Gottes Weg mit den Menschen. Jin Man Chung
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Название: Gottes Weg mit den Menschen

Автор: Jin Man Chung

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Forschung zur Bibel

isbn: 9783429063139

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СКАЧАТЬ dem Markusevangelium eine hohe, eigenständige Christologie.

      Georg Künzel

      Die Erlanger Dissertationsschrift von Georg Künzel „Studien zum Gemeindeverständnis des Matthäusevangeliums“85 weist in ihrem Titel darauf hin, dass diese Abhandlung sich dem ekklesiologischen Thema widmet. Welches Gemeindeverständnis im Matthäusevangelium vorherrscht, ist die Grundfrage der redaktionsgeschichtlich angelegten Arbeit. Die Darstellung der matthäischen Ekklesiologie bezieht sich auf 1) das Selbstverständnis, 2) die Funktion und 3) die Vollmacht der Gemeinde.

      Zu 1): Der Autor legt dar, die Gemeinde lebe „zwischen zwei Polen: der Offenbarung des Gottesrechtes, die sich im Jesus-Geschehen vollzogen hat, und der Durchsetzung des Gottesrechtes, die sich bei der Ankunft des Menschensohnes vollziehen wird“86. Sie werde von den „Jüngern“ repräsentiert. Sie ständen dem Volk gegenüber, insofern sie die Basileia-Verkündigung Jesu verstehen. Das „Verstehen“ komme ihnen zu; es bedeute „die Einsicht, die dazu befähigt, anders als das Volk, dem die Erkenntnis der Geheimnisse des Himmelreiches nicht gegeben ist, das Wort vom Reich zu hören und Frucht zu bringen“87. Die Jüngerschaft sei an der Verbundenheit mit Jesus erkennbar. Durch Nachfolge, Leidensbereitschaft und Gehorsam gewinne sie ihr Kennzeichen.

      Zu 2): Die Gemeinde als die Jüngerschaft Jesu habe eine doppelte Funktion. Einerseits habe sie die prophetische Wirksamkeit (Mt 10,41; 23,34), die „im Kontext der Bemühung um die Verwirklichung der mt verstandenen δικαιοσύνη geschieht und die Konsequenz der Verfolgung zu übernehmen bereit ist“88. Andererseits fungieren die Gemeindeglieder als christliche Schriftgelehrten (Mt 13,52), die um das Gerechtsein ringen, das Wort vom Reich verstehen und damit Frucht bringen.

      Zu 3): Die „Wirkungsformen der Gemeinde“89 würden an den Petrustexten vorgeführt. Es handele sich um die Geschichte des Petrus von seinem Glauben (Mt 14,29), seinem Bekenntnis (Mt 14,33; 16,16), seinem Kleinglauben (Mt 14,31) und Versagen (Mt 16,23; 26,69ff.). Diese Aussage erhalte „eine seelsorgerlich relevante Modell-Funktion“90. Die matthäische Gemeinde finde in Mt 16,19 und 18,18 „Ursprung und Urbild der von ihr geübten lehrmäßigen und disziplinarischen Vollmacht“91. Sie werde von der Vollmacht der Vergebung, dem charismatischen Handeln und der missionarischen Vollmacht weiter geformt und belebt.

      Offenbar ist das Gemeindebild im Matthäusevangelium das Zentralthema der Arbeit. Da Künzel aber „das Geschichtsverständnis des Matthäus-Evangeliums als Rahmen für das matthäische Gemeindeverständnis aufzeigen will“92, braucht seine Untersuchung ein weiteres Bezugsfeld der Geschichtstheologie. Dieser Arbeitsschritt rechtfertige sich mit der Beobachtung, dass Matthäus „nicht nur an der gegenwärtigen Situation der Kirche interessiert ist, sondern als Theologe die Existenz der Kirche Jesu vor dem Hintergrund der Geschichte des at. Gottesvolkes reflektiert“93. Das geschichtstheologische Konzept im Matthäusevangelium sei aber zuerst durch die Person und die Geschichte Jesu ausgelegt. Die alttestamentlich-prophetischen Zeugen fänden ihre göttliche Beglaubigung im Jesusgeschehen. Der Heilsweg Gottes zu allen Völkern hin beginne mit dem Leben und Werk Jesu, insofern das Volk Israel sich der Sendung Jesu verschließt. Die Christologie, die in einem Aufriss des Jesusgeschehens ausgeführt wird, sei als kritische Norm für die Beurteilung des Gemeindeverständnisses in der Glaubenspraxis wirksam. Unter der Berücksichtigung der theologisch bestimmten Gesamtschau deutet Künzel die Geschichte der Gemeinde als solche, die „die Erfahrung der heilsamen Zuwendung Gottes in Jesus, dem Immanuel, zur Voraussetzung hat und von da aus das Jesusgeschehen zum Maßstab für schon geschehene, gegenwärtige und noch ausstehende Geschichte nimmt“94. Im Rahmen der geschichtstheologischen Geschichtsschau erweist sich die Verbindung von Christologie, Ekklesiologie und Eschatologie als konstitutiv für das Matthäusevangelium.

