TodesGrant. Wilfried Oschischnig
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Название: TodesGrant

Автор: Wilfried Oschischnig

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

Серия:

isbn: 9783827184160

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СКАЧАТЬ … da schwimmt ein Zahn!“

      „Spinnt ihr?! Nein“, erschrak Gradoneg, „der ist von euch! Den habt ihr mir untergejubelt! So wie bei der Kamera, die fährt auch plötzlich von selbst los.“

      Am liebsten hätte Gradoneg gleich dem Krankenpfleger die Schüssel aus den Händen gerissen und an den Kopf geworfen.

      „War ja nur Spaß …“, schüttelte der Krankenpfleger sich und die Schüssel vor Lachen. „Ohne Humor geht’s nirgends, auch nicht im Gefängnis. Musst ja nicht gleich einen Herzinfarkt kriegen … Dafür schenk ich dir eine Prostataeinlage, ja? Ich bring das raus und hol dir eine. Bei den Pulverln kommt manchmal was nach. Nicht viel, aber doch … wie bei Hämorrhoiden.“

      Gradoneg sah ihn verdattert an.

      „Ist kein Malheur, so eine Prostataeinlage“, grinste der Krankenpfleger. „Früher oder später müssen wir uns sowieso daran gewöhnen. Die Prostata ist die Achillesferse des Mannes, hängt nur ein bisschen höher oben. Der entkommen wir nicht … aber immerhin können wir uns dann am FKK-Strand ungeniert nach den Weibern umdrehen.“

      ***

      Jedenfalls war Gradoneg schwer lädiert, als er der Gerechtigkeit endlich ein Stück näher kam und zum Haft- und Rechtsschutzrichter ins Vernehmungszimmer gebracht wurde. Sein leerer Magen knurrte vor Hunger, es schwindelte ihm noch mehr von den Torturen des Tages, und die Prostataeinlage in seiner Unterhose stärkte auch nicht gerade sein angeknackstes Selbstbewusstsein. Nur die Hoffnung auf Gerechtigkeit ließ ihn diese Strapazen einigermaßen würdig ertragen. Er wollte den juristischen Irrtum raschest aufklären und aus der Hölle verschwinden; und ein klärendes Gespräch mit einem Richter war der Schlüssel dazu. Also musste Gradoneg den besten Eindruck hinterlassen. Seine Aussagen durften nicht so zerknittert wie der Anzug sein, und jedes Argument musste besser sitzen als der blutverschmierte Hemdkragen.

      Nervös rutschte er auf dem Sessel im Vernehmungszimmer hin und her und lächelte untertänig durch eine Plexiglasscheibe, die den Tisch in der Mitte trennte, zum Richter hinüber. Dieser sah lange nicht von seinen Unterlagen hoch, notierte etwas mit einem Kugelschreiber. Der Raum war fensterlos, die abgestandene Luft zum Schneiden, und selbst die Lampe schien einen leichten Wackelkontakt zu haben. Aber das interessierte Gradoneg nicht. Ihn interessierte sein Recht; das Recht auf Gerechtigkeit, wie es jedem Österreicher zustand.

      Höttinger … Dr. Alfred Höttinger, so hieß der ‚Haft- und Rechtsschutzrichter‘. Und je länger Gradoneg diesen Höttinger durch die Plexiglasscheibe anlächelte, desto unwohler fühlte er sich. Dort am anderen Tischende saß die Selbstgerechtigkeit in Person: Ein hageres, knochiges Gesicht, in dem sich keine Lachfalte fand; seine dicken Tränensäcke unter den kalten Augen glänzten fast schon wie Vanillekipferl aus Lebertran, und die Lippen waren so dünn, als wären sie eine Drahtschlinge. Eine scharfe, tödliche Drahtschlinge, mit welcher dieser Richter ein jedes Wort, das ihm nicht passte, sofort erdrosseln würde.

      „Die Anklage wurde Ihnen ja bereits verlesen“, sah Höttinger endlich von seinen Unterlagen auf. Seine Stimme glich ebenfalls mehr einem Höllenlärm als jener eines Menschen. „Dann können wir nämlich gleich zur nächsten Formalität schreiten.“

      „Nicht bewusst, Euer Ehren … Ich weiß weder die Anklage noch weshalb ich festgenommen wurde, wirklich nicht“, stammelt Gradoneg. „Ich … ich war ja bewusstlos, Euer Ehren. Hier liegt bestimmt ein Irrtum vor, der sich rasch aufklären lässt.“

      Gradoneg wusste nicht, wie er Höttinger korrekt ansprechen sollte, und entschied sich spontan für ‚Euer Ehren‘, die unterwürfigste Variante im österreichischen Gerichtswesen. Außerdem kannte er diese Anrede aus alten Agatha-Christie-Filmen, wo ja auch immer das Recht über dem Unrecht stand.

