Griechische Altertumskunde. Richard Maisch
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Название: Griechische Altertumskunde

Автор: Richard Maisch

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 4064066117085

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СКАЧАТЬ es einst, zu Lykurgs Zeiten, [pg 32]besser gewesen sei, indem damals alle gleiche Ackerlose gehabt hätten. So unternahm es König Agis IV., „die lykurgische Verfassung wiederherzustellen“, indem er alles Ackerland für die Spartaner in 4500 Lose teilte; ihre Zahl sollte durch Aufnahme von Periöken ergänzt werden. Allein der wohlgemeinte Versuch scheiterte am Widerstand der Besitzenden, und der hochherzige König büßte mit dem Tode. Was er gewollt, gelang dem energischeren König Kleomenes (seit 235 v. Chr.), der die Ephoren ermordete, Ephorat und Gerusie abschaffte, alle Schulden aufhob, das Land neu verteilte und die Zahl der wehrfähigen Bürger durch Aufnahme von Periöken auf 4000 brachte; aber nach der unglücklichen Schlacht bei Sellasia (221 v. Chr.) hob der Sieger Antigonos von Makedonien alle Neuerungen des Kleomenes wieder auf – und Spartas Anteil an der Geschichte ist zu Ende.

       Inhaltsverzeichnis

      Vielleicht die auffallendste Erscheinung der spartanischen Verfassung ist das Doppelkönigtum. Wir finden in Sparta zwei Königshäuser, die Agiaden und die Eurypontiden, welche als ihre mythischen Stammväter den Eurysthenes und Prokles nannten. Da ein solches Doppelkönigtum dem Wesen des Kriegerstaates offenbar widerspricht, so hat man neuerdings vermutet, dasselbe sei das Ergebnis des Vergleichs zweier Fürstengeschlechter, welche an der Spitze von zwei verschiedenen (dorischen oder einer dorischen und einer achäischen?) Gemeinden gestanden seien. Nach Aristoteles läge die Absicht zugrunde, durch die aus dieser „Diarchie“ entspringende Rivalität der beiden Häuser Übergriffe des Königtums zu verhindern. Tatsächlich waren die beiden Königsgeschlechter, deren Trennung geflissentlich aufrecht erhalten wurde, und welche deshalb voneinander gesonderte Woh[pg 33]nungen, gottesdienstliche Funktionen und Grabstätten hatten, fast immer im Streite miteinander. Zur Erbfolge war in erster Linie der nach der Thronbesteigung des Vaters zuerst geborene Sohn berechtigt; war kein Sohn da, so ging die Regierung auf den nächsten männlichen Agnaten über, der auch im Fall der Minderjährigkeit des Thronfolgers als dessen Vormund (πρόδικος) die Regentschaft zu führen hatte.

      Die spartanischen Könige mit dem offiziellen Titel Archagetai (ἀρχαγέται) waren ursprünglich ebenso wie die Könige des Homerischen Zeitalters (vgl. § 21) oberste Kriegsherren, Richter und Priester, wurden aber mit der Zeit in ihren Rechten mehr und mehr beschränkt und verloren ihre leitende Stellung im Staate an die zu immer größerer Macht gelangenden Ephoren.

      Als Oberpriester brachten sie für den Staat die regelmäßigen Opfer im Frieden wie bei den Feldzügen dar und vermittelten durch je zwei von ihnen erwählte Pythioi den Verkehr mit dem delphischen Orakel. Von der richterlichen Gewalt, die fast ganz auf die Ephoren und die Gerusie überging, verblieb ihnen die Entscheidung familienrechtlicher Streitigkeiten, besonders betreffs der Verheiratung verwaister Erbtöchter; auch stand ihnen die Bestätigung der Adoptionen zu, eine wichtige Funktion in der festgeschlossenen Adelsgemeinde. Als oberste Kriegsherren hatten sie ursprünglich das Recht der Kriegserklärung, das später die (in ihren Entschließungen ganz von den Ephoren geleitete) Volksversammlung erhielt. Seit 506 durfte immer nur ein König ins Feld ziehen; hier hatte er unumschränkte Gewalt über Leben und Tod und freie Entscheidung über die militärischen Operationen, aber auch die Verantwortlichkeit für dieselben; wegen mißglückter Unternehmungen konnte er nachher zur Rechenschaft und Strafe gezogen werden; auch gingen zu seiner Kontrolle regelmäßig 2 Ephoren mit ins Feld.

