Teufel Marietta. Artur Landsberger
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Название: Teufel Marietta

Автор: Artur Landsberger

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ drückte sie an sich und wollte ihr vor der zu Tränen gerührten Agate eben einen Kuß auf die Lippen drücken, als die Tür sich auftat – und Helene, seine Frau, ins Zimmer trat.

      Der Kuß blieb ungeküßt, und Helene, die sonst die Situation – die meist die gleiche war und nur in der Besetzung der weiblichen Hauptrolle eine Veränderung aufwies – mit einem Blick überschaute, tappte diesmal völlig im Dunkeln.

      »Das wird ja immer besser!« sagte sie, nur um zu verbergen, wie verblüfft sie war. Denn sie wußte, forderte sie erst eine Erklärung – worin ja immer das Geständnis lag, daß man selbst keine Erklärung hatte – so war ihr findiger Gatte gleich mit einer Fülle von Ausflüchten bei der Hand, von denen sie sich dann nach Belieben eine auswählen konnte.

      Aber Günther war ein ebenbürtiger Gegner. Die krankhafte Eifersucht seiner Frau entschuldigte jedes Mittel, das geeignet war, ihn aus dieser verteufelten Situation zu retten. Diese Situation war freilich neu. Aus der Fülle der Erfahrung zu schöpfen und alle Register aufzuziehen, war unmöglich. Siewers und Frau von Villiers, das waren die beiden Namen, an die er sich, als müßte von ihnen die Rettung kommen, immer fester klammerte.

      Helene, die seine Verduktheit sah und deutlich fühlte, wie er sich um eine Deutung mühte, sagte bestimmt:

      »Gib dir erst gar keine Mühe, eine Erklärung zu finden; ich weiß alles.«

      Und das gab den Gedanken Günthers, der überzeugt war, daß sie nichts wußte, die Richtung.

      »So ein Unglück!« rief er, warf die Arme in die Höhe und rannte im Zimmer umher. Und da er die Wirkung auf Helene sah, so wiederholte er ein um das andre Mal. »So ein Unglück!«

      Noch wußte er nicht, von was für einem Unglück er sprach; aber Helenes Neugier war über die Maßen erregt. Sie fiel aus der Rolle und fragte begierig:

      »Was ist denn?«

      Günther hatte seinen Zweck erreicht. Er wußte nun, daß sie wie üblich geblufft hatte und in Wirklichkeit nichts mußte. Er steigerte ihre Neugier und sagte:

      »Frag gar nicht! Du beschmutzt dich nur!« Und seine Gedanken beschäftigten sich immer intensiver mit Franz Siewers und Frau von Villiers.

      Helene hatte einen roten Kopf.

      »So rede doch endlich!« drang sie in ihn, und die Neugier sprang ihr aus den Augen. Und da Günther irgend etwas erwidern mußte, so sagte er:

      »Wenn du nur die Hälfte von dem wüßtest, was alles vorgeht.«

      »Ich wünsche alles zu wissen!« forderte Helene und war jetzt so heftig und bestimmt, daß Günther zu einer Entscheidung gedrängt aufs Geratewohl hin: »Franz Siewers!« sagte.

      »Was ist mit Siewers?« fragte Helene und heftete ihre Blicke fest auf ihren Mann.

      Es lag ihm auf den Lippen zu sagen: Wieso? was soll mit Siewers sein? nichts ist mit ihm! – Aber Helene, die jeden Ausdruck auf Günthers Gesicht kannte und die meisten seiner Gedanken erriet, noch bevor sie ausgesprochen waren, kam ihm zuvor.

      »Also bitte!« sagte sie mit einer Bestimmtheit, der gegenüber es kein Entweichen gab. »Was hat Fritz Siewers mit dem Kinde da zu schaffen?«

      Und durch diese Zusammenstellung gab sie ihm, sehr gegen ihren Willen, die einzige Lösung, die ihn retten konnte.

