Lache Bajazzo. Artur Landsberger
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Название: Lache Bajazzo

Автор: Artur Landsberger

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ den Lügen, die hier im Laufe des Abends die Lust schwängerten und Carl den Atem benahmen, war das die einzige, der man zu Leibe rückte. Und wenn man auch über die Abfuhr, die sich der Assessor holte, gelacht hatte, so bereute man das im nächsten Augenblicke auch schon wieder. Denn, was dem Assessor heute widerfuhr, das konnte genau so gut morgen jedem von ihnen widerfahren. Davor eben schützte einen jene gesellschaftliche Konvention, zu der sich jeder stillschweigend bekannte und gegen die man nur verstieß, wenn man Revolutionär, von Natur taktlos oder schlecht erzogen war.

      Das wenigstens war der Standpunkt, den ein Freund des Assessors mit vielen Worten Werner gegenüber vertrat und den der generell auch gelten ließ, dessen Anwendung auf den vorliegenden Fall er aber ablehnte.

      Carl war unfreiwilliger Zeuge dieser Unterredung als er gleich nach dem Essen den ersten günstigen Augenblick benutzte, um sich unauffällig zu entfernen.

      Werner und der junge Mann standen auf dem Flur, der zur Garderobe und von da aus auf die Straße führte. Hut und Mantel hätte er im Stich gelassen, um von hier fort zu kommen. Aber an diesen beiden mußte er vorüber. Er versuchte es; aber Werner sah ihn schon von weitem, ließ den Herrn stehen, ging auf Carl zu und fragte:

      »Nanu? wohin so eilig?«

      »Laß mich! bitte! ich halt’s nicht mehr aus!« erwiderte Carl und wollte an ihm vorbei.

      »Gut! ich komme mit dir!« rief Werner.

      »Wirklich?« fragte Carl und war erfreut.

      Die Garderobiere reichte die Sachen. Carl griff hastig nach Hut und Mantel und trat ins Freie.

      Den Hut in der Hand stand er auf der Straße, der Wind fegte ihm durchs Haar; er lehnte den Kopf zurück und sah zu dem schwarzbewölkten Himmel, streckte breit beide Arme aus und sagte:

      »Endlich!«

      »Siehst du denn nicht, daß es gießt?« rief ihm Werner zu. »Setz den Hut auf!«

      Aber Holten schüttelte den Kopf.

      »Die Kleider möchte ich mir vom Leibe reißen!« rief er, »und mich stundenlang von Wind und Regen durchpeitschen lassen! – Ja, geht es dir denn nicht ebenso?« wandte er sich an Werner. – »Hältst denn du das aus? erstickst denn du da nicht?«

      »Ich kenne es nicht anders,« sagte Werner, »aber ich sehe ein, du kannst das nicht.«

      »Nie!« versicherte Carl.

      Sie stiegen in einen Wagen.

      »Wo willst du hin?« fragte Werner.

      »Laß den Wagen öffnen und dann ins Freie!«

      »Undenkbar! bei dem Wetter!« erwiderte Werner, »du holst dir den Tod!«

      »Dann irgendwo anders hin! Nur fort von hier und unter Menschen, die sich geben, wie sie sind.«

      Werner lächelte.

      »Das gibt es nicht.«

      »Dann in eine Spelunke!« rief Carl. »Meinetwegen unter Dirnen und Verbrecher! aber Naturlaute muß ich hören.«

      Und Werner überlegte, stieg in den Wagen und rief dem Chauffeur zu:

      »Zum schwarzen Ferkel!«

      Zweites Kapitel

      Im schwarzen Ferkel

      Der Wind peitschte den Regen an die Wagenfenster. Die Tropfen liefen in langen Strähnen die Scheiben entlang, so daß man nicht erkennen konnte, wo man sich befand. Das grelle Licht, das plötzlich aufblitzte, kam vom Friedrichstraßenbahnhof her, unter dem das Auto eben hindurchraste. Rechts und links spritzte es aus den Pfützen die Wagentüren hinauf, und ein paar Weiber liefen kreischend mit hochgeschürzten Röcken über den Damm. Dann verschwand die Helle wieder; man sah hier und da die Bogenlampen der großen Hotels, deren Licht wie der Schein des Mondes hinter Wolken verschwamm.

