Lebendige Seelsorge 4/2021. Verlag Echter
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Название: Lebendige Seelsorge 4/2021

Автор: Verlag Echter

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9783429065102

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      [Links zuletzt eingesehen am 30.06.2021]

       Der besondere Weltcharakter der Kirche

      Die Replik von Sabine Demel auf Manuel Schlögl

      Habe ich da Manuel Schlögl richtig verstanden? Will er wirklich Terminologie und Inhalt trennen? Behauptet er tatsächlich, dass Lai*innen zwar terminologisch auch Amtsträger*innen sein können, aber nicht theologisch? Je weiter ich seinen Beitrag lese, desto mehr bestätigt sich für mich, was ich zu Beginn der Lektüre nicht für möglich gehalten habe: Für Schlögl ist die Terminologie des laikalen Amtes eine rechtliche und politische Lösung, von der die spirituelle und theologische Lösung zu unterscheiden ist. Und die heißt: Es gibt kein laikales Amt, sondern nur ein dreigliedriges Weiheamt. Oder wie Schlögl formuliert: „Dem [sc. Diakonat als erstes Glied des Weiheamtes] noch ein eigenes Lai*innenamt (ob mit Weihe oder Beauftragung) hinzuzufügen, würde eher zur weiteren Verunklarung der kirchlichen Dienste als zu ihrer Profilierung beitragen.“ Und an anderer Stelle: „Das Spezifikum der Lai*innen liegt nicht darin, ein ‚laikales Amt‘ in der Kirche zu bekleiden, sondern in einer kirchlichen, jedoch vom Weiheamt unterschiedenen Sendung in der Welt zu stehen.“ Das klingt doch sehr danach, den Lai*innen den sog. Weltdienst zuzuweisen, während den Klerikern der sog. Heilsdienst zukommt. Für Schlögl scheint damit das Spezifikum der Lai*innen in deren sog. Weltcharakter zu liegen. Zugegebenermaßen kann er sich dafür auch auf das Zweite Vatikanische Konzil berufen, das in der Tat an einigen Stellen davon spricht, dass den Lai*innen „der Weltcharakter ganz besonders zu eigen“ (LG 31,1; vgl. AA 2.4.7.29) sei. Doch die Frage ist, was das Konzil mit dieser Aussage zum Ausdruck bringen wollte. Formuliert es hier eine theologische Umschreibung oder eine soziologische Beschreibung des Lai*in-Seins in der Kirche? Meines Erachtens spricht vieles dafür, dass es eine Beschreibung des damaligen Ist-Zustands ist. Das machen schon einige Anfragen an die Aussage über den Weltcharakter deutlich: Wieso soll nur den Lai*innen ein besonderer Weltcharakter eigen sein? Leben denn die Kleriker woanders als „inmitten der Welt“ (AA 2)? Haben es nicht auch die Kleriker mit den weltlichen Dingen zu tun? Und haben nicht auch sie, wie die Kirche überhaupt, die Aufgabe, der Verwandlung der Welt in Gottes Herrschaft zu dienen (vgl. Werbick, 592f.; Bausenhart, 50)? Zumindest werden die Priester auch im Dekret über den Dienst und das Leben der Presbyter „mitten in der Welt“ (Presbyterorum ordinis 17,1) gesehen. So stellt auch die Churer Dogmatikerin Eva-Maria Faber fest: „Einmal abgesehen davon, dass auch der hier gemeinte ‚Weltdienst‘ ein ‚Heilsdienst‘ ist, wurde verkannt, dass Beschreibungen der Laien wie in LG 31 phänomenologischen Charakter haben, nicht als theologische Wesensaussage zu verstehen sind und jedenfalls nicht dazu herhalten können, den Laien eine innerkirchliche Verantwortung und Sendung abzuerkennen“ (Faber, 66). Und der Frankfurter Dogmatiker Knut Wenzel geht noch eine Ebene tiefer und macht darauf aufmerksam, dass letztendlich in dieser gelegentlichen Hervorhebung des besonderen Weltcharakters der Lai*innen „die Ambivalenz so vieler konziliarer Formulierungen beobachtet werden [kann]: Einerseits wird die Möglichkeit offen gehalten, in die grundlegende Sendung der Kirche doch wieder eine ‚ständische‘ Differenz (zwischen Laien und Klerus) einzutragen; andererseits findet eine formale Würdigung der Eigentätigkeit der Laien im Volk Gottes statt“ (Wenzel, 182). Der ‚konziliaren Ambivalenz‘ in der Lai*innenfrage kommt aber noch eine viel tiefergehende Bedeutung zu. Sie trägt nämlich eine Dynamik in sich, die geradezu als prophetisch bezeichnet werden kann. Denn die besondere Zuschreibung des Weltcharakters an die Lai*innen führt dazu, dass die „Konzilstexte sich gewissermaßen selbst überholen. Wenn [in AA 2 …] das Apostolat der Laien inhaltlich durch ‚ihr Bemühen um die Evangelisierung und Heiligung der Menschen und um die Durchdringung und Vervollkommnung der zeitlichen Ordnung mit dem Geist des Evangeliums‘ bestimmt wird, und wenn man bedenkt, dass genau darin die Sendung der Kirche insgesamt besteht, dann wird faktisch ausgesagt, dass die Laien in suffizienter Weise Träger der Sendung der Kirche in der Welt sind“ (Wenzel, 182).