      [pg 34]

      Größer als die Rechte waren die Ehren, die dem spartanischen Königtum auch in historischer Zeit noch verblieben. Als Einkünfte erhielten die Könige den Pachtzins ausgedehnter Domänen, welche Periöken bebauten, ein Drittel der Kriegsbeute, Anteil an allen Opfertieren, ein Ferkel von jedem Sauwurf. Die Könige wurden auf Staatskosten gespeist und bekamen bei den Syssitien doppelte Portionen. Beim Tode eines Königs wurde ein Leichenbegängnis mit orientalischem Gepränge veranstaltet. Zehn Tage lang dauerte die allgemeine Landestrauer; in jeder Spartiatenfamilie mußten mindestens zwei Personen Trauer anlegen; Periöken und Heloten kamen mit ihren Weibern aus ganz Lakonien zu Tausenden nach Sparta zur gewaltigen Totenklage und Lobpreisung des Verstorbenen, dem Ehren erwiesen wurden „nicht wie einem Menschen, sondern als einem Heros“.

       Inhaltsverzeichnis

      Wie in anderen griechischen Staaten stand dem Königtum in Sparta ein Ausschuß der angesehensten Familienhäupter, der Rat der Alten, „Gerusia“ genannt, mitberatend und mitbeschließend zur Seite. Nun ist in allen griechischen Staaten wie in Rom zu beobachten, daß die Machtbefugnis des alten Heerkönigtums langsam, aber unaufhaltsam dahinschwand, während diejenige des Rates erstarkte; die Leitung des Staates geht vom Königtum fast unmerklich in den Gemeinbesitz der Geschlechtshäupter über: an die Zeit der Monarchie reiht sich ohne erkennbare Grenzlinie die Aristokratie. Mögen nun auch persönliche Unfähigkeit einzelner Könige, Thronstreitigkeiten, fortwährender Zwist der beiden Königshäuser, Mißerfolge im Felde die Minderung der monarchischen Gewalt verschuldet haben: [pg 35]jene immer wiederkehrende Erscheinung muß ebenso einen tieferen Grund gehabt haben, wie bei den Deutschen nach der Völkerwanderung der Übergang vom alten Heerkönigtum zur Feudalherrschaft des Adels, der Herren von Grund und Boden. Das alte Heerkönigtum hatte auf der breiten Grundlage des Heerbannes der Kampf- und Wanderzeit geruht, innerhalb dessen alle an Besitz und Recht sich gleichstanden. Nachdem die Eroberer seßhaft geworden, löste sich im Lauf der Menschenalter die alte Gleichheit der Lagergemeinschaft: besaßen die meisten nur das zum Unterhalt Nötige, so häufte sich dagegen in den Händen einzelner Familien ein umfangreicher Besitz an, auf Grund dessen ihre Häupter höheren politischen Einfluß beanspruchten und gewannen.

      Die Gerusie zu Sparta bestand aus 28 über 60 Jahre alten (also nicht mehr felddienstpflichtigen), aus den angesehensten Geschlechtern auf Lebenszeit gewählten Mitgliedern. Die Wahl erfolgte durch Akklamation (βοῇ), indem die Kandidaten in erloster Reihenfolge durch die Volksversammlung gingen und derjenige für gewählt galt, der nach der Entscheidung von Männern, welche in einem in der Nähe befindlichen Gebäude eingeschlossen waren, mit dem lautesten Zuruf begrüßt wurde. Der Rat hatte alle Anträge, die an die Volksversammlung kommen sollten, vorzuberaten; die Entscheidung stand, wenigstens ursprünglich, der letzteren zu. Allein nach einem dem König Theopomp (754) zugeschriebenen Gesetze konnten Rat und Könige einen „schiefen“ Beschluß der Gemeinde als ungültig behandeln. Der Rat übte ferner die Gerichtsbarkeit in Mord- und Hochverratsprozessen. Die bedeutende Stellung, welche er in der Lykurgischen Verfassung einnahm, vermochte er später nicht mehr zu behaupten, als die Ephoren allmählich die gesamte Oberleitung des Staates an sich zogen.

      [pg 36]

       Inhaltsverzeichnis

      Die lebenskräftigste Gewalt im spartanischen Gemeindeleben war die Behörde der 5 Ephoren, welche jährlich vom Volke aus sämtlichen vollberechtigten Spartiaten gewählt wurden. Der erste derselben, welcher den ständigen Vorsitz im Kollegium führte, war eponym, d. h. nach ihm wurde das Jahr benannt. Innerhalb des Kollegiums entschied die Mehrheit, der sich die Minderheit unbedingt zu fügen hatte. Ob das Ephorat schon in der Lykurgischen Verfassung existierte oder erst von dem König Theopomp (754) eingesetzt wurde, steht ebensowenig fest wie der ursprüngliche Umfang der Befugnisse: ob nämlich die Ephoren ursprünglich als Gehilfen und Stellvertreter der Könige und von diesen ernannt mit der Zivilgerichtsbarkeit und Polizeiaufsicht in den 5 Bezirken Spartas betraut waren, oder ob sie vielleicht schon von Haus aus als Vertreter der Interessen der spartanischen Adelsgemeinde gegenüber dem Königtum eingesetzt СКАЧАТЬ