Herzstücke Ostfriesland. Sönke Dwenger

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      Tatort Ostfriesland: Auch in Deutschlands Nordwesten feiern Regionalkrimis Erfolge. Hier stellen die Autoren ihre Ermittler in Geschichten wie »Ebbe und Blut« vor harte Aufgaben, und sie verwöhnen ihre Fangemeinde mit spannungsgeladenen Lese-Abenden auch an außergewöhnlichen Orten, mal im Gefängnis, mal im OP.

      »›In der vergangenen Nacht hat sich von einer Windkraftanlage bei Visquard in der ostfriesischen Gemeinde Krummhörn der Rotor gelöst und ist zur Erde gestürzt. Die Ursachen des Unglücks sind noch unklar.‹ Toni Mensing startete den Diesel. ›Wahrscheinlich haben sie einfach noch nichts gemerkt.‹« (»Ebbe und Blut«, Leda-Verlag 2006) Wie im wahren Leben spielen die Krimis von Peter Gerdes vor der eigenen Haustür. Dass sich der Ostfrieslandkrimi zu einer geschätzten Marke entwickelt hat, ist zu einem großen Teil das Verdienst von ihm und seiner Frau Heike. Beide sind Autoren literarischer Verbrechen, beide Ostfriesen sowie Drahtzieher, Organisatoren und Veranstalter zahlreicher kriminal-literarischer Spektakel. Allen voran der ostfriesischen Krimitage, an denen Autoren an originellen Orten aus ihren Büchern lesen: im Gerichtssaal, im Gefängnis, in der Polizeiinspektion, in Mühlen, auf Schiffen, sogar in einem Operationssaal, wo der Autor anschaulich erklärt, auf welche Weise jemand auf dem OP-Tisch um die Ecke gebracht werden kann.

      Erschaudern, mitfiebern und mittüfteln können Sie auch im Tatort Taraxacum, der Krimi-Buchhandlung der Gerdes in der Leeraner Innenstadt. Neben klassischen Lesungen dort werden im angeschlossenen Restaurant regelmäßig mörderische Menüs aufgetischt – Mordkompott zum Dessert. Viermal im Jahr verwandelt sich der Laden außerdem zur Bühne und die Theatergruppe Zwölf-Meter-Hase aus Oldenburg spielt auf zum Krimi-Dinner. Hier ist Mordwesten: Der Leda-Verlag von Heike Gerdes hat sich auf Krimis aus den nordwestdeutschen Küstenländern spezialisiert. Professionelle Krimi-Autoren treffen sich zudem im Tatort Taraxacum zum Mordwest-Stammtisch.

      Krimi-Buchhandlung Tatort Taraxacum · Buchhandlung Mo–Sa 10–18, Juli, Aug. und Dez. auch So 14–18 Uhr · Café Mi–So 12–18 Uhr · Rathausstr. 23 · 26789 Leer Tel. 0491/91 226286 · www.tatort-taraxacum.de

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      SPECK-MARMELADE UND BIER-AUFSTRICH

      Grünkohl, ja. Aber als Pesto? Steckrübe, okay. Aber als orientalischer Chutney? Landbier, gern. Aber als Aufstrich? Anne de Vries’ Rezepte sind nordisch-ostfriesisch und doch auch wieder nicht. Ihre Küche wird manchmal Versuchslabor, in dem sie viele neue Ideen austüftelt.

      Das Kraut für den Waldmeister-Aufstrich wächst im eigenen Garten wie die Rosen für ihren Rosenblüten-Aufstrich, natürlich alles ungespritzt. Überhaupt stammt das meiste, was Anne de Vries verkauft, aus der heimischen Region. Die kreativen Chutneys, Aufstriche und Pestos entstehen am eigenen Herd, die anderen Besonderheiten in Familienbetrieben und kleinen Manufakturen wie knusprige »Süchtigmacher« (die heißen wirklich so) aus Augustfehn, Wurst-Spezialitäten aus Weener, Mühlen- und Leuchtturm-Nudeln, Käse und Wein.

