Dore Brandt. Alice Berend
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Название: Dore Brandt

Автор: Alice Berend

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ du nicht Ernst Bergmann auf Bornholm gesehen? Er ist jeden Sommer dort«, fragte Mara, als sie die Suppe löffelten.

      »Ich kenne ihn gar nicht im Privatleben«, sagte Dore. »Ich habe ihn auch auf der Bühne nur einmal als ›Kollege Crampton‹ gesehen. Er hatte damals stark Maske gemacht. Ich würde ihn kaum auf der Straße erkennen. Übrigens war er ein großartiger ›Crampton‹.«

      »Ja, er ist ein prachtvoller Schauspieler.«

      »Du warst mit deiner Mutter in Buckow? War es nett?« fragte Dore.

      »Oft war es schon ein wenig eintönig, das kannst du mir glauben, Dore. Aber ich bin doch froh, daß ich Mutter habe.«

      Dore war still geworden.

      »Du sprichst niemals von deiner Familie«, fuhr Mara in gutmütiger Neugier fort. »Nur, daß dein Vater Offizier ist, weiß man. Das sieht man dir übrigens an«, sprach sie in ihrer lebhaften Art weiter, ohne die Mißstimmung auf Dores Gesicht zu lesen. »Du hast eine geradezu aristokratische Figur. Schlank und vornehm. Keine zu langen Beine wie ich. Allerdings danke ich wohl gerade oder nur ihnen die heutige Rolle der Hermia, die der ahnungsvolle Herr Shakespeare ausdrücklich ›langbeinig‹ verlangt.«

      »Siehst du, wie alles sein Gutes hat«, lachte Dore. Ein Sonnenstrahl stahl sich über den Tisch. Dores Verstimmung verflog.

      »Komm, Mara«, sagte sie fröhlich. »Wir bummeln ein wenig durch die Straßen, ehe es dunkel wird. Ich muß mich meiner teuren Vaterstadt zeigen.«

      Sie wanderten die Friedrichstraße bis zu den »Linden« herunter und gingen dann dem »Brandenburger Tor« entgegen, das sich dunkel gegen den rotgelben Abendhimmel abhob.

      »Sieh nur diese herrliche Wäsche«, rief Mara und blieb vor einer Fensterauslage stehen. »Es ist wirklich Zeit, daß die Riesengagen kommen.«

      »Ach ja.« Dore lachte.

      »Aber weißt du, Mara, ich habe ja meine ganze Riesengage in der Tasche, und ich bin so kreuzvergnügt. Ich kauf' irgend etwas.«

      »Einen seidenen Unterrock«, schlug Mara rasch vor.

      »Nein. Lieber ein Buch oder so etwas Ähnliches.«

      Sie studierten das Schaufenster einer Buchhandlung.

      »Da, schau mal, die Salome von Wilde. Originalausgabe von Beardsley, illustriert.« Mara tippte an die Scheibe. »Ich frage einmal, was es kostet. Warte.« Und schon schnappte die Ladentür klingelnd hinter Dores großer, schlanker Gestalt ins Schloß.

      Einen Augenblick später stand Dore wieder draußen.

      »Hundert Mark«, sagte sie nur, jede Silbe betonend.

      »Suchen wir etwas anderes.« Mara hängte sich in Dores Arm.

      Es begann schon zu dunkeln. Am Eingang des Hotels Bristol flammten die großen Bogenlampen auf.

      »Ich weiß etwas«, rief Dore und ließ Maras Arm los.

      Nach wenigen Minuten kam sie mit zwei dicken Büscheln herrlicher Chrysanthemen aus dem Schmidtschen Blumenladen heraus.

      »Hier«, sagte sie und preßte einen von ihnen in Maras Arm.

      Die farbenprächtigen Blumen an sich gedrückt, gingen sie nun rasch dem Brandenburger Tor zu. Dort trennten sie sich.

      »Mutter wird warten«, sagte Mara und suchte eiligst in einen Straßenbahnwagen zu kommen. Dore ging langsam die Charlottenburger Chaussee herunter.

      Bald war sie zu Haus. Die Blumen wurden in eine Vase gestellt und nahe an die Lampe gerückt, damit ihre Farben leuchteten. Dann wurden die Gardinen zugezogen, und mit Behagen holte sich Dore Ibsens ›Hedda Gabler‹.

      Frau Klinkert schmatzte bei ihrer Schwägerin im Nebenhause Geburtstagskaffee und Dore fühlte sich allein und heimisch.

