Ingénue. Александр Дюма
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Название: Ingénue

Автор: Александр Дюма

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ diesem Falle werde ich Ihnen viel erklären müssen, mein lieber schöner Mann,« sprach Marat mit seiner einschneidenden Stimme, »ich werde Ihnen sagen müssen, wie sanft, unschuldig, gut ich war . . .«

      »Wahrhaftig!«

      »Wie sehr ich Alles liebte, was glänzt, Alles, was tönt, Alles, was duftet . . . das heißt, wie sehr ich die Kriegsleute liebte, glänzende Helden . . . wie sehr ich die Dichter und die Schönredner liebte, tönende Mühlen . . . wie sehr ich die Frauen und die Aristokraten liebte, duftende Puppen . . .«

      »Und besonders, nicht wahr? Sie werden mir sagen, wie Sie dazu gekommen sind, Alles zu hassen, was Sie liebten . . .«

      »Ja, Alles, was ich nicht mehr habe . . . Doch wenn ich Ihnen das gesagt haben werde, sprechen Sie, wozu wird Ihnen meine Erzählung dienen?«

      »Mir zu beweisen, daß Ihr Wort von vorhin kein leeres Zurückwerfen der Luft follicitirt durch die Bewegung Ihrer Zunge ist.«

      »Welches Wort?«

      »Das, welches mir am meisten unter denen, die Sie sagten, aufgefallen ist, seitdem ich das Vergnügen habe, mit Ihnen zu sprechen: »»Die Einbildungskraft des Schriftstellers ist oft nur Gedächtnis««

      »Ah! dieses Wort ist Ihnen aufgefallen?« versetzte Marat mit einem Lächeln der Befriedigung; »das Wort ist in der That gut construirt, nicht wahr? ja, gut gekommen, in einem Athem und aus einem Geiste, so wie ich selbst war, ehe ich war, was ich bin.«

      Und er stand auf, holte seine gewalkten Pantoffeln schleppend seine Feder, schrieb den Satz quer auf ein Stück Papier, nahm von seinem Schreibtische das Manuscript der Abenteuer des jungen Grafen Potocky, und kam dann zu Danton zurück, der sich in einen Lehnstuhl setzte und sich darin ausbreitete auf die Gefahr, das wurmstichige Holzwerk zerspringen zu machen.

      »Wissen Sie, was ich zuerst thun müßte?« sagte Marat.

      »Ich wette,« erwiederte Danton fast erschrocken, »Sie haben Lust, mir dieses ungeheure Manuscript vorzulesen?«

      »Wetten Sie! Sie werden gewinnen . . .«

      »Teufel! ein polnischer Roman!«

      »Wer hat Ihnen das gesagt?«

      »Ich habe den Titel gelesen.«

      »Doch . . .«

      »Der junge Potocky . . . wären Sie das vielleicht?«

      »Wer weiß?«

      »Und diejenige, in welche Sie verliebt waren, hatte sie Lucilie geheißen?«

      »Vielleicht.«

      »Das sind Briefe wie in der Neuen Heloise?« fragte Danton immer mehr erschrocken.

      Marat erröthete; diese Anspielung auf den Roman von Rousseau schien ihm die Beschuldigung eines Plagiats zu sein.

      »Es gibt mehr als einen Originalschriftsteller in derselben Sprachform.«

      »Ich klage Sie nicht an, mein lieber Romanendichter! erzürnen Sie sich also nicht zur Unzeit; nur wäge ich mit den Augen diesen Band; ich finde ihn schwer hinsichtlich der Zeit, die wir mit einander zuzubringen haben, und ich sage mir, was die Abenteuer des jungen Potocky betreffe, so werde ich Geduld haben, um zu warten; während ich, um die Abenteuer von Marat zu erfahren, in einem Striche nach Warschau oder Krakau gehen werde . . . Ah! Sie haben Reisen gemacht?«

      »Ja wohl!«

      »Sie sind in London, in Edinburgh gewesen, Sie haben, glaube ich, sogar in England Ihr erstes Buch herausgegeben?«

