Название: Handbuch des Strafrechts
Автор: Dennis Bock
Издательство: Bookwire
isbn: 9783811455566
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8. Abschnitt: Schutz des Vermögens › § 28 Der Schutz des Vermögens im deutschen Strafrecht › C. Vermögensschützende Tatbestände
C. Vermögensschützende Tatbestände
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Vermögensschützende Tatbestände enthält das StGB vor allem in den Abschnitten 19 bis 27: Diebstahl und Unterschlagung (19.), Raub und Erpressung (20.), Begünstigung und Hehlerei (21.), Betrug und Untreue (22.), Insolvenzstraftaten (24.), Strafbarer Eigennutz (25.), Straftaten gegen den Wettbewerb (26.) sowie Sachbeschädigung (27.).[68] Mit wenigen Ausnahmen – §§ 283 Abs. 4, 5 oder 283b Abs. 2 StGB[69] – werden allein vorsätzliche Angriffe auf das Vermögen unter Strafe gestellt.
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Eine klare Trennung zwischen Vermögens- und Nichtvermögensdelikten existiert im StGB allerdings nicht. So stehen die Delikte des 23. Abschnitts (Urkundenfälschung) häufig in einem faktischen Zusammenhang mit Vermögensstraftaten, schützen aber mit der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs ein anderes Rechtsgut.[70] Auch in den übrigen Abschnitten finden sich Tatbestände, die nicht auf den Schutz von Vermögen gerichtet sind, wie etwa die Strafvereitelung (§§ 258, 258a StGB) und die Geldwäsche (jedenfalls § 261 Abs. 1 StGB). Diese Taten können zwar die Verdeckung einer Vermögensstraftat oder die Sicherung von Vermögensvorteilen bezwecken; ihre Sanktionierung dient jedoch maßgeblich dem Schutz der staatlichen Rechtspflege.[71]
I. Indirekt paternalistischer Vermögensschutz
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Umstritten ist der vermögensschützende Charakter von § 284 StGB (Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels). In erster Linie dient das Verbot dem Schutz des Vertrauens in die Gewährleistung einer manipulationsfreien Spielchance.[72] Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof angenommen, dass die Norm die wirtschaftliche Ausbeutung der natürlichen Spielleidenschaft des Publikums bestrafe[73] und damit auch die Vermögensinteressen des einzelnen Spielers schütze. Hiergegen ist eingewandt worden, dass es nicht Aufgabe des Strafrechts sei, „das Vermögen des Einzelnen vor einer eigenverantwortlichen Minderung zu schützen“; anderenfalls müssten auch „ein verschwenderischer Lebensstil oder teure Hobbys“ unter Strafe gestellt werden.[74] Einen solch indirekt paternalistischen Vermögensschutz kennt das deutsche Strafrecht allerdings durchaus.[75] So bestraft etwa § 291 StGB (Wucher) denjenigen, der die Schwäche eines anderen zur eigenen unangemessenen Bereicherung ausnutzt.[76] Eine einvernehmliche Vermögensschädigung kann dem Strafrecht also unterfallen, wenn eine strukturelle Ungleichheit zwischen den Beteiligten besteht.[77] Sieht man in den Folgen der Spielleidenschaft eine der Zwangslage, Unerfahrenheit oder der mangelnden Urteils- und Willenskraft vergleichbare Schwäche, so lässt sich das Verbot unerlaubter Glücksspiele – ebenso wie § 291 StGB – mit dem Schutz der unterlegenen Partei vor Ausbeutung legitimieren.
