Yester und Li. Bernhard Kellermann
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Название: Yester und Li

Автор: Bernhard Kellermann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754181560

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      Ginstermann für seine Person war froh, nun jemanden zur Unterhaltung zu haben. Er sprach und lachte immerzu. — Er begann von den Bildern des jungen Malers zu sprechen und lobte sie. Er gab seiner Meinung über zeitgenössische Größen Ausdruck, die er sich erst während des Sprechens bildete. Er legte dem Akademiker seine Anschauungen über Zweck und Ziel der bildenden Kunst klar. Er warf ihm Händevoll Gedanken hin, die er verwerten könne.

      Dabei dachte er an ganz andere Dinge.

      Es ging besser mit ihr, also war alles gut.

      Goldschmitt hörte aufmerksam zu und wartete auf den zündenden Funken. Er breitete seine Pläne und Ideen vor ihm aus, ob er sie für gut finde.

      Ginstermann fand alle für gut, sogar für sehr gut.

      „Sie werden Ihren Weg machen,“ sagte er und stieß mit ihm an.

      Der Maler konnte sich nicht enthalten, nach der Ursache von Ginstermanns Lustigkeit zu fragen.

      „Ich feiere heute Geburtstag,“ erwiderte ihm Ginstermann, den wahren Sinn dieser Antwort selbst erst herausfindend, nachdem er gesprochen.

      Einige Gäste traten geräuschvoll ins Lokal, und wie auf ein Zeichen wurde es lauter, kaffeehausmäßiger. Die verschlafene Kellnerin stand auf und ging langsam mit schwerfälligem Wiegen der Hüften zwischen Büfett und Tischen hin und her. Die einzeln sitzende Dame legte das Blatt aus der Hand und begann mit unmerklich lächelnden Blicken unter dem Hute hervorzusehen.

      Der Lebhafte in der Ecke hatte ein Glas umgeworfen, das ganze Tischtuch triefte. Er plauderte weiter, während das Rehäuglein den Schaden gut machte. Sein Freund lachte, daß sich alle Gäste umwandten und mitlachten. Sein Mund war rund wie ein Taler.

      „Betrachten Sie mal diesen Menschen,“ sagte Ginstermann.

      Goldschmitt entgegnete: „Das ist Spiegel, er hat dieses Café hier entworfen.“

      Das wollte Ginstermann nicht glauben.

      „Sie, Spiegel,“ rief Goldschmitt über das Lokal, „haben Sie dieses Café entworfen oder nicht?“

      Der Angerufene drehte schnell den Kopf, rief: „Jawohl!“ und setzte seine Disputation fort, ehe Ginstermann sein Gesicht sehen konnte, das ihn nunmehr interessierte.

      Um zwölf Uhr brachen sie auf. Ginstermann war in sehr aufgeräumter Stimmung und lachte immerzu. Er drückte dem Rehäuglein ein Zweimarkstück in die Hand und sagte:

      „Morgen um zehn, da bin ich wieder da, und Sie werden mir dann herausgeben.“ Goldschmitt, der Knicker, gab keinen Pfennig Trinkgeld, er sah dem Mädchen nur mit einem kurzen, warmen Blick in die Augen, den niemand bemerkte, der nicht Ginstermanns scharfe Beobachtung besaß.

      „Bleiben Sie recht brav, Rehäuglein,“ scherzte Ginstermann und schüttelte ihr wie ein alter Bekannter die Hand.

      An der Nische vorbeigehend, in der der Herr mit seinem leichenblassen Gesicht saß, blickte sich Ginstermann um. Zwei helle Augen, die Ähnlichkeiten hatten mit denen von Fräulein Schuhmacher, waren auf ihn gerichtet. Sie erblickten nicht den Mann in ihm, sie suchten nach dem Menschen in ihm. Zu diesen Augen gehörte ein Gesicht von seltener Häßlichkeit.

      Goldschmitt protestierte anfangs dagegen, daß Ginstermann ihn nach Hause begleite, aber er mußte nachgeben.

       Arm in Arm gingen sie die Straße hinunter, und Ginstermann unterbrach plötzlich das Gespräch und sagte: „Wissen Sie was, Goldschmitt, dieses Sie ist zu fade, nennen wir uns du.“

      „Also du, wie du meinst,“ versetzte der Maler.