      »In England, und zwar in englischer Sprache . . . ja, die Ketten der Sklaverei

      »Das ist nicht Alles; Sie haben auch im Norden gelebt?«

      »In Polen, ja.«

      »Nun wohl, ich bitte Sie inständig, lassen Sie mich nicht schmachten! . . . Ich sagte Ihnen gestern nach Ihrer Rede: »»Sie haben viel leiden müssen! Sie drückten mir die Hand und antworteten: »»Frühstücken Sie morgen mit mir.«« Ich bin nicht gekommen, um zu frühstücken: ich bin gekommen, um zu hören, was Sie stillschweigend mir zu sagen versprochen haben. Nun wohl! hier bin ich; ich will den alten Menschen kennen lernen: lüften Sie den Schleier, der ihn vor mir verbirgt! Was den gegenwärtigen Menschen betrifft, – ich bin unbesorgt, Frankreich wird ihn kennen!«

      Marat dankte Danton durch eine mehr beredte, als edle Geberde; diese Conversationsschmeichelei, er allein konnte ihre Bedeutung ermessen und finden, sie sei nach der Rechnung seines Stolzes nicht übertrieben.

      Danton seinerseits hätte sich dieselbe vielleicht nicht entschlüpfen lassen, hätte er im Jahre 88 das Jahr 93 errathen.

      Die Schmeichelei eines großen, starken Mannes war für Marat Befehl; er schickte sich also an, wie die Helden von Homer zu erzählen, und Km seinem Gedächtnisse Zeit zu lassen, ihm die ersten Kapitel zu liefern, und seine heisere Stimme geschmeidig zu machen, trank er aus der abgestoßenen Tasse den Rest der kalt gewordenen Milch, welche Danton zu nehmen verachtet hatte. Er trank wie die Katzen oder wie die Füchse, indem er schief schaute, während er trank, und man sah die Arterie seiner Schläfe beben bei jedem Einsaugen des Trankes.

      Als die Tasse leer war, wischte er seine weiß gewordenen Lippen mit der verkehrten Hand ab, strich mit dieser schwarzen, fettigen Hand über feine rebellischen Haare und fing an.

      Danton wählte einen Platz zwischen den zwei Fenstern, um keine Bewegung von der Physiognomie des Erzählers zu verlieren. Marat aber, ergründete er nun diese Absicht oder wurden seine Augen durch das Licht verletzt, zog die Vorhänge zu und begann die Erzählung in einem Halbschatten, der Danton durchaus nicht so günstig war, als es das helle Tageslicht gewesen wäre.

      Da man sich aber ergeben mußte, so schloß Danton die Augen und öffnete die Ohren: er suchte durch das Gehör zu gewinnen, was er durch das Gesicht verloren hatte.

       XII

      Der Fürst Obinsky

      Marat schloß, wie Danton, einen Moment die Augen, als ob er in sich selbst schaute und seine eigene Stimme hörte, die ihm sachte die Erinnerungen seiner Jugend erzählte.

      Dann erhob er plötzlich das Haupt und sprach:

      »Ich bin von Neuchatel, Sie wissen das ohne Zweifel; ich bin geboren 1744. Ich zählte zehn Jahre in dem Augenblicke, wo mein ruhmwürdiger Landsmann in die literarische oder vielmehr in die politische Welt die Rede über die Ungleichheit schleuderte; ich war zwanzig Jahre alt, als Rousseau verbannt, um ein Asyl zu suchen, in seine Heimath zurückkehrte. Empfindsam, glühend, leidenschaftlich für den Philosophen begeistert, hatte mich meine Mutter in der ausschließlichen Bewunderung des Meisters erzogen und ihren ganzen Eifer darauf verwendet, aus mir einen großen Mann in der Art des Verfassers vom Contrat social zu machen; sie war hierbei vortrefflich unterstützt worden von meinem Vater, einem würdigen Geistlichen, einem gelehrten und thätigen Manne, der frühzeitig in meinem Kopfe Alles das, was er an Wissen besaß, anhäufte; mit fünf Jahren wollte ich auch Schulmeister werden; mit fünfzehn Jahren Professor; mit achtzehn Schriftsteller, mit zwanzig schaffendes Genie!

      »Wie Rousseau, wie meine meisten Landsleute, verließ ich jung meine Heimath, in meinem Kopfe ein ziemlich beträchtliches, aber schlecht geordnetes Magazin von verschiedenen Kenntnissen, eine große Kunde СКАЧАТЬ