Lache Bajazzo. Artur Landsberger
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Название: Lache Bajazzo

Автор: Artur Landsberger

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ sah schmunzelnd auf die Menschen, die sich in immer größere Ekstase schrien.

      Carl stand erfreut da, nahm verlegen den Hut ab, nickte schüchtern wie ein Kind und hätte doch am liebsten jeden Einzelnen an sein Herz gedrückt.

      Plötzlich packten ihn ein paar junge Leute unter die Arme und hoben ihn zur Freude aller anderen in die Höhe.

      »Reden!«  rief eine kräftige Stimme, und der alte Brand schüttelte teilnahmsvoll den Kopf und dachte: Armer Holten.

      Der aber fühlte sich, obschon seine Lage reichlich unbequem war, wie in den Olymp gehoben.

      »Ruhe!« riefen viele Stimmen – der Lärm brach, wie durchschnitten, plötzlich ab – und Carl Holten sprach:

      »Ich bin zu bewegt, um viel zu sagen. Aber ich bin sehr glücklich – und danke Ihnen.«

      Wieder erhob sich lauter Jubel, und sie trugen ihn durch die Menschen hindurch zu dem Auto des Direktors, der gelangweilt in seinem Wagen lehnte und über eine zweite Besetzung des heutigen Stückes nachdachte.

      Als man Carl unter Hochrufen, die immer lauter wurden, in das Auto hob, gab es auf der Welt wohl kaum einen Menschen, der glücklicher war als er.

      Er saß kaum, da sagte der Direktor:

      »Vor dem Mumpitz hätte ich Sie ja gern bewahrt, lieber Holten; aber es macht sich ganz nett, wenn morgen in den Blättern eine Notiz darüber steht.«

      Carl fuhr zusammen.

      »Vor was für einem Mumpitz?« fragte er.

      »Na, vor den Ovationen! Oder glauben Sie etwa, meine Regie endet mit dem Schluß des letzten Aktes? Für die Straßenszene, die doch gewiß echt und lebendig war, zeichne ich ebenfalls verantwortlich.«

      Carl riß den Mund auf; seine Augen standen still.

      »Wie? – Sie haben . . . Sie !?«

      »Natürlich habe ich,« erwiderte der Direktor – »oder glaubten Sie etwa . . .?« und er sah ihn erstaunt an. »Um eins werden die Lokale geschlossen; jetzt ist es halb zwölf – und da meinen Sie, die Leute werden sich mit leeren Magen mitten in der Nacht da aufstellen? Ne! So weit reicht der Kunstenthusiasmus der Berliner denn doch nicht.«

      Carl hätte weinen mögen.

      »Im übrigen, lieber Holten,« fuhr der Direktor fort, »Sie haben Ihre Sache vorzüglich gemacht. Sie hätten sie nicht besser machen können, wenn Sie vorbereitet gewesen wären.«

      Carl biß die Lippen zusammen, um nicht laut aufschreien zu müssen. Wie Kolbenschläge fielen die Worte des Direktors auf ihn nieder. Er drückte sich tiefer in seine Ecke und ließ die Schläge auf sich niederprasseln, unfähig sich gegen sie zu wehren. Wäre es nach seinem Gefühl gegangen, er hätte sein Manuskript zurückgefordert und jede weitere Aufführung verboten. Was hätte er darum gegeben, wenn er jetzt, statt neben dem Direktor zur Siegesfeier seines Triumphes zu fahren, in der Bahn gesessen hätte, das Manuskript in der Tasche, um es morgen früh mit liebevollen Händen wieder an seinen alten Platz zu legen.

      Dort in dem schweren alten Eichenschrank hätte es neben seinen anderen Werken ein würdigeres Dasein geführt als jetzt, wo es sich allabendlich vor lieblosen Menschen prostituierte.

      Der Direktor berechnete inzwischen die Einnahmen von hundert ausverkauften Häusern, und das Ergebnis stimmte ihn so heiter, daß er Carl vergnügt auf die Schultern klopfte und sagte:

      »Sie werden staunen, wenn Sie die erste Abrechnung zu Gesicht bekommen.«

      Als sie bei Borchard ankamen, fragte Carl:

      »Kann man wohl jetzt noch ein Telegramm aufgeben?«

      »Selbstredend,« erwiderte der Direktor.

