Die neue Gesellschaft. Artur Landsberger
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Название: Die neue Gesellschaft

Автор: Artur Landsberger

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ wann wäre das?«

      »Ich denke, daß es vorläufig genügt, wenn Sie meinen Sohn auf den Spaziergängen begleiten,« sagte Cäcilie. »Ob Sie nachher dann ganz zu uns kommen, nicht wahr, das müßte man dann erst sehen.«

      »Jewiß!« stimmte Emma bei. »Das heißt, morgens von zehn bis zwölf und nachmittags von . . . ach so, zu den Tees, da müßte sich das Fräulein denn wohl auch schon bemühen. Sie macht doch ʼne janz andre Figur als ich.«

      »Selbstredend!« erwiderte Cäcilie. »Was haben Sie in Ihrer jetzigen Stellung?«

      »Neunzig Mark.«

      »Schön. Ich will mit meinem Mann sprechen.

      Ich denke. wir geben Ihnen das Doppelte.«

      »Das heißt hundertfünfundzwanzig Mark,« sagte Emma

      Die Probierdame machte ein verständnisloses Gesicht und Cäcilie bestätigte:

      »So etwa!«

      »Sehn Se!« rief Emma. »Ich kennʼ mich aus!«

      »Sie heißen?« fragte Cäcilie.

      »Fiffi Lehmann.«

      »Wie reizend!« rief Cäcilie. »Fiffi! – Sie wohnen bei Ihren Eltern?«

      »I Gott bewahre!« erwiderte Emma. – »Wie wird se denn, wenn se Fiffi heißt.«

      »Bei Bekannten!« sagte Fräulein Lehmann.

      »Bei Bekannten wohnt sichʼs ja auch ganz nett,« meinte Emma, nahm eins der Spreewälder Kostüme heraus und sagte: »Ja, Fräulein Fiffi, dann werdʼn Se wohl ʼmal in so ʼne Garnitur steigen müssen.« Fiffi zog Rock und Bluse aus, und Emma half ihr in eins der Kleider.

      »Nu, was sagen Se?« fragte Emma.

      »Prächtig! prächtig!« rief Cäcilie. – »So ʼne Amme soll uns noch ʼmal jemand nachmachen!«

      Fiffi sah in den Spiegel und gefiel sich.

      »Kann ich denn dazu die Lackschuhe und die seidenen Strümpfe tragen?«

      »Erst recht! erst recht!« rief Emma. »Nu machen Se man gar keine Faxen weiter und kommen Se! Sehn Se bloß, wie die Sonne scheint! Jetzt fahrʼn wir jleich mit dem Jungen in de Siegesallee!«

      »Und Gerson?« fragte Fiffi unschlüssig.

      »Das erledigt die Jnädige – Also denn!« Sie nahm Fräulein Lehmann unter den Arm und ging mit ihr hinaus. – »Na, der Junge wird Augen machen!« sagte sie.

      »Und Sie meinen wirklich . . .?«

      »Pscht!« rief Emma und hielt ihr den Mund zu.

      Eine Viertelstunde später fuhr Fiffi den jungen Günther durch die Siegesallee.

      Emma ging triumphierend daneben.

      Fiffi fiel jedem, der vorüber kam, auf. Die Leute blieben stehen und sahen ihr nach. Mehr als einmal hätte Emma nur ein paar Schritte zurückzubleiben brauchen – und Günther hätte seine erste Straßenbekanntschaft gemacht. —

      Fiffi machte auch auf Leo einen ausgezeichneten Eindruck. Zwar schien ihm als Kaufmann Zweck und Notwendigkeit dieser Neuerwerbung nicht einwandsfrei erwiesen. Doch irgend etwas in ihm sträubte sich dagegen, diesen Zuwachs seines Hauspersonals zahlenmäßig zu werten.

      Es war dasselbe Gefühl, das ihn bei der Lösung der Etikettenfrage leitete. Denn Fiffi ließ sich schwer in das Hauspersonal einreihen. Sie behauptete, höhere Töchterschulbildung zu besitzen und zur Erweiterung ihrer französischen Kenntnisse längere Zeit in Paris gewesen zu sein.

