Untergegangene Orte. Eva Siebenherz
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СКАЧАТЬ Orte, die elementar nicht mehr existieren. Sie stehen in einer Landschaft. Was sehen Sie?

      Felder. Oder einen See. Wald und Wiesen.

      Nichts erinnert an dieser Stelle daran, das hier noch vor ein paar Jahren Häuser gestanden und Menschen gelebt haben. Musik, Kinderlachen, Alltagsgeräusche.

      Nichts. Sie hören nichts. Sie könnten sich das vorstellen. Aber angesichts der Landschaft fällt Ihnen das schwer.

      Keine Ruine, kein Geröll. Nicht mal ein Stein.

      Und an manchen Tagen scheint sogar die Natur zu trauern. Abslote Stille. So still, das es in den Ohren weh tut.

      An einer anderen Stelle irgendwo in einer anderen Landschaft, egal ob in Deutschland, Tschechien oder anderswo, laufen Sie mit GPS oder Karte durch den Wald und suchen das Dorf XYZ.

      Sie sehen einen Wall und klettern hoch.

      Und dann stockt Ihnen der Atem! Wo einst ein Dorf oder eine ganze Stadt war, sehen Sie jetzt soweit Sie blicken können, nur noch ein riesiges und mehrere hundert Meter tiefes Loch. Abraumhalden und Schutt. Eine durch und durch zerstörte Landschaft.

      In Tschechien sind mehr als 2500 Orte verlassen, zerstört und einfach verschwunden.

      Wieso so viele?

      70% dieser Zerstörung haben etwas mit

      den Beneš-Dekreten und damit mit der Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung nach dem 2. Weltkrieg aus den besetzten Ostgebieten zu tun.

      Warum wurden die Deutschen vertrieben?

      Niemand wollte mehr nach dem 2. Weltkrieg mit Deutschen zusammen leben. Der Hass war zu groß.

      Die Alliierten beschlossen daraufhin in der Potsdamer Konferenz, dass alle deutschsprachigen Menschen, die in osteuropäischen Ländern lebten, von dort vertrieben werden sollten.

      Man ging davon aus, dass durch das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft in einem Land, Anlass und Auslöser für Kriege sei. Das sollte verhindert werden. Deshalb wurden drei Millionen Menschen deutschsprachiger Abstammung aus osteuropäischen Ländern ausgesiedelt/vertrieben. Tausende Menschen sahen ihre Heimat nie wieder und verloren alles, was sie sich aufgebaut hatten.

      Es traf auch viele unschuldige Menschen, vor allem Kinder, die aus Mischehen kamen und deren Verwandte.

      Die tschechoslowakische Regierung ließ in den 1950er Jahren viele Dörfer zerstören. Diese Orte lagen meist im Grenzgebiet zur ehemaligen DDR und wurden zur Sperrzone deklariert.

      Das deutschsprachige Bevölkerung wurde kompomisslos enteignet und deren Eigentum an tschechische Siedler verteilt.

      Meist erhielten die Familien, von einem Tag zum Anderen, einen Ausweisungsbescheid. Datum, Uhrzeit und was sie mit nehmen durften. Kein Bargeld, kein Schmuck, keine Sparbücher ... nichts von alldem durften sie mitnehmen. Nichtbefolgung dieser Bescheide wurde unter strenge Strafe gestellt.

      Quelle: Wolfgang Bauer, Österreich

      Es kamen jedoch wesentlich weniger Siedler in diese Gebiete, als zuvor Deutsche dort gelebt und gearbeitet hatten. Die Folgen waren verheerend. Viele Dörfer blieben leer und zerfielen. Ganze Landstriche verloren ihre Infrastruktur und verloren ihren Wirtschaftlichkeit.

      Zusätzlich kamen später dann noch Umsiedlungen und Verwüstungen durch Tagebau, Talsperrenbau und Errichtung von Truppenübungsplätzen hinzu.

      Hier wurde alles, was vorher da war, devastiert.

      Quelle: Wolfgang Bauer, Österreich

      Was heißt das denn?

      Devastiert heißt komplette Zerstörung.

      Zerstörungen durch Feuer, Krieg, Rodungen, Inanspruchnahme von Landschaften als Truppenübungsplätze bzw. Militärgebiet, Anlegen von Mülldeponien, etc.

      Am häufigsten wird das Wort Devastierung jedoch im Zusammenhang mit Bergbaus verwendet.

      Der Bergbau verändert das Gesicht der Landschaften drastisch.Um das Gebiet jedoch für den Tagebau nutzen zu können, muss alles verschwinden, was da steht und lebt. Einschließlich der Menschen. Diese werden umgesiedelt. Was bleibt sind Erinnerungen in den Köpfen der Menschen. Der Ort mit denen sie diese Erinnerungen verbinden, existiert real nicht mehr. Ein ganzes Dorf oder eine Stadt verliert gleichzeitig und komplett seine Identität und seinen Ursprung. Die Heimat, für die meisten Menschen das Wichtigste überhaupt. Diese geht durch die Absiedlung verloren und kann auch nicht durch einen neuen Ort „ersetzt“ werden.

      Quelle: Wolfgang Bauer, Österreich

      Dasselbe Szenario entsteht beim Bau von Talsperren. Auch dort werden die Menschen umgesiedelt, Siedlungen und Dörfer zerstört. Manchmal auch nicht. Sie werden geflutet und damit sind sie dann nicht nur der Zerstörung preis gegeben, sondern im wahrsten Sinne des Wortes versunken.

      Versunkene, zerstörte, devastierte und sterbende Orte.

      Ausradiert. Verschwunden. Vergessen?

      Nicht unbedingt.

      Es gibt Menschen, die diese Orte archivieren, ihre Geschichte aufschreiben.

      Wir versuchen ungefähr dasselbe. Weil wir nicht vergessen wollen.

      Unsere Einträge sehen so aus:

      Ortsname (deutsch/tschechisch):

      Alt Rudezlau (Staré Rudoltovice)

      Zeitpunkt des Untergangs: 1946

      Grund des Untergangs: Truppenübingsplatz/Militärgebiet Libava

      Art der Zerstörung: vollständig zerstört (devastiert)

      Wir haben mit Sicherheit nicht alle Orte gefunden und gelistet.

      Wenn Sie einen Ort in diesem Verzeichnis vermissen, dann schreiben Sie uns.

      Oder wenn wir bei Ortseinträgen fehlerhafte Angaben gemacht haben.

      Dann teilen Sie uns das bitte mit.

      Helfen Sie mit aus diesem Verzeichnis, ein Nachschlagewerk für die Zukunft zu machen!

      Vielen Dank.

      Liquidierte СКАЧАТЬ