Moderne Klassiker der Gesellschaftstheorie. Ingo Pies
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Название: Moderne Klassiker der Gesellschaftstheorie

Автор: Ingo Pies

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная деловая литература

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isbn: 9783846345757

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СКАЧАТЬ seine späteren Schriften bestätigt. Hinzuweisen ist auf mehrere wichtige Bücher:

      (1) Rawls war sich sehr darüber im Klaren, dass seine Gerechtigkeitstheorie vornehmlich auf die USA als einen demokratisch verfassten Rechtsstaat mit einer ganz bestimmten Verfassungskultur zugeschrieben war. Um seine Theorie – und ihre Theorieleistungen – von der Ebene des Nationalstaats auf die globale Ebene des Völkerrechts anzuheben, sind deshalb theoretische Modifikationen erforderlich.[22]

      |21|(2) Rawls hat seine Überlegungen zur Gerechtigkeitstheorie über viele Jahrzehnte hinweg kontinuierlich weiterentwickelt. Für die hier vorgelegte Interpretation seiner Schriften ist die finale Fassung eine aufschlussreiche Bestätigung.[23]

      (3) Von besonderer Bedeutung für ein vertieftes Verständnis des Rawlsschen Ansatzes sind seine Vorlesungen zur Geschichte der Moralphilosophie und zur Geschichte der politischen Philosophie, in denen er sich als meisterhafter Interpret alternativer Theoriearchitekturen erweist.[24] Besonders zu empfehlen sind seine Ausführungen zu Immanuel Kant und zu Thomas Hobbes.

      Aus der mittlerweile Bibliotheken füllenden Sekundärliteratur zu Rawls sei hier nur verwiesen auf die exzellenten Kommentarbände von Freeman[25] sowie von Mandle und Reidy[26].

      Literatur

      Brennan, Geoffrey und James M. Buchanan (1985, 1993): Die Begründung von Regeln, Tübingen.

      Eucken, Walter (1952, 1990): Grundsätze der Wirtschaftspolitik, 6. Auflage, Tübingen.

      Freeman, Samuel (Hrsg.) (2003): The Cambridge Companion to Rawls, Cambridge u.a.O.

      Hayek, Friedrich A. von (1976, 1981): Recht, Gesetzgebung und Freiheit, Bd. 2: Die Illusion der sozialen Gerechtigkeit, aus dem Amerikanischen übertragen von Martin Suhr, Landsberg am Lech.

      Homann, Karl und Ingo Pies (1993): Liberalismus: Kollektive Entwicklung individueller Freiheit – Zu Programm und Methode einer liberalen Gesellschaftstheorie, in: Homo Oeconomicus X(3/4), S. 297–347.

      Mandle, Jon und David A. Reidy (2013): A Companion to Rawls, Chichester.

      Pies, Ingo (1993): Normative Institutionenökonomik. Zur Rationalisierung des politischen Liberalismus, Tübingen.

      Rawls, John (1971, 1979): Eine Theorie der Gerechtigkeit, übersetzt von Hermann Vetter, Frankfurt a.M.

      Rawls, John (1992): Die Idee des politischen Liberalismus, Frankfurt a.M.

      Rawls, John (1993): Political Liberalism, New York.

      Rawls, John (1999): The Law of Peoples, Cambridge, Mass. und London.

      Rawls, John (2000): Lectures on the History of Moral Philosophy, edited by Barbara Herman, Cambridge, Mass. und London.

      Rawls, John (2001): Justice as Fairness. A Restatement, Cambridge, Mass. und London.

      Rawls, John (2002a): Das Recht der Völker, übersetzt von Wilfried Hinsch, Berlin.

      Rawls, John (2002b): Geschichte der Moralphilosophie. Hume, Leibniz, Kant, Hegel, hrsg. von Barbara Herman, übersetzt von Joachim Schulte, Frankfurt a.M.

      Rawls, John (2006): Gerechtigkeit als Fairness. Ein Neuentwurf, hrsg. von Erin Kelly, übersetzt von Joachim Schulte, Frankfurt a.M.

      |22|Rawls, John (2007): Lectures on the History of Political Philosophy, hrsg. von Samuel Freeman, Cambridge, Mass. und London.

      Rawls, John (2008): Die Geschichte der Politischen Philosophie, hrsg. von Samuel Freeman, übersetzt von Joachim Schulte, Frankfurt a.M.

      Suchanek, Andreas (1994): Ökonomischer Ansatz und theoretische Integration, Tübingen.