      Beiden Berndts fehlte die Fähigkeit zur Nachprüfung. Französische Seifen und Parfüms und ein Dorinlappen, mit dem sie sich alle halbe Stunde leidenschaftlich die Nägel polierte, waren keine stichhaltigen Beweise. Und daß sie zu Cäcilie nie anders als Madame, statt danke merci und zu Günther, wenn sie gutgelaunt war, Cheri sagte – nun ja, allʼ das sprach für die Richtigkeit ihrer Angaben, schließlich aber waren das Dinge, die man sich auch ohne Spezialstudium in Paris aneignen konnte.

      Jedenfalls: Dienstpersonal im üblichen Sinne war Fiffi nicht. Man konnte sie nicht an die Leutetafel setzen; und sie in ihrem Spreewälderkostüm mit dem Charakter einer Gouvernante oder Hausdame zu den herrschaftlichen Mahlzeiten heranzuziehen, war gleichfalls unmöglich.

      Auch Franz, der sonst stets Rat wußte, fand keine andere Lösung als: selbständige Haushaltung. – Fiffi bekam im Seitenflügel der Villa ihre eigenen Räume, aß auf ihrem Zimmer, und ihre Lebensführung glich der eines kostbaren Vollbluts. Sie wurde von der Dienerschaft abgewartet und verwöhnt. Früh am Morgen wurde sie von der Zofe frisiert und machte Toilette. Dann wurde sie von Emma abgeholt, vor Günthers Wagen gespannt und zwei Stunden im Freien bewegt. Nachmittags, wenn Besuch kam, fanden Besichtigungen statt, die sie von Gerson her gewöhnt war. Und dann erschien bei gutem Wetter Emma noch einmal, um sie zu einem zweiten Spaziergang zu holen. Von sieben ab aber war sie sich selbst überlassen und war freie Herrin ihrer Zeit.

      So vergingen Wochen und Monate, bis Emma eines Tages sagte: Bis hierher und nicht weiter.

      Am selben Tage machte sich der junge Herr Berndt von Emma unabhängig.

      Fiffi bedeutete für Emma eine Entlastung. Zwar die eigentlichen Leistungen ruhten nach wie vor auf Emmas Schultern. Aber gerade das, was Emma auf den Tod nicht leiden konnte, die Repräsentation, erledigte mit Würde und, wie es schien, mit Anstand Fiffi Lehmann. Die Beziehungen zwischen ihr und Emma waren mithin normale.

      Auf die bei den Spazierfahrten immer wiederkehrende Frage, die man, mehr um mit Fiffi anzuknüpfen als aus Interesse für den Jungen, stellte:

      »Wer ist denn dies reizende Kind?« antwortete Fiffi:

      »Günther Berndt,« und Emma fügte regelmäßig hinzu:

      »In Firma Berndt & Tie., Konserven en gros.«

      Und es dauerte gar nicht lange, da war »das Konservenkind« das populärste aller Tiergartenkinder.

      Cäcilie ging häufig in einem Abstand von dreißig Schritten hinter dem Wagen her und genoß den Triumph ihres Sohnes als eine Ehrung, mit der man zugleich die verantwortliche Stelle, die Mutter, traf. Und wenn es bisher nur der Reichtum gewesen war, im Gefühl dessen sie sich blähte, so kam nun der Stolz einer Mutter hinzu, deren Sohn sich auszeichnete vor allen anderen Söhnen. —

      Günther selbst verhielt sich allen Liebesbezeugungen und Auszeichnungen gegenüber passiv. Er empfand es höchst störend, wenn Unbekannte sich zu ihm hinabbeugten, mit ihren Händen auf seiner Decke entlang fuhren, die Mäuler spitzten und ihm die dümmsten Koselaute ins Gesicht pruschten.

      Er riß die blauen Augen weit auf und dachte:

      »Seid ihr verrückt? oder was wollt ihr?«

      Daß man ihm die kurze Zeit, die er wach lag, keine Ruhe gönnte, verdroß ihn, zumal er von dem dummen Zeug, das man ihm erzählte, kein Wort verstand. Nur, was das ewig wiederkehrende: »Na, so lachʼ doch mal!« zu bedeuten hatte, wußte er. Denn als zwei Tanten ihn eines Tages stundenlang mit diesem »na, so lachʼ doch mal« gepeinigt hatten, und er für diese Quälereien nur einen verächtlichen Blick übrig hatte, sah er plötzlich in einem Spiegel, wie Fiffi sich mit einem СКАЧАТЬ