Hotel Amerika. Maria Leitner
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Название: Hotel Amerika

Автор: Maria Leitner

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ hantiert sie mit allerlei Tuben und Pinseln. Während Ingrid Staub wischt, ordnet die Frau ihre Haare. Sie scheint das Mädchen überhaupt nicht zu bemerken.

      Das eben noch verfallene Gesicht leuchtet ihr jetzt aus dem Spiegel frisch und rosig entgegen, die Verzweiflung scheint aus ihren Augen gewichen zu sein. Die Frau entfaltet eine Zeitschrift, »Gesellschaftliches Leben im Süden«, sieht sich einige Bilder aufmerksam an und geht wieder zum Spiegel, prüft sich von allen Seiten: sie sieht jetzt gut aus, eine strahlende, noch junge Frau. Schon ist sie wieder fort, wahrscheinlich will sie nicht allein in ihrem Zimmer sein. »Ich habe Angst vor ihr gehabt«, sagt Ingrid zu Celestina, die schon in ein anderes Zimmer vorausgegangen war, »es ist etwas unheimlich an ihr.«

      Dieses Mal ist es Celestina, die sich die Gegenstände im neuen Zimmer genau betrachtet. Hier wohnt ein junger Mann und Celestina möchte erfahren, ob nicht er mit Shirley im Zusammenhang steht.

      An dem Kleiderhaken hängt ein Waschbärpelz, der geeignet ist, selbst den schmächtigsten Burschen in einen wahren Bären zu verwandeln. Auf dem Schreibtisch liegt ein ›Lehrbuch der neuesten Bridgeregeln‹ und ein ›Juristischer Ratgeber für Autofahrer‹. Golfschläger und Boxhandschuhe und eine Sammlung von Fotografien ausgesucht hübscher Frauen, die alle sichtbar unter dem Glas der Tischplatte liegen, vervollständigen die Einrichtung.

      »Der wird es wohl doch nicht sein«, sagt Celestina, die kein besonderes Vertrauen zu ihrem Detektivtalent besitzt. Sie muss Ingrid einweihen, zusammen werden sie schon herausfinden, was Shirley vorhat.

      »Nein, der ist es nicht«, das ist auch Ingrids Meinung, und in dem Zimmer, das sie danach betreten, brauchen sie ihn wohl auch nicht zu suchen.

      Dieser Raum ist mit einer wahren Batterie von Arzneiflaschen ausgestattet. Eine an der Wand angeschlagene Tabelle enthält genaue Anweisungen über die Zahl der einzunehmenden Tropfen mit genauer Zeitangabe.

      »Der Alte könnte schon ruhig sterben, ich hasse die vielen Arzneiflaschen.«

      »Aber Ingrid, schämst du dich nicht?«

      »Fällt mir nicht ein, ich mache doch nur Spaß.« Aber die Menschen leben zu gern, auch wenn sie alt und krank sind.

      »Ich möchte nicht in einem Zimmer mit der Nummer 13 wohnen«, sagt Ingrid im nächsten Zimmer, das sie reinigen, und öffnet den Schrank.

      »Warum bist du so neugierig, Ingrid? Wir wollen uns beeilen, du brauchst dir doch nicht jedes einzelne Kleid anzusehen.«

      »Aha, wir sollen wohl nur die Zimmer genau nachsehen, in denen Männer wohnen!? Celestina, wenn Frau Magpag das von dir wüsste! Übrigens habe ich den Auftrag, mich um dieses Zimmer besonders zu kümmern, vom Etagendetektiv selbst.«

      »Warum denn?«

      »Sicher hat sie kein Geld. Der Detektiv hat mich gefragt, ob die Dame viel Herrenbesuch bekommt, – als ob er das nicht besser wüsste als ich. Wahrscheinlich konnte sie ihre Rechnung nicht bezahlen, deshalb fällt ihnen ihr Lebenswandel plötzlich auf. Sie wird sicher fliegen, die Arme. Mir hat sie gleich am ersten Tage einen Dollar gegeben, dachte mir gleich, dass etwas nicht mit ihr stimmt; die Frauen sind doch sonst so geizig.«

      »Mach schnell, Ingrid.«

      »Sehen wir uns mal den Schrank an; zwei Kleider und ein Paar Schuhe. Die wird noch heute gehen, pass auf. Sie stellt es sicher nicht schlau an bei dem vielen Herrenbesuch.«

      »Ihr bildet euch immer ein, es besonders schlau einzurichten und fallt erst recht herein.«

      Celestina muss immer wieder an Shirley denken; der Gedanke an die Tochter quält sie, sie möchte wenigstens klar sehen.

      Das Zimmer, das sie nun betreten, gibt Celestina einen Ruck.