      Anne de Vries arbeitete als Web- und Grafikdesignerin. Das Kochen stellte einen schönen Ausgleich zur Computerarbeit dar. Und wenn sie kocht, dann ideenreich – das versteht sich bei dem Beruf. Seit 2011 kreiert sie ihre »Landleckereien« und verkauft sie meist online. Eine kleine, feine Auswahl finden Sie aber auch im Kreativladen Einfach Schön auf der Rathausstraße in Leer.

      Rezepte, Tipps und Vorschläge zu Fragen wie »Welches Chutney passt zu Wild? Zu Gemüse? Zu Ei?« gibt Anne de Vries auch auf ihrer Facebook- und Internetseite. Da gibt es Raffiniertes wie das gepfefferte Gurken-Chutney, indisches Möhren- und das namibische Farmer-Chutney. Alles in allem produziert Anne de Vries rund 8500 Gläser im Jahr, darunter auch Marmeladen, Aufstriche und Gelees.

      Gesund-Esser wählen Sanddorn-Holunder-, Neugierige den Lavendel-Vanille-Aufstrich und die Speck-Marmelade, Party-Mäuse probieren Landbier-Aufstrich aus dem Klassiker der Bagbander Brauerei Ostfriesen Bräu (siehe S. 81) und den Café-Whisky-Cream-Aufstrich. Entdecken und genießen können Sie aber noch vieles mehr …

      Landleckereien · Feinkost aus eigener Manufaktur · Im Kreativladen Einfach Schön Di, Do, Fr 10–13, 14.30–17.30, Mi 14–17.30, Sa 10–14 Uhr · 26789 Leer Tel. 0491/79694084 · www.landleckereien.de

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      AUSSCHANK MIT TRADITION

      Schwere Säcke zu schleppen, macht durstig. Da tut es gut, wenn ein frisches Bier die trockene Kehle hinabrinnt. Und so schenkt der Wirt den Männern von Bord gern einen ein, wenn sie ihre Waren im Hafen am Leda-Ufer entladen und zur Waage hinüberhieven. Das Gebäude wurde im Jahr 1714 erbaut.

      Es ist stattlich und schmuck mit Wappen und Sonnenuhr, und geräumig genug. So kann der Wirt als Pächter darin den Waagedienst im unteren Stockwerk verrichten, treppaufwärts seine Gastwirtschaft führen und obendrüber noch wohnen. Doch zunächst dauert es, bis die Leeraner Kaufleute sich gegen den Widerstand Emdens behaupten können. 1749 erstreiten sie endlich das Vorbeifahr-Recht für ihre Schiffe in Emden, zunächst gegen Zoll und Gebühren. In Leer muss dann jedes einfahrende Schiff die Waage benutzen – eine gute Zeit. Doch bald rumort es erneut: Seit Leer im Jahr 1508 das Marktrecht erhalten hatte, beanspruchte die reformatorische Kirche das Wiegerecht für sich. Nun häufen sich Klagen über Willkür und Betrügereien. Doch erst 1865 hebt das Königreich Hannover, zu dem Ostfriesland in jener Zeit gehört, das Privileg der Kirche auf Drängen der Kaufleute auf und gibt es an die Stadt. Gewogen und ausgeschenkt wird bis nach dem Zweiten Weltkrieg.

      Schauen Sie sich viele tolle Schiffe an: bei einer Rundfahrt mit dem Grachtenboot »MS Koralle« durch den Handels- und Museumshafen von Leer.

      Pächter und Küchenchef Mario Brüggemann ist die bewegte Schank- tradition seines Restaurants Zur Waage am heutigen Museumshafen bestens vertraut. Hier begann seine berufliche Passion als Lehrling. Zwei Jahre war er hier zudem Küchenchef. Er arbeitete in Sterneküchen in Osnabrück, Wolfsburg, Frankfurt, führte sein eigenes Haus in Kiel. Klassisch und zugleich modern, nachhaltig und regional nun seine Waage-Küche in Leer: vollständig selbst und energiesparend hergestellt sowie weitgehend Verzicht auf Plastik. Seine Spezialität: Suppen, Eintöpfe und ungewöhnliche Kompositionen.

      Restaurant Zur Waage · Neue Straße 1 (am Hafen) · 26789 Leer · Tel. 0491/62244 www.restaurant-zur-waage.de · Museumshafen · www.schipperklottje.de/der-museumshafen

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