      „Kannibalismus mit mutmaßlicher Tötung“, räumte Höttinger Gradonegs Informationsdefizit mit einem herrischen Ton aus dem Weg. „Was einer logischen Abfolge entspricht:

      Kannibalismus setzt immer einen toten Menschen voraus. Für die Tierquälerei wird der Strafbestand erst hinterher gesondert erhoben.“

      Gradoneg fiel die Kinnlade runder. Nun hörte er es aus dem Mund eines Richters – er sollte ein Kannibale und Mörder sein, und weil dem nicht genug war, wollte man aus ihm auch noch einen Tierquäler machen. Jeder, der das von sich gehört hätte, wäre vom Sessel gefallen, er kämpfte weiter.

      „Aber ich bitte Sie, Euer Ehren, das ist bestimmt ein …“, murmelte er höflich.

      Der Richter fiel ihm gleich ins Wort.

      „Und ich ‚bitte‘ Sie um Ruhe! Ja! Und zwar zum ersten und letzten Mal! Sonst ‚bitte‘ ich die Justizwache, dass sie Sie abholt. Wir können diese Einvernahme auch gerne in ein paar Wochen fortsetzen.“

      Höttinger sah angewidert zu Gradoneg rüber, ließ eine Pause verstreichen. Schüttelte wie bei einem schlimmen Kind den Kopf, und seine hässlichen Tränensäcke hüpften dabei, als würde sie ihrem ‚Herrn & Meister‘ applaudieren.

      „Gut, dann wieder zu Ihrer Rechtsbelehrung“, nahm der Richter das oberste Papierblatt von seinem Unterlagenstapel und legte es vor sich auf den Tisch: „Also, falls Sie einen Rechtsbeistand beantragen möchten, steht Ihnen das selbstverständlich frei … Gibt ja schon jede Menge Rechtsanwälte, die sich bei Ihnen darum anstellen. Eindrucksvoll, alle Achtung … keine drei Stunden hier und die Crème de la Crème der Wiener Anwaltskanzleien reißt sich um Sie. Alles, was Rang und Namen hat“, wachelte er mit einem Papierblatt hinter der Plexiglasscheibe. „Diese Liste wird ja immer länger. Wollen alle mit Ihnen in den Medien punkten. Wenn’s mit den vielen Anrufen so weitergeht, müssen wir noch eine Hotline einrichten. Ist ja auch ein Fressen für die Medien, so ein Kannibalismus … da betreut man gerne einmal einen Mandanten unentgeltlich. Bringt mehr als jede Anzeige aus dem Marketingbudget. Da fragen sich die Leute immer, wie sich ein mittelloser Delinquent einen teuren Anwalt leisten kann … hängt immer nur vom jeweiligen Fall und dem Marketingwert dahinter ab. Sie können jedenfalls aus dem Vollen schöpfen. Ich lasse Ihnen dann die Liste zukommen.“

      Gradoneg räusperte sich.

      „Ehrlich gesagt, hoffe ich, … dass … dass sich dieser Irrtum im Gespräch mit Ihnen aufklären wird, Euer Ehren.“

      „Na, dann hoffen Sie einmal weiter“, lächelte Höttinger beinahe schon mitleidig über Gradonegs Naivität, klopfte dann mit seinem Kugelschreiber auf die Anwaltsliste vor ihm: „Von der Dame in der dritten Spalte würde ich Ihnen allerdings abraten. Diese Kollegin verbucht Sie nicht nur im Marketingbudget … die schreibt Ihnen auch richtige Rechnungen. Gibt nur leere Versprechungen, aber keine unentgeltliche Vertretung bei dieser Kollegin. Das gehört zu ihrem Arbeitsstil: In den Haftanstalten träumen die Delinquenten von ihrem kurzen Rock, und die Ehefrauen von denen haben dann zu Hause Albträume wegen der langen Rechnungen. Sind nicht einmal die Tattoos echt bei dieser feinen Dame. Einmal ist bei ihr der Anker am rechten Oberschenkel unterm Rocksaum, dann wieder links. Wie sie’s halt braucht. Tja, so ist das Leben … Lug und Trug, nicht wahr?“, schob Höttinger das Blatt mit der Anwaltsliste zur Seite, als wäre es ein vollgerotztes Taschentuch eines Fremden. „Die Eingabe erledigen Sie dann selbst über die Justizwache.“

      Offenbar verbarg sich hinter der breiten Metallleiste, mit welcher das Plexiglas am Tisch befestigt war, ein Aufnahmegerät. Höttinger tippte jedenfalls auf irgendetwas herum und sprach überdeutlich:

      „14.23 Uhr. Der Verhaftete, Matthias Frerk Gradoneg, geb. am 7. Juni 1970, wurde hiermit eingehend über den Sachverhalt der ihm zu Lasten gelegten Straftaten informiert als auch über seine Rechte belehrt. Dies betrifft sein Recht auf die Verständigung und СКАЧАТЬ