      Sollte hier jener wohnen, den sie sucht? Man kann sich schwer ein wilderes Durcheinander vorstellen. Der ganze Boden ist mit Konfetti besät; an den Lampen und an den Möbeln hängen farbige Papierschlangen, in der Badewanne liegen Whiskyflaschen, zerbrochene Gläser bedecken den Tisch, Zigarrenasche ist in alle Ecken verstreut. Einige Puppen sind in den höchsten, kaum erreichbaren Plätzen und Ecken mit verrenkten Gliedern aufgestellt. »Ist es nicht eine Schande, wie es hier aussieht? O Gott, wenn nur nicht Shirley hier – «

      »Ach nein, Celestina, hier wohnen doch zwei Männer, – und sie sind erst gestern eingezogen, sicher aus der Provinz; sie machen sich in New York einen guten Tag.«

      »Sieh dir nur die Wanne an und den Boden! Merk dir das, nur Männer benehmen sich so. Eine Frau, und wenn sie von der übelsten Sorte ist, wird nie so dreckig sein. Die sollten mal selbst aufräumen.«

      »Du hast recht, Celestina, aber ich bediene Männer doch lieber als Frauen, sie sind nicht so knickerig und suchen nicht in jedem Winkel nach Staub.«

      Celestina blickt auf das Mädchen, das sich bei der Arbeit beugt und reckt. Sie empfindet einen gewissen Widerwillen, aber sie weiß, Ingrid selbst hat nichts damit zu tun. Diese Junge erinnert sie nur stark an ihre Nichte, die eines Tages – es ist schon eine lange Reihe von Jahren her – mit Celestinas Mann auf und davonlief.

      Das war noch in den ersten Jahren des Aufenthalts in Amerika. Man schrieb ihr damals aus der irischen Heimat, dass die Eltern der Kleinen gestorben waren, dass sie allein auf sich gestellt sei und hungern müsste. Gelestina ließ die Nichte kommen, und da erschien dann eines Tages so ein gesundes, strahlendes Mädchen. Die sollte gehungert haben? Da wusste Celestina schon besser, was hungern hieß; aber böse wurde sie dem Mädchen freilich erst, als es mit Celestinas Mann plötzlich das Weite suchte und sie mit Shirley alleinließ. Nun, wozu sich über Vergangenes den Kopf zerbrechen? Die Arbeit drängt auch, es bleibt nicht viel Zeit übrig für Gedanken über die Vergangenheit.

      »So viele Bücher«, sagt Celestina anerkennend. Sie sind jetzt in einem Appartement, das mit einigen eigenen Möbeln der Bewohner ausgestattet ist. Sogar ein Bücherschrank ist da; eine Seltenheit im Hotel Amerika.

      Die Bücher verraten die vielseitigen Interessen und die Bildung ihres Besitzers, was allerdings weder Celestina noch Ingrid feststellen können. Aber die Bücherreihen wirken auf sie trotzdem angenehm.

      Diese Zimmer zeichnen sich überhaupt durch besondere Gediegenheit und eine gewisse Ruhe aus.

      Die Wände sind mit Bildern geschmückt, die sowohl Celestinas wie Ingrids Beifall finden; es sind Radierungen, die Szenen aus der Bibel darstellen.

      Die Korrespondenzen und Arbeiten auf dem Schreibtisch lassen vermuten, dass der Bewohner an einem Buche über die Geschichte der frühen amerikanischen Literatur beschäftigt ist. Er benutzt sein Arbeitszimmer auch als Schlafraum, während der nächste Raum als Empfangszimmer dient. Er ist mit Peserteppichen und schönen chinesischen Vasen ausgestattet, und auch hier liegen verschiedene wissenschaftliche Werke und Schriften herum.

      Der daran stoßende dritte Raum ist das Schlafzimmer der Frau Professor; denn man geht wohl nicht fehl in der Annahme, dass der Bewohner des Appartements etwas Ähnliches ist.

      Allerdings zeigt das Zimmer der Frau einen Unterschied zu den anderen, einen gewissen Riss, es ist zu auffällig ehrbar und einfach. Am Fenster steht ein Nähtisch mit Strickzeug und mit einem Buch, das nur eine sehr primitive Seele erfreuen kann. Alle Gegenstände, auch die Kleider, zeigen einen etwas provinziellen und wenig gewählten Geschmack. »Sie ist eine ganz alte Dame«, stellt Ingrid fest, die von einem Polster ein langes weißes Haar nimmt. »Hast du sie schon gesehen?« fragt Celestina. »Nein, aber ihn. Wie gefällt es dir hier, Celestina?«

      »Na, jedenfalls sieht es hier besser aus, als vorhin bei den СКАЧАТЬ