      Er war denn auch sofort Herr der Situation. Wie jemand, der vor einer der größten Enttäuschungen seines Lebens stand, bewegte er den Kopf hin und her, sah dabei ganz gegen seine Gewohnheit Helenen fest ins Auge und sagte – scheinbar vor sich hin:

      »Wer hätte das auch von Franz Siewers gedacht? – auf dessen Unschuld hätte ich jeden Eid geleistet.«

      »Um des Himmels willen!« schrie Helene mit einem Blick auf das Kind – »das ist doch nicht etwa . . .?« Aber Günther, der freudig sah, wie sie darauf einging, tat, als achtete er nicht auf sie und brabbelte vor sich hin:

      »Aber da sieht man mal wieder, wie vorsichtig man in seinem Umgang sein muß. Daß man heutzutage niemandem trauen darf.«

      Helene riß die Augen weit auf.

      »Ist es möglich?« fragte sie und klammerte sich förmlich an Günthers Mund, der alles, was er sagte, nur halblaut vor sich hin sprach; was einmal die Glaubwürdigkeit erhöhte, dann aber auch den Vorteil hatte, daß er von Agate nicht verstanden wurde.

      »Niemandem!« wiederholte er jetzt laut, warf einen Blick auf das Kind, das ganz verängstigt neben Agate stand, kehrte ihm dann den Rücken und sagte, als er gerade dicht neben Helene stand: »Aber die Beweise sprechen zu deutlich! Er kann es nicht leugnen, daß es sein Kind ist! der Elende!!«

      Und damit war Günther – wenigstens für den Augenblick – gerettet.

      Helene, die vor dem Kinde wie vor einem Wunder stand und noch nicht wußte, wie sie sich dazu stellen sollte – man konnte natürlich entrüstet sein, aber vorteilhafter stand es vielleicht einer modernen Frau, wenn sie Verständnis und Teilnahme zeigte – Helene also staunte nur immer und schüttelte den Kopf.

      Günther jedoch fand sich schnell in die neue Lage, die aus ihm, dem Angeklagten, den Verteidiger gemacht hatte. Und so sagte er denn, zwar nicht grade keck – dazu fühlte er sich doch noch nicht sicher genug – aber doch mit einer gewissen Unbekümmertheit:

      »Schließlich, wenn man bedenkt, kann das jedem passieren.«

      Das aber brachte ihm eine gehörige Abfuhr.

      »Jedem?« wiederholte Helene verächtlich und zog die Schultern hoch – »dir doch wohl kaum.«

      Und da man ihr diese Erkenntnis in Gestalt des Kindes jetzt so greifbar vor Augen führte, so war damit auch ihre Stellungnahme zu der ganzen Affäre entschieden.

      »Das arme Geschöpf!« sagte sie. »Wie hübsch es ist!« und fuhr dem Kinde nicht ohne eine gewisse Scheu zu verspüren, grad wie der Papa es vorher getan hatte, mit der Hand über das weiche Haar. Dann trat sie mit einem vollendet teilnahmsvollen Blick an Agate, in der sie die Mutter sah, heran, gab ihr die Hand und drückte ihr in dem Gefühl einer Heldin, die es wagte, sich außerhalb aller gesellschaftlichen Konvention zu stellen, einen Kuß auf die Stirn. Und ein Blick Günthers verhinderte, daß Agate widersprach. – Helene aber beendete die Szene, die sie bewußt und meisterhaft spielte, mit dem Ausruf:

      »Wie gewissenlos von ihm!«

      Günther, der jeden Augenblick damit rechnen mußte, daß der telephonisch herbeigerufene Siewers ins Zimmer trat, gab schnell noch ein paar Aufklärungen, die er, um eine Katastrophe zu vermeiden, für nötig hielt. Daß Agate gar nicht die Mutter, sondern die selbstlose Pflegerin war, nahm Helene unter tausend Entschuldigungen, die Agate zurückwies, ohne weiteres hin. Weniger leuchtete ihr ein, daß Siewers bis zu diesem Augenblick noch keine Ahnung von diesem außerehelichen Familienzuwachs hatte. Über diese Bedenken halfen ihr weniger die Erklärungen hinweg, die Günther zu geben suchte, als die flehende Bitte Elisabeths, die trotz Agates Widerspruch auf den Stuhl gestiegen war und eine mittelalterliche Rüstung von der Wand heruntergeholt hatte.

      »Bitte! bitte! darf ich die mit nach Haus nehmen?«

      bestürmte sie Helenen. Und ehe Günther, der an diesem wertvollen Erbstück mit besonderer Liebe hing, noch widersprechen konnte, half Helene dem Kinde schon in die Rüstung.

      »Selbstverständlich! du kannst СКАЧАТЬ