* * *

      Ein kalter Wind heulte über die märkische Ebene. Pfeifend zog er in die Straßen von Berlin, das als steinerne Masse aus Tausenden von Schornsteinen in die regendurchsiebte Luft rauchte und dampfte. Boshaft jagte der Wind über die wohlgepflegten Plätze der Stadt, fegte um die Ecken, riß die Plakate der Anschlagsäulen herunter. Er spielte weiter den Kunstkritiker und bewarf die weiße Markgrafengarde der Siegesallee mit Schmutz und Kot, er holte die letzten bunten Blätter der Bäume und legte sie als dichten, hohen, glitschigen Teppich über die Wege des Tiergartens. Er sprühte den Regen tückisch unter die klitschnassen Schirme, er jagte Wolken auf Wolken über die Sonne.

      Die wenigen Menschen, denen man auf der Straße begegnete, hatten verdrießliche Gesichter. Es war November.

      Der Regen prasselte gleichmäßig wie ein Springbrunnen an das Fenster von Dores Zimmer, in dem es heute gar nicht hell geworden war und jetzt um die vierte Stunde schon wieder volle Dämmerung herrschte.

      Dore war den ganzen Tag daheim gewesen. Sie hatte die Rolle studiert, sich selbst ihr Mittag bereitet und saß nun mit einer Näherei am Fenster. Das grämliche Wetter drang nicht in sie herein. Vor einer Woche hatte ihr die Darstellung der Frau Elvstedt einen großen Erfolg gebracht. Man war aufmerksam geworden. Direktor Gollberg hatte sie in sein Privatzimmer gerufen und ihr mitgeteilt, daß er selber erstaunt über ihre Leistung sei, die weit über das Mittelmäßige hinausginge und entschieden noch manches von ihr erwarten ließe. Er sprach stets ruhig, jedes Wort abwägend, und so bedeuteten diese Worte aus seinem Munde sehr viel. Und dann hatte er eine tragische Rolle in Ausficht gestellt, »damit sie zeigen könne, was in ihr stecke«. Freude und Zuversicht erfüllten Dore. Sie fühlte, ihr Leben war im Aufsteigen begriffen. Sie war eine Stufe weiter gekommen.

      Der Regen platschte und platschte.

      Mutter saß gewiß am Fenster des großen, immer dunklen Berliner Zimmers und stopfte Strümpfe. Um diese Stunde kam wohl der Vater vom Dienst zurück. Sicherlich plagte ihn bei diesem kalten Wetter wieder die Gicht, und er fluchte und schimpfte hinter seiner Zeitung. Ob er über Dores Namen hinweglas? Anna war nun verheiratet. Da klimperte Maria also allein auf dem Klavier. Sonst hatten die Schwestern an solchen Tagen viele Stunden vierhändig auf die Tasten gehämmert, beide halblaut den Takt dabei zählend. War es nicht Dienstag? Wenn Mutter nur nicht bei diesem Wetter auf dem Markt gewesen ist. Dore stand hastig auf und legte die Näharbeit, die ihr aus den Händen gesunken war, fort.

      Eine Sehnsucht, nach Licht und Wärme, nach fröhlichen Menschen überfiel sie. Sie erinnerte sich, daß Hans Jäger und andere sie oft gebeten hatten, am Nachmittag in das Café Metropol zu kommen, wo sich alltäglich ein Kreis von Künstlern zusammenfand.

      Rasch zog sie den langen, blauen Regenmantel an, brückte die kleine, blaue Tuchmütze auf das rotbraune Kraushaar, schlug den Kragen hoch und ging, die Hände in den Taschen, frank und schlank in den Regen hinaus.

      In dem Stadtbahnabteil herrschte der unangenehme Geruch feuchter Kleider, die Regenschirme betropften Nachbar und Boden und die Leute sahen verdrossen vor sich hin.

      Dore blickte zum Fenster hinaus und spähte in die erleuchteten Wohnungen, an deren Fenstern sich Stadtbahnzug nach Stadtbahnzug gleichmäßig vorüberschlängelte.

      Der Zug fuhr in die weite Halle des Friedrichstraßen-Bahnhofes ein. Neben Dore kletterte gemächlich der wohlbeleibte Ingler die triefenden Stufen des Wagens herunter und gesellte sich mit einem »Servus, Frau Elvstedt« an ihre Seite.

      »Pilgern Sie auch gen Mokka, kleine Brandt? Sie haben seit Ihrem Erfolg СКАЧАТЬ