, wo sich ein erheblicher Teil dieser 3 Milliarden Dollar befand, nämlich in der Schweiz. Nun fragte er sich, ob er nicht einen Weg finden konnte, um dieses Geld für sich arbeiten zu lassen.

      Damals lag viel Geld in der Schweiz. Seit den Zwanzigerjahren, als Frankreich seinen Spitzensteuersatz auf 72 Prozent anhob, machten die Schweizer gute Geschäfte damit, Bargeld und Anlagen von Ausländern aufzunehmen, die ihr Vermögen vor dem Zugriff durch das Finanzamt ihres Landes schützen wollten. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs hatte sich die Summe verzehnfacht, bis schließlich 2,5 Prozent des gesamten Privatvermögens der Kontinentaleuropäer in der Schweiz lag. Die Kunden kamen überwiegend aus Frankreich und Italien. Nach dem Zweiten Weltkrieg gingen die guten Zeiten weiter, und Anfang der Siebzigerjahre lagen bereits 5 Prozent des Privatvermögens der Europäer auf Schweizer Konten. Man packte sein Bargeld in den Kofferraum, fuhr nach Zürich oder Genf, übergab die Scheine einem diskreten Kassierer und fuhr wieder nach Hause. »Für reiche Europäer, die Steuern hinterziehen wollten, war die Situation dieselbe wie in den Zwanzigerjahren: Das Land, das den Schutz eines Bankgeheimnisses bot, war die Schweiz«, schrieb der französische Wirtschaftswissenschaftler Gabriel Zucman 2015 in seinem Buch Steueroasen, das die Rolle der Schweiz bei der Geburt von Moneyland beleuchtet.

      Das war kein Geheimnis. Im Tim-und-Struppi-Band Flug 714 nach Sydney aus dem Jahr 1968 entführt der Erzbösewicht Roberto Rastapopoulos einen Millionär, um ihm Einzelheiten zu seinem Schweizer Geheimkonto abzupressen: »Ich kenne den Namen der Bank. Ich kenne den Namen, auf den das Konto läuft. Ich habe ein paar großartige Muster der falschen Unterschrift, die Sie benutzen«, sagt Rastapopoulos zu dem Entführten. »Nur die Kontonummer kenne ich nicht, und die werden Sie mir jetzt verraten.« Es folgt das vielleicht verrückteste Abenteuer von Tim und Struppi, an dem СКАЧАТЬ