      Vor dessen Wohnung angelangt, versuchte ihn Ginstermann, noch durch eine neuaufgeworfene Frage zu halten. Aber Goldschmitt wollte schlafen gehen, er müsse morgen zeitig heraus.

      „Eines will ich dir noch sagen, Ginstermann, wenn du wieder ins Café kommst, so gieb dem Mädchen kein Trinkgeld. Du sollst ihr kein Trinkgeld geben. Das Mädchen ist meine Braut. Aber — notabene — nicht daß du meinst — — gute Nacht.“ —

      Ginstermann wanderte langsam nach Hause.

      Es war eine herrliche Nacht, die tausend süße Geheimnisse barg. Im Himmel hatten sie alle Kerzen zur großen Mette angezündet. Die Erde lag gebettet in feuchtwarme Luft und dem Geruche frischer Wiesen, von Liebe und Fruchtbarkeit träumend gleich einem Weibe.

      Ginstermann hatte nicht die mindeste Lust, schlafen zu gehen, aber er war müde. Die Haustüre öffnend, sah er Maler Ritt, die Zigarette im Mund, in jeder Hand eine Flasche tragend, über den Vorplatz gehen.

      Die Türe seines Ateliers war angelehnt, und der Lichtschein, der daraus strömte, erhellte Ritts boshaft-gutmütiges, verlebtes Faungesicht. Im Atelier pfiff jemand „La Paloma“.

      „Nanu?“ sagte der Maler, „hä-hä!“ und zog erstaunt die Brauen in die Höhe.

      Ob er nicht ein wenig eintreten wolle? Auf eine Zigarette? Nicht?

      Ginstermann war auf den Maler nicht sonderlich gut zu sprechen, aber er trat ein. Er hatte so gar keine Lust zum Schlafengehen, und dann war Ritt doch nicht schlechter und nicht besser als jeder andere Mensch. Und heute, wo ein besonderer Tag war . . .

      Es ging besser mit ihr, folglich war alles gut.

      Er trat in eine Wolke bläulichen Zigarettenrauches. Der Schirm der Lampe schwebte einer rotglühenden Kugel gleich darin. Die Wolke kam infolge ihres Eintritts in Bewegung, und um die rotglühende Kugel schaukelten phantastische Figuren. Im gleichen Moment bemerkte er ein mattschimmerndes Gesicht, dessen glänzende Augen auf ihn gerichtet waren, den weißen Saum eines Unterrockes, und nach links blickend abermals ein blasses Gesicht, aus dem eine senkrechte Rauchsäule emporstieg.

      Zwei Damen in eleganten Kostümen lagen auf Ottomanen, halb in Kissen und Puffs versunken. Sie blickten ihn beide an, und obschon ihre Augen von verschiedenem Schnitt und ungleicher Farbe waren, lag doch der nämliche Ausdruck in ihnen, lüsterner Glanz. Sie rührten sich nicht und blieben ruhig liegen, als Ritt Ginstermann mit ostentativer Pose und einer Menge Bemerkungen, wie ein Tierbändiger ein seltenes Exemplar, vorstellte.

      „Dieser Mann hat den sanften Blick der Taube, aber die scharfen Krallen des Geiers, meine Damen,“ schloß er.

      Sie lachten alle, und Ginstermann gab ihnen die Hand.

      Die eine erwiderte mit einem zögernden Druck, die andere reichte ihm die Rechte mit müder Grazie und ließ sie sofort wieder auf das Kissen zurückfallen.

      Wo er nur immer diese hübschen Frauen auftreibt, dachte Ginstermann.

      Ritt ging umher und füllte die Gläser, die auf niedrigen Taburetts standen, so daß sie bequem zur Hand waren. Dabei strich er der einen der Damen leise über die Haare, als ob er eine Mücke verscheuche. Ihre Augen folgten ihm, und weiße Zähne schimmerten hinter lächelnden Lippen.

      Es war nicht die, die Ginstermann die Hand gedrückt hatte.

      Der Maler legte sich auf zwei Stühle und forderte Ginstermann auf, ein Gleiches zu tun.

      „Bei mir können Sie lernen, wie man angenehm lebt,“ rief er aus. „Die Leute amüsieren СКАЧАТЬ