       [Zum Inhalt]

      |23|James Buchanan (1919–2013)

      „Propositions advanced by political economists must always be considered as tentative hypotheses offered as solutions to social problems. … [T]he political economist’s task is completed when he has shown the parties concerned that there exist mutual gains ‚from trade‘.“ James M. Buchanan (1959; S. 128f.)

      James Buchanans konstitutionelle Ökonomik

      Wie nur wenige Ökonomen des 20. Jahrhunderts tritt James Buchanan mit dem Anspruch auf, das (Selbst-)Verständnis des Fachs zu ändern: Die Ökonomik soll die mit der Neoklassik zunächst verloren gegangene gesellschaftstheoretische Ausrichtung wiedergewinnen, sie soll an die Traditionslinie der ‚political economy‘ wieder anknüpfen.[27]

      Durch eine solche Neuorientierung will Buchanan die Ökonomik in die Lage versetzen, wichtige gesellschaftliche Aufgaben übernehmen zu können. Sie soll sich für die Bürger als nützlich erweisen, indem sie ihnen eine intellektuelle Hilfestellung bei der Lösung politischer Probleme bietet. Buchanan geht es darum, eine Perspektive aufzuzeigen, aus der man – analog zum wirtschaftlichen Prozess – den politischen Prozess anders – und vor allem: konstruktiver – wahrnehmen kann, als dies mit einem ökonomisch ungeschulten Blick möglich ist. Üblicherweise wird die Wirtschaft – und analog: die Politik – als eine chaotische Sphäre wahrgenommen, in der konfligierende Interessen aufeinanderprallen, so |24|dass der eine verliert, was der andere gewinnt. Angesichts einer solchen Wahrnehmung, die sich wie von selbst aufdrängt, bedarf es einer Konzeptualisierung, die den phänomenologischen Eindruck theoretisch korrigiert, damit Marktwirtschaft und Parlamentarismus in einer Demokratie dauerhaft möglich werden. Buchanans Botschaft lautet: Das, was wie ein Nullsummenspiel aussieht, ist in Wirklichkeit – zumindest potentiell – ein Positivsummenspiel, in dem es gemeinsame Interessen aller Bürger gibt. Von diesem Punkt aus muss Gesellschaft gedacht werden. Sie erscheint dann im Kern als ein kooperatives Unternehmen, ein Projekt der wechselseitigen Zusammenarbeit. In diese Zusammenarbeit eingelassen sind Sphären der Konkurrenz – in der Wirtschaft: zwischen Unternehmen und zwischen Konsumenten; in der Politik: zwischen Interessengruppen, von denen einige als Parteien organisiert sind. Damit stellt Buchanan eine Perspektive vor, die dem phänomenologisch dominanten Wettbewerb eine zwar wichtige, im Kern jedoch sekundäre Rolle zuweist: als Instrument gesellschaftlicher Kooperation. Konkurrenz ist kein Selbstzweck, kein genuines Ziel, sondern vielmehr ein Mittel, dessen man sich bedienen kann, um bestimmte Ergebnismuster hervorzubringen, die letztlich gesellschaftlicher Kooperation förderlich sind. Eine erfolgreiche Handhabung dieses Mittels setzt ein Verständnis seiner Funktionsweise voraus. Hierzu bedarf es theoretischer Erklärungen – genauer: ökonomischer Erklärungen, und für diese ist es konstitutiv, zwischen den Handlungen der Akteure und den institutionellen Bestimmungsgründen dieser Handlungen zu unterscheiden – in der Sprache des Sports: zwischen Spielzügen und Spielregeln. Damit will Buchanan das, was ihm für die Wirtschaft einigermaßen gelungen zu sein scheint, für die Politik nachholen: Die Erklärung gesellschaftlicher Prozesse soll in Aufklärung übersetzt werden.[28] Von einer ökonomischen Rekonstruktion regelgeleiteter Interaktionsprozesse in Wirtschaft und Politik verspricht sich Buchanan ein besseres Verständnis der Funktionsweise von Gesellschaft und folglich ein Orientierungswissen, das dazu eingesetzt werden kann, das gesellschaftliche Institutionensystem so zu gestalten, dass Ergebnisse wahrscheinlich(er) werden, denen die Bürger zustimmen können. Formelhaft zugespitzt bedeutet das: Letztlich machen Ideen Politik, und deshalb wächst der Ökonomik als Ideenlieferant eine eminent politische Aufgabe in der Demokratie zu. Zentral geht es um Fragen diskursiver СКАЧАТЬ