      Mit unverminderter Geschwindigkeit ging es über die Weidendammerbrücke, man streifte das Rad einer Droschke, die ins Wanken kam. Die Insassen schrien auf, der Kutscher schimpfte niederträchtig, und ein Schutzmann, der triefend unter einer Laterne stand und in seinem langen Mantel aus Gummi wie ein Seehund glänzte, wühlte in der Tasche seines Rockes, aus der er mit gewichtiger Miene sein Wachtbuch zog.

      Das Auto fuhr in die Elsasserstraße und hielt auf der linken Seite vor einem jener alten Häuser, die da wie die Riesen stumpfsinnig und unterschiedslos in den Himmel wachsen.

      Sie stiegen aus und ließen das Auto warten. Neben dem Haustor führte eine schmale Tür auf einen Gang, der zur Garderobe hergerichtet war. Werner warf ein Zweimarkstück hin. Eine alte Frau riß die verklebten Augen auf, staunte, nahm ihnen Hüte und Mäntel ab, schimpfte aufs Wetter und sagte, als Carl um die Garderobemarke bat:

      »Aber Herr Jraf, ich kenne Ihnen doch. Sie brauchen doch keene Marke.«

      Carl sah sie groß an.

      »Sie – mich?« fragte er allen Ernstes, »das muß wohl ein Irrtum sein.«

      Werner mußte lachen und sagte:

      »Leugne nicht, Carl, du bist hier Stammgast.«

      Nun war auch Carl im Bilde und sagte heiter:

      »Ach so!«

      »Siehste Carle!« sagte die Alte, »de bist erkannt,« dann öffnete sie eine alte verstaubte rote Plüschgardine und rief:

      »Emil! besorch’ mal ne jute Mittelloge for’n Jrafen Koks mit Jefolge.«

      Ein alter Mann mit krummem Rücken und abgeschabter grüner Livree kroch heran.

      »’S wird schwer sein,« sagte er und musterte Carl und Werner. Die Alte zwinkerte mit den Augen und zeigte ihm verstohlen das Zweimarkstück. »Aber ’s wird sich schon machen lassen.« – Er bog den Rücken noch krummer, schob die Plüschportieren auseinander und sagte: »Bitte, Herr Jraf!«

      Ein Dunstgeball von Rauch, Schweiß und schlechtem Parfüm, der von jedem der Tische aufkroch und sich an Decke, Wänden und Möbeln festsetzte, hing über dem Saal. Schwer, dick, dumpf, wie eine fest zusammengeballte Masse kroch es heran, und man hatte das Gefühl, sich daran zu stoßen, wenn man tiefer in den Saal trat. Der faßte hundertfünfzig Personen und war überfüllt.

      »Rauche!« sagte Werner und steckte Carl, der den Atem anhielt, eine Zigarette in den Mund.

      Der alte Mann nahm Carl bei der Hand und sagte:

      »So!« und schob sich und hinter sich Carl, dem wieder Werner folgte, durch den Saal. Es ging, da sie an Tische und Stühle stießen, nicht ohne Stöße, Knüffe und ranzige Bemerkungen ab. Aber schließlich standen sie doch vorn, vor einer primitiven Holzbühne, deren schmutziger Vorhang geschlossen war und von der ein paar Stufen in den Saal führten.

      Der alte Mann sah sich der Reihe nach genau die Leute an, die vorn an den ersten Tischen saßen. Dann sagte er zu Carl und Werner:

      »Warten Sie ’n Augenblick, ich bin gleich wieder da.«

      Er ging an einen der vorderen Tische, an dem zwei junge Kerle mit einem nicht mehr jungen Mädchen saßen, heran, beugte sich zu ihnen und redete leise auf sie ein. СКАЧАТЬ