      »Ich hätte dann nämlich gern meiner Frau ein paar Worte . . .«

      Der Direktor gab ein Zeichen; ein Page brachte Formular und Tinte, und Carl schrieb:

      Frau Cläre Holten, Tutzing, Bayern.

      Ich bin mit meinen besten Gedanken bei Dir, fühle mich einsam und zähle die Stunden bis zu meiner Rückkehr.

      Carl.

      Den Erfolg zu erwähnen, kam ihm gar nicht in den Sinn; dabei wußte er nicht etwa, daß Brand an Frau Clara Holten bereits ausführlich über den Verlauf des Abends berichtet hatte.

      Sie hatten ihre Garderobe noch nicht abgelegt, als aus dem Restaurant ein kleiner runder Herr im Frack herausgestürzt kam und mit ausgebreiteten Armen auf den verdutzten Carl Holten losging.

      »Mein lieber Holten,« rief er schon von weitem, ergriff Carls beide Hände, schüttelte sie und sagte: »Meinen aufrichtigsten Glückwunsch! Endlich einmal wieder ein großer Theaterabend!«

      Und statt Carls, der über die Begrüßung eines Menschen, den er gar nicht kannte, so erstaunt war, daß er nicht einmal »Danke« sagte, erwiderte der Direktor:

      »Sie geben nach dem heutigen Abend also zu, Herr Geheimrat, daß man nicht durchaus ins Metropoltheater gehen muß, wenn man sich amüsieren will.«

      »Fangen Sie nicht wieder das alte Thema an,« rief der Geheimrat. »Wenn ich bei einer unberufen fünfaktigen griechischen Tragödie nicht einschlafe, dann sagt mir mein Verstand: da muß was dran sein.«

      »Tiefe und Dauer Ihres Schlafs,« sagte der Direktor spöttisch, »das ist allerdings ein zuverlässiger literarischer Maßstab.«

      »Sie bleiben eben ein unverbesserlicher Idealist,« erwiderte der Geheimrat und wandte sich an Carl. »Aber, nicht wahr, Holten, Sie begreifen, daß ich, der ich tagsüber in ernsten Geschäften stecke, mich des Abends lieber an dem Anblick einer jungen Operettendiva aufmuntere, statt mich vier Stunden lang in schwerfüßigen Jamben über den Seelenzustand Helenas unterrichten zu lassen, der mir im Grunde genau so gleichgültig ist, wie etwa der Seelenzustand irgendeines meiner Kassenboten.«

      »Das begreif’ ich durchaus,« erwiderte Carl, »nur verstehe ich nicht, warum Sie dann statt in die griechische Tragödie nicht lieber in eine der vielen Operetten gehen.«

      Da lachte der Geheimrat laut auf und klopfte Carl vor Vergnügen auf die Schultern:

      »Ausgezeichnet! Ich wußte gar nicht, daß es griechische Tragöden mit so viel Humor gibt! Was sagen Se dazu, Direktor? Malen Sie sich aus: eine Sensationspremiere in Ihrem Theater und mein Platz in meiner Loge leer.«

      »Nicht auszudenken!« erwiderte der Direktor ironisch.

      »Was würden die Leute sagen?«

      »Zunächst mal würden die tollsten Gerüchte über Ihren Gesundheitszustand in der Stadt kursieren,« sagte der Direktor, »und die nächste Folge wäre, daß an der morgigen Börse die Aktien Ihrer Bank um zehn Prozent fielen.«

      »Sehr richtig!« sagte der Geheimrat, »und die zweite Folge wäre ein Skandal mit meiner Frau, im Vergleich zu dem dieser Kurssturz eine Lappalie wäre.«

      Carl, der vom gesellschaftlichen Leben Berlins nichts wußte, fehlte für den Zusammenhang dieser Dinge jedes Verständnis. Sich in diese Welt hineinzufühlen, schien ihm undenkbar. Ihm war die Kehle wie zugeschnürt, zentnerschwer lag es ihm auf der Brust, und schon im Begriff, das für СКАЧАТЬ