II. Kumulative Schutzzwecke
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Häufig schützen Tatbestände neben dem Vermögen noch weitere, meist kollektive und institutionelle Rechtsgüter. So bezweckt etwa § 265 StGB (Versicherungsmissbrauch) nach verbreiteter Ansicht nicht nur den Schutz des Versicherervermögens, sondern auch den Erhalt der Funktionsfähigkeit der Versicherungswirtschaft.[78] Eine doppelte Schutzrichtung weist die wohl herrschende Meinung auch dem § 264a StGB (Kapitalanlagebetrug) zu: Geschützt wird das Vermögen der Anleger und zugleich die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes.[79]
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Während in §§ 265, 264a StGB der Vermögensschutz im Vordergrund steht, dienen andere Tatbestände vor- oder zumindest gleichrangig der Wahrung institutioneller Interessen. Mit der Einführung von § 265c StGB (Sportwettbetrug) und § 265d StGB (Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben) sollen nicht nur das Vermögen von Wettanbietern und -teilnehmern bzw. von Sportlern und Vereinen,[80] sondern vor allem auch das Allgemeinrechtsgut der „Integrität des Sports“ geschützt werden.[81]
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Ähnlich verhält es sich mit den Straftaten gegen den Wettbewerb im 26. Abschnitt des StGB. Die §§ 298–300 StGB schützen den freien und lauteren Wettbewerb als Institution des Wirtschaftslebens.[82] Der Wettbewerb wird dabei nicht nur als abstrakte Institution in seiner Bedeutung für Ökonomie und Gesellschaft gewährleistet, sondern zugleich als Raum individueller wirtschaftlicher Handlungsfreiheit.[83] Der Schutz fairer Wettbewerbsbedingungen erfolgt damit auch im Interesse der beteiligten Akteure und dient der Wahrung ihrer Vermögensinteressen.[84] Gegen die Anerkennung individuellen Vermögens als Rechtsgut der §§ 298 ff. StGB wird teilweise vorgebracht, dass die Tatbestände nicht den Nachweis eines Vermögensnachteils voraussetzen.[85] Gerade im Bereich des Vermögensstrafrechts ist der Beleg eines Schadens aufgrund der Unvorhersehbarkeit ökonomischer Prozesse allerdings oft schwierig; der Gesetzgeber tendiert daher zunehmend zur Sanktionierung riskanten und üblicherweise schädlichen Verhaltens durch die Formulierung abstrakter Gefährdungsdelikte (Rn. 40 ff.).[86] Dadurch, dass bereits eine typische Risikohandlung und nicht erst die tatsächlich eingetretene Verletzung unter Strafe gestellt wird, verändert sich jedoch nicht der Rechtsgüterschutz. Die §§ 298 ff. StGB schützen den Wettbewerb nicht allein als institutionellen Selbstzweck, sondern als Basis individuellen Vermögenseinsatzes und richten sich damit unmittelbar auf den Vermögensschutz der Beteiligten (der lauteren Mitbewerber bzw. in § 298 StGB des Veranstalters der Ausschreibung).
III. Vermögensschützende Delikte außerhalb der Abschnitte 19 bis 27
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Während einige Delikte innerhalb der Abschnitte 19 bis 27 nicht oder nicht primär dem Vermögensschutz dienen, finden sich in anderen Abschnitten des StGB wiederum Tatbestände mit vermögensbezogener Schutzrichtung. So ist § 142 StGB (Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) nach fast einhelliger Ansicht im Abschnitt über Straftaten gegen die öffentliche Ordnung falsch verortet.[87] Die Strafnorm dient der Dokumentation des Unfallgeschehens im Straßenverkehr zur „Sicherung berechtigter und zur Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche“[88] und somit dem Schutz der privaten Vermögensinteressen von Geschädigten und Unfallbeteiligten.[89]
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Den Schutz von Vermögen und Eigentum bezweckt auch § 316a StGB (Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer).[90] Trotz ihrer deutlichen Nähe zu den Raubdelikten steht die Vorschrift aus historischen Gründen und wegen ihres Bezugs zum Straßenverkehr im Abschnitt über die gemeingefährlichen Straftaten.[91] Ebenso verhält es sich bei § 306 StGB (Brandstiftung), der nach allgemeiner Auffassung das Eigentum an den gesetzlich enumerierten Tatobjekten schützt und als qualifizierte Sachbeschädigung zu deuten ist.[92] Die systematische Einordnung des Deliktes ist auch hier nicht rechtsgutsorientiert, sondern erfolgt nach kriminologischen Gesichtspunkten im Bereich der gemeingefährlichen Straftaten.
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