      „Von den Reflexionszitaten bis zu den Aussagen über Ende und Vollendung des Äons bietet das erste Evangelium einen zielgerichteten Aufriß.“95

      Auswertung: Künzels Betrachtung gilt der Beschäftigung mit der matthäischen Ekklesiologie, worauf der Arbeitstitel bereits hinweist. Wie das Gemeindebild im Matthäusevangelium dargestellt wird, ist die Grundfrage der Arbeit. Künzel aber stellt keine rein ekklesiologische Arbeit vor, seine Überlegungen werden vielmehr durch christologische Erläuterungen begründet. Die „Gemeinde“ wird in einen geschichtstheologischen Horizont der alttestamentlichen Geschichte Israels gestellt, deren Auslegung und Erfüllung sich in der Jesusgeschichte finden. Jesus selbst ist die Norm für das Gemeindeverständnis. Sein Leben und Werk prägen das Gemeindebild. Die Ekklesiologie wird von der Christologie bestimmt. Die geschichtstheologische Auffassung des Evangelisten bildet bei Künzel den Rahmen für Christologie und Ekklesiologie.

      Charles E. Carlston

      Abschließend soll der Aufsatz von Charles E. Carlston „Christology and Church in Matthew“96 vorgestellt werden. Dieser verdankt sich der großen Aufmerksamkeit des Autors darauf, dass Christologie und Ekklesiologie durchgängig wesentlich für die Matthäus-Exegese sind, allerdings der Zusammenhang zwischen beiden in der Forschung nur nachlässig behandelt worden ist.

      Als Interpretationsgrundlage bringt Carlston, wie von Strecker vorgegeben und von Künzel variiert, „salvation-history“ ins Gespräch. In heilsgeschichtlicher Hinsicht werde die Gottesgeschichte Israels mit der Jesusgeschichte fortgesetzt, aber im eschatologischen Hinblick auf das letzte Gericht Gottes. Die geschichtliche Kontinuität durch das Heilsgeschehen Jesu erweise sich in der matthäischen Verwendung der christologischen Titel (Messias/Christus, Davidssohn, Gottessohn, Knecht, Menschensohn) und Konzeption (Prophet, Mose, Weisheit), die mit Ausnahme von „Gottessohn“ eine jüdische Wurzel haben und tatsächlich in den Schriften belegt seien. Durch die jeweils knapp durchgeführte Analyse von christologischen Titeln und Konzeptionen beschreibt Carlston die Christologie des Matthäusevangeliums.97

      Nach Carlston soll die Kirche durch die im Leben Jesu dargestellten Christusbilder (humility, suffering, service) geprägt worden sein. Da aber eine zeitliche Lücke zwischen Jesus und der matthäischen Gemeinde besteht, werde die heilsgeschichtliche Kontinuität problematisch. Die matthäische Gemeinde „has (probably) broken irrevocably with Judaism and established its own rudimentary organizational forms“98. Sie stehe trotzdem in kontinuierlicher Verbindung mit der Geschichte Gottes mit dem Volk Israel. Ihre Identität werde weder von ihr selbst noch von der jüdischen Tradition bestätigt, sondern allein von der Beziehung zu Jesus. „This is so self-evident for Matthew that nowhere in the gospel is the church given any self-designation, as, e.g., the Qumran community and the early Christian church were. Its self-definition is rather presumed than argued.“99 Jesus selbst gewähre der Gemeinde ihre Position als Jüngerschaft. In Mt 18 halte Jesus eine paränetische Rede, in der er die Struktur der Kirche aufzeige (Mt 18), so dass die (matthäische) Gemeinde vor dem Missbrauch eines gegebenen Privilegs bewahrt werde und so die Heilsgeschichte durch Jesus fortsetzen könne.

      Carlston richtet seine Aufmerksamkeit auf die Institution der Ekklesia, „Matthew’s portrait of the church as institution, which is neither amorphous nor leaderless“100 – aber ohne die Amtsfrage zu berühren. Die Jünger erhalten in der Kirche jedoch eine besondere Position. Für Carlston sind sie einerseits die historischen Begleiter Jesu, indem sie die Brücke zwischen Jesus und der matthäische Gemeinde bilden, andererseits die transparenten Figuren, die die Jüngerschaft in allen kommenden Zeiten repräsentieren. Matthäus bezeichne die Jünger nicht als eine ideale Gestalt, sondern als corpus mixtum, mit dessen realer Wirklichkeit die Kirche dargestellt wird. Die Jünger haben die Schriftgelehrten als Modell für die Nachfolge Jesu, weil zum einen ihre Lehrautorität nachgeahmt werde (vgl. Mt 28,20) und zum anderen „the continuity with a long-established practice“101 bewahrt werden muss. Wie im Alten Testament fungieren im Matthäusevangelium die Jünger als die prophetischen Lehrer, die „the chain of tradition and announce the future“102 СКАЧАТЬ