      In dieser Verhältnisbestimmung von Lai*innen, Kirche und Welt ist das laikale Amt in der Kirche theologisch verankert, und zwar ohne dem geweihten Amt etwas wegzunehmen oder mit diesem identisch zu sein. Die vom Zweiten Vatikanischen Konzil vollzogene Öffnung des Amtes auf die Lai*innen hin trägt der Erkenntnis Rechnung, dass „jede Amtstheologie dogmatisch gesehen immer in Abhängigkeit zur Ekklesiologie steht“ und „die Ämter darum auch von ekklesialen Notwendigkeiten her zu bestimmen [sind]. In diesem Sinne ist die Amtstheologie durchaus funktional anzusetzen: Amtsträger ‚fungieren‘ für die der Kirche eigenen und notwendigen Lebensvollzüge“ (Rahner mit Bezug auf Eva-Maria Faber, 11).

       LITERATUR

      Bausenhart, Guido, Theologischer Kommentar zum Dekret über das Apostolat der Laien Apostolicam actuositatem, in: HThK [Bd. 4], 1–123.

      Faber, Eva-Maria, Dringliche Fingerübungen theologischer Erkenntnislehre. Zu ungeklärten Fragen hinter den Rahmenstatuten aus dogmatischer Perspektive, in: Demel, Sabine (Hg.), Vergessene Amtsträger/-innen? Die Zukunft der Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten, Freiburg i. Br. 2013, 52–77.

      Rahner, Johanna, Amtstheologische Zukunftsmusik, nicht nur im Blick auf Viri probati, in: Anzeiger für die Seelsorge 130 (2021), 11–15.

      Wenzel, Knut, Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine Einführung, Freiburg i. Br. 2014.

      Werbick, Jürgen, Laie, in: LThK 6, 592f.

       Der Sakramentalität der Kirche ist nichts vorzuziehen

      Die Replik von Manuel Schlögl auf Sabine Demel

      Beipflichten möchte ich den pointierten Ausführungen von Kollegin Demel gerne in der Aussage, der Begriff ‚Amt‘ dürfe nicht gegen jenen des ‚Dienstes‘ ausgespielt werden, so als sei der eine für Kleriker, der andere für Lai*innen bestimmt. Denn jede*r, die*der ein Amt in der Kirche bekleidet, weiß sich verpflichtet zu einem ‚Dienst‘, was ja nichts anderes heißt als Dasein für andere nach dem Vorbild Jesu Christi.

      Ebenso richtig ist es, vom Amt als ‚Relationsbegriff‘ zu sprechen. Jedes Amt ist ein Beziehungsgeschehen – allerdings nicht nur horizontal, sondern auch vertikal. Wenn Sprache Wirklichkeit abbildet, dann scheint es mir für den Text von Frau Demel bezeichnend, dass empirisch-soziologische, juristische und organisatorische Fragen jede theologische Reflexion über das Amt und die Berufung der Lai*innen in der Kirche überdecken.

      Was wäre denn der Vorteil, wenn Pastoralreferent*innen nun ausdrücklich als Amtsträger*innen bezeichnet und eingesetzt würden? Geht es am Ende nicht einfach um eine ‚größere Unabhängigkeit‘ gegenüber geweihten Amtsträgern? Leitet man damit nicht die Kompetenz der Lai*innen doch wieder ex negativo von den priesterlichen Kompetenzen ab statt sie positiv in ihrer eigenen Berufung durch Taufe, Firmung und eigene amtliche Beauftragung her zu sehen? Wie soll es praktisch umsetzbar sein, wenn Pastoralreferent*innen direkt dem Bischof unterstehen und der Pfarrer, der doch die Gesamtverantwortung in der Pfarrei trägt, keinerlei Weisungsbefugnis mehr besitzt? Solche Vorschläge scheinen mir an der Realität heutiger Pastoral vorbeizugehen und mehr ein Gegeneinander der Dienste in der Kirche zu provozieren als ein fruchtbares Miteinander zu fördern.

      Wenn die sakramentale Dimension der Kirche (die eben nicht nur ‚Volk Gottes‘, sondern als dieses Volk auch ‚Leib Christi‘ ist) und die Sakramentalität des Amtes keine Rolle mehr spielen, wird die Kirche zum Verein, der sich seine Statuten selbst gibt statt sie aus dem Ruf Christi zu empfangen. Dann СКАЧАТЬ