Lasst uns über Liebe reden. Walter Muller
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Lasst uns über Liebe reden - Walter Muller страница 5

Название: Lasst uns über Liebe reden

Автор: Walter Muller

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783701362912

isbn:

СКАЧАТЬ am Landeskrankenhaus, für sie eine eigene Arbeitsstelle. Als Hilfskraft, zuständig für die Bäder, auch für die Magnetresonanztherapie. Außerdem ist sie die verlässlichste Post-Vermittlerin, die sich denken lässt. Jetzt hat sie ihre fixen Aufgaben, ihren exakten Arbeitsrhythmus. Acht Jahre lang ist sie auf ihrer Station glücklich und zufrieden. Mit dem Job, mit den liebenswürdigen Mitarbeiterinnen, mit dem Essen in der Spitalskantine.

      Akemi, die Schwester, ist mit 18 von daheim ausgezogen, ist nach Linz gegangen, um – nach der Waldorfschule in Salzburg – dort die Matura zu machen, und schließlich nach Amerika, um Psychologie und Kriminalistik zu studieren und auf diesen Gebieten den Bachelor und das Master-Diplom zu erwerben. Seit 2004 lebt sie mit ihrem Mann Sven in Malaysia.

      2004 stirbt der Vater, Takashi Hoshi. Die Mama und die Natalie sind und bleiben unzertrennlich, ganz aufeinander abgestimmt. Im Jahr nach Vaters Tod bekommt Natalie ihren Arbeitsplatz. Und schließlich, 2009, ihre eigene Wohnung. Und kommt prima mit allem zurecht. Das große Glücklichsein, die ganz große Zufriedenheit. Eigene Arbeit, eigene Wohnung, eigener Lebensrhythmus.

      Am Vormittag wird im Krankenhaus gearbeitet, zu Mittag in der Kantine gespeist. Am Nachmittag gibt es fixe Termine: Tee zubereiten, Duschen, Wäschewaschen im Keller. Alles in ihrem Tempo, gründlich und genau geplant. Und dann, wichtig, um Punkt 18 Uhr im Ersten Deutschen Fernsehen die Vorabendserie Verbotene Liebe. Bitte ja nicht anrufen um diese Zeit! Seit 1995 gibt es diese Daily Soap, Woche für Woche, von Montag bis Freitag. Sehr viele Folgen wird Natalie Hoshi nicht versäumt haben.

      Ihre Schwester Akemi schaut sich in der Ferne, in Malaysia, viele Folgen im Internet an, damit sie Bescheid weiß, wenn Natalie sie am Telefon fragt, was sie von dieser oder jener Liebesverwicklung in der Verbotenen Liebe hält. Zu ihrem 40. Geburtstag, heuer am Tanabata-Tag, hat Akemi für ihr Schwesterherz eigenhändig unterschriebene Autogrammkarten der wichtigsten Darsteller dieser Lieblingsserie per Post bei der ARD besorgt. Was für ein kleiner, großer Liebesbeweis!

      Der 40. Geburtstag. Ein festliches Essen mit ein paar Freunden und der Familie natürlich beim Schützenwirt in St. Jakob. Geburtstage hat sie sehr gemocht. Und Geschenke vor allem, weil man sie auspacken konnte.

      Was Natalie Hoshi noch gern gehabt hat? Schwimmen, eine richtige Wasserratte ist sie gewesen. Was für ein gutes Gefühl, wenn der Körper im See, im Meer schwerelos wird. In Griechenland, in Jugoslawien, in der Türkei, am Wallersee, im Schwimmbad.

      Reisen war schön. Immer mit der Familie. Zur Akemi nach Amerika, nach Asien. Viermal war sie bei ihr in Malaysia. Ist nach Thailand, Kambodscha, Indonesien, Singapur mitgeflogen. Das hat sie toll gefunden, aber es hat sie auch immer belastet. Weil dadurch ihre Alltagsroutine durcheinandergekommen ist. Was tun wir am Abend? Was geschieht morgen? In einer Stunde? Ungewissheit hat Natalie sehr verunsichern können. Dann hat Akemi sie wieder beruhigt. Bei ihr war sie in sicheren Händen. Behütet, beschützt.

      Ein Schokoladen-Fan ist sie gewesen. Die Süßigkeiten im Café Schatz hat sie nicht verachtet; überhaupt das Essen, wichtig! Als Kind am liebsten: Schnitzel, Schnitzel, Schnitzel. Jeansröcke hat sie gerne getragen. Niemals Hosen. Ihre bevorzugte Kleiderfarbe: blau. Eine Orchidee, die ihr die Schwester einmal schenkte, hat sie durch viele Winter gebracht. „Akemi, deine Orchidee blüht immer noch!“

      Malkurse bei Karin Unterburger, einer Maltherapeutin, hat sie besucht und dabei erstaunliche Bilder geschaffen. Bilder in zarten Farben, mit einer duftigen, berührend positiven Ausstrahlung. Manchmal musste man sie ein bisschen anschubsen, aber dann hat sie mit Freude weitergemalt. Der Mutter hat sie manches Bild überlassen, aber nur für einige Zeit, als Leihgabe. Natalie Hoshi war stolz auf ihre Werke.

      Einmal, da war sie 23, 24 Jahre alt, hat sie begonnen, für Udo Jürgens zu schwärmen und hat sich alle CDs von ihm gekauft. Ein jahrelanges Schwärmen ist daraus geworden.

      Und später für den Schauspieler und Fernseh-Conférencier Alfons Haider. Sogar seine Biografie hat sie gelesen, als eines der wenigen Bücher in ihrem Leben. Man nennt ihn den Küsserkönig, weil er so charmant und formvollendet allen Damen die Hand küsst. Im Fernsehen hat sie ihn bewundert, einmal sogar live im Salzburger Landestheater, das ist grad einmal ein Jahr her, im Stück Butterbrot von Gabriel Barylli. Der Onkel Heinz hat sie oft zum Lachen gebracht, auch wenn er sie ein bisschen auf die Schaufel genommen hat.

      Liam, ihr kleiner Neffe, war der wärmste Sonnenstrahl in den letzten 18 Monaten. Wenn er ihr die Ärmchen entgegengestreckt, seinen Kopf in ihren Schoß gelegt hat, wenn sie ihn hochgehoben hat. Von ihm hat Natalie gelernt, dass man manchmal Rücksicht nehmen muss. „Wir müssen es so machen, wie es für den Liam richtig ist!“ Sie hat auch gelernt, auf die Mama Rücksicht zu nehmen, als ihr klar geworden ist, dass selbst die Mama nicht unverwundbar ist, die Mama, die ihr immer ganz, ganz nahe war und auch jetzt noch ist.

      Von der Natalie, sagt Akemi, die wunderbare Schwester, hat man lernen können, dass man die Welt nicht immer durch seine eigenen Augen beurteilen kann, sondern offen sein muss für andere Betrachtungsweisen. Natalie lebte, so Akemi, in ihrer eigenen Welt, die nicht für alle zugänglich war und die andere Werte hatte. „Entschleunigen“ konnte man von ihr lernen. Selbst einmal langsamer werden.

      „Viele Menschen versäumen das kleine Glück, während sie auf das Große vergebens warten.“ Natalie Hoshi war, weil sie ein bisschen anders war, eine Lehrmeisterin für die anderen. Eine Lehrmeisterin in Sachen kleines, großes Glück und Zufriedenheit.

       Dem himmlischen Stern hinterdrein

      (Richard Mühl, 1947–2012)

      „Deine Wangalan“ heißt die kleine Melodie, die du sehr gemocht hast, Richard. Tobi Reiser, der Jüngere, hat sie komponiert, das Reiser-Ensemble hat sie gespielt. Wir waren Hirten beim Salzburger Adventsingen, lang ist es her. Tobi Reiser, Karl Heinrich Waggerl, das war unsere Bubenzeit, Hirtenstock und Filzhut, der Andachtsjodler und der Stern, dem wir andächtig Jahr für Jahr gefolgt sind, auf dem Weg zum Stall von Bethlehem, auch wenn wir längst gewusst haben, dass der Stern bloß ein heller Scheinwerfer hoch droben im Beleuchterhimmel in der Aula oder im Festspielhaus gewesen ist.

      Wer einmal Hirte war, der bleibt ein Hirte, dem Herzen nach, sein Leben lang. Du hast oft von dieser Zeit geplaudert, Richard, bist später gerne zu den Treffen der ehemaligen Hiatabuam und Hirtensänger gekommen. Wenn du aufgetaucht bist, nicht nur beim Hirtentreffen, ich glaube, das hast du immer und in jeder geselligen Runde so gemacht, hast du zuallererst jedem erzählt, wie lang du mit der Anni verheiratet bist. Und im nächsten Satz, dass du deinen erstgeborenen Sohn, den Richard, 1994 durch einen tragischen Unfall verloren hast. Das waren die ersten Sätze. Dann alles andere.

      In der Nacht vor deinem so überraschenden Tod heute vor einer Woche, hast du mit der Nachtschwester im „Wehrle“ ein bisschen geshakert, kavaliersmäßig, und hast ihr dein ganzes Leben erzählt. Der erste Satz war wohl der: „45 Jahre bin ich mit der Anni verheiratet!“ Und der zweite: „Seit 18 Jahren ist mein erster Bub, der Richard, tot.“

      Du warst so stolz und so verwundbar zugleich. Kein Diplomat, weiß Gott nicht. Wie einseitig wäre das Leben, wenn es nur diplomatische Menschen gäbe! Die zu allem Ja und Amen sagen. Du bist immer den geraden Weg gegangen, und der führt manchmal mit dem Kopf durch die Wand. Du bist einer mit Ecken und Kanten gewesen, da eckt man hin und wieder an. Das ist halt so.

      Du hast oft einfach die Wahrheit gesagt, gradheraus – das verträgt nicht ein jeder. Das Wichtigste: Du hast Handschlagqualität besessen, auf dich hat man sich hundertprozentig verlassen können, ob als Versicherungs-Kunde oder als Freund. Du hast geholfen, wo es was zu helfen gab, ohne Zögern und ohne auf die Uhr zu schauen. Warst einfach da – zur richtigen Zeit. Du mit deiner rauen Schale